Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].lichen Schönheiten als Köpfe von Sphinxen, die lächerliche türkische Moschee machten gar keinen Eindruck, und die Schaffnerin Hepp ward noch oft von Paul zum Lachen gebracht, wenn er in seiner humoristischen Weise die Reize von Schwetzingen beschrieb. Nach der Seite der Berge hin entbehrte die Umgegend von Heidelberg noch gar sehr der jetzigen Kultur. Das sogenannte alte Schloß, ein wüster Trümmerhaufe mit entzückender Aussicht, konnte nur zu Fuß erreicht werden, und bot keinerlei Art von Erfrischung. Der Weg von da nach dem Wolfsbrunnen durch den dichtesten Wald ließ sich ohne genaueste Ortskenntniß gar nicht finden. Eben so verhielt es sich mit dem Kohlhof und dem Bierhellerhof. Auf dem rechten Neckarufer war der Poetensteig nur ein Fußsteig für poetische und unpoetische Gemüther. Auf dem Wege zur Engelswiese, die ich aus meinem Fenster sehn konnte, verirrten wir uns mehr als ein Mal, weil wir sie immer zu hoch suchten. Bei diesen Spaziergängen fuhr ich fort nach der Natur zu zeichnen, und mit ein paar Strichen die Umrisse der Nähen und Fernen festzuhalten. So unvollkommen diese Versuche auch waren, so habe ich doch dadurch ein Tagebuch von vielen Hundert großen und kleinen Zeichnungen erhalten. Tieck beklagt es allen Ernstes als eine Art von Barbarei, daß man dem heidelberger Schlosse den romantischen Karakter einer Ruine genommen, als man im Anfange dieses Jahrhunderts einige wenige gebahnte Wege an die Stelle der früheren halsbrechenden Ziegenpfade lichen Schönheiten als Köpfe von Sphinxen, die lächerliche türkische Moschee machten gar keinen Eindruck, und die Schaffnerin Hepp ward noch oft von Paul zum Lachen gebracht, wenn er in seiner humoristischen Weise die Reize von Schwetzingen beschrieb. Nach der Seite der Berge hin entbehrte die Umgegend von Heidelberg noch gar sehr der jetzigen Kultur. Das sogenannte alte Schloß, ein wüster Trümmerhaufe mit entzückender Aussicht, konnte nur zu Fuß erreicht werden, und bot keinerlei Art von Erfrischung. Der Weg von da nach dem Wolfsbrunnen durch den dichtesten Wald ließ sich ohne genaueste Ortskenntniß gar nicht finden. Eben so verhielt es sich mit dem Kohlhof und dem Bierhellerhof. Auf dem rechten Neckarufer war der Poetensteig nur ein Fußsteig für poetische und unpoetische Gemüther. Auf dem Wege zur Engelswiese, die ich aus meinem Fenster sehn konnte, verirrten wir uns mehr als ein Mal, weil wir sie immer zu hoch suchten. Bei diesen Spaziergängen fuhr ich fort nach der Natur zu zeichnen, und mit ein paar Strichen die Umrisse der Nähen und Fernen festzuhalten. So unvollkommen diese Versuche auch waren, so habe ich doch dadurch ein Tagebuch von vielen Hundert großen und kleinen Zeichnungen erhalten. Tieck beklagt es allen Ernstes als eine Art von Barbarei, daß man dem heidelberger Schlosse den romantischen Karakter einer Ruine genommen, als man im Anfange dieses Jahrhunderts einige wenige gebahnte Wege an die Stelle der früheren halsbrechenden Ziegenpfade <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0369" n="361"/> lichen Schönheiten als Köpfe von Sphinxen, die lächerliche türkische Moschee machten gar keinen Eindruck, und die Schaffnerin Hepp ward noch oft von Paul zum Lachen gebracht, wenn er in seiner humoristischen Weise die Reize von Schwetzingen beschrieb. </p><lb/> <p>Nach der Seite der Berge hin entbehrte die Umgegend von Heidelberg noch gar sehr der jetzigen Kultur. Das sogenannte alte Schloß, ein wüster Trümmerhaufe mit entzückender Aussicht, konnte nur zu Fuß erreicht werden, und bot keinerlei Art von Erfrischung. Der Weg von da nach dem Wolfsbrunnen durch den dichtesten Wald ließ sich ohne genaueste Ortskenntniß gar nicht finden. Eben so verhielt es sich mit dem Kohlhof und dem Bierhellerhof. Auf dem rechten Neckarufer war der Poetensteig nur ein Fußsteig für poetische und unpoetische Gemüther. Auf dem Wege zur Engelswiese, die ich aus meinem Fenster sehn konnte, verirrten wir uns mehr als ein Mal, weil wir sie immer zu hoch suchten. Bei diesen Spaziergängen fuhr ich fort nach der Natur zu zeichnen, und mit ein paar Strichen die Umrisse der Nähen und Fernen festzuhalten. So unvollkommen diese Versuche auch waren, so habe ich doch dadurch ein Tagebuch von vielen Hundert großen und kleinen Zeichnungen erhalten. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Tieck beklagt es allen Ernstes als eine Art von Barbarei, daß man dem heidelberger Schlosse den romantischen Karakter einer Ruine genommen, als man im Anfange dieses Jahrhunderts einige wenige gebahnte Wege an die Stelle der früheren halsbrechenden Ziegenpfade </p> </div> </body> </text> </TEI> [361/0369]
lichen Schönheiten als Köpfe von Sphinxen, die lächerliche türkische Moschee machten gar keinen Eindruck, und die Schaffnerin Hepp ward noch oft von Paul zum Lachen gebracht, wenn er in seiner humoristischen Weise die Reize von Schwetzingen beschrieb.
Nach der Seite der Berge hin entbehrte die Umgegend von Heidelberg noch gar sehr der jetzigen Kultur. Das sogenannte alte Schloß, ein wüster Trümmerhaufe mit entzückender Aussicht, konnte nur zu Fuß erreicht werden, und bot keinerlei Art von Erfrischung. Der Weg von da nach dem Wolfsbrunnen durch den dichtesten Wald ließ sich ohne genaueste Ortskenntniß gar nicht finden. Eben so verhielt es sich mit dem Kohlhof und dem Bierhellerhof. Auf dem rechten Neckarufer war der Poetensteig nur ein Fußsteig für poetische und unpoetische Gemüther. Auf dem Wege zur Engelswiese, die ich aus meinem Fenster sehn konnte, verirrten wir uns mehr als ein Mal, weil wir sie immer zu hoch suchten. Bei diesen Spaziergängen fuhr ich fort nach der Natur zu zeichnen, und mit ein paar Strichen die Umrisse der Nähen und Fernen festzuhalten. So unvollkommen diese Versuche auch waren, so habe ich doch dadurch ein Tagebuch von vielen Hundert großen und kleinen Zeichnungen erhalten.
Tieck beklagt es allen Ernstes als eine Art von Barbarei, daß man dem heidelberger Schlosse den romantischen Karakter einer Ruine genommen, als man im Anfange dieses Jahrhunderts einige wenige gebahnte Wege an die Stelle der früheren halsbrechenden Ziegenpfade
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/369>, abgerufen am 19.07.2024. |