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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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zu dürfen; diesem schloß sich ein Baron von Tautphöus an, dessen Vater als bairischer Gesandter am würtenbergischen Hofe beglaubigt war. Paul sagte bei dieser Gelegenheit: we are haunted with nobility!

Stuttgart, Ulm, Augsburg hießen die drei Nachtquartiere, die wir passiren mußten, um am vierten Tage in München anzulangen. Aber welche Weitläufigkeiten hatte damals eine solche Reise, die man jetzt in wenigen Stunden zurücklegt, ohne auszusteigen. Zuerst ward in Heidelberg nach allen Ausspannungen herumgeschickt, um eine Retourkutsche nach München oder eventuell nach einer der drei Stationen aufzutreiben. Es fand sich eine solche nur bis Stuttgart. Folgten endlose Unterhandlungen über Preis, Trinkgeld, Stunde der Abfahrt, Fütterung, Stunde der Ankunft. Am andern Morgen ließ der Kutscher uns eine Stunde warten, fuhr so schneckenartig und fütterte so lange, daß wir sehr spät in Stuttgart eintrafen. Tautphöus hatte bereits vor drei Tagen seinen Eltern gemeldet, daß er mit Larosee ankommen und noch zwei Freunde mitbringen werde. Für Paul und mich entstand ein großer Zweifel, ob wir so spät ein fremdes vornehmes Haus besuchen könnten, allein Tautphöus schleppte uns gewaltsam mit, und wir waren nicht wenig verwundert, plötzlich in einen brillanten diplomatischen Abendzirkel zu treten. "Hand küssen, nicht drücken!" raunte ich Paul in der Thüre des Salons zu, aber es kam nicht so weit. Wir wurden dem Papa Tautphöus, einem kleinen freundlichen sehr gewinnenden Herrn mit einem großen Sterne vorgestellt, betrachteten herrliche englische Stahlstiche, schlürften eine Tasse Thee, und gelangten erst sehr spät in unser Wirtshaus. Einen unauslöschlichen Eindruck

zu dürfen; diesem schloß sich ein Baron von Tautphöus an, dessen Vater als bairischer Gesandter am würtenbergischen Hofe beglaubigt war. Paul sagte bei dieser Gelegenheit: we are haunted with nobility!

Stuttgart, Ulm, Augsburg hießen die drei Nachtquartiere, die wir passiren mußten, um am vierten Tage in München anzulangen. Aber welche Weitläufigkeiten hatte damals eine solche Reise, die man jetzt in wenigen Stunden zurücklegt, ohne auszusteigen. Zuerst ward in Heidelberg nach allen Ausspannungen herumgeschickt, um eine Retourkutsche nach München oder eventuell nach einer der drei Stationen aufzutreiben. Es fand sich eine solche nur bis Stuttgart. Folgten endlose Unterhandlungen über Preis, Trinkgeld, Stunde der Abfahrt, Fütterung, Stunde der Ankunft. Am andern Morgen ließ der Kutscher uns eine Stunde warten, fuhr so schneckenartig und fütterte so lange, daß wir sehr spät in Stuttgart eintrafen. Tautphöus hatte bereits vor drei Tagen seinen Eltern gemeldet, daß er mit Larosee ankommen und noch zwei Freunde mitbringen werde. Für Paul und mich entstand ein großer Zweifel, ob wir so spät ein fremdes vornehmes Haus besuchen könnten, allein Tautphöus schleppte uns gewaltsam mit, und wir waren nicht wenig verwundert, plötzlich in einen brillanten diplomatischen Abendzirkel zu treten. „Hand küssen, nicht drücken!“ raunte ich Paul in der Thüre des Salons zu, aber es kam nicht so weit. Wir wurden dem Papa Tautphöus, einem kleinen freundlichen sehr gewinnenden Herrn mit einem großen Sterne vorgestellt, betrachteten herrliche englische Stahlstiche, schlürften eine Tasse Thee, und gelangten erst sehr spät in unser Wirtshaus. Einen unauslöschlichen Eindruck

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[344/0352] zu dürfen; diesem schloß sich ein Baron von Tautphöus an, dessen Vater als bairischer Gesandter am würtenbergischen Hofe beglaubigt war. Paul sagte bei dieser Gelegenheit: we are haunted with nobility! Stuttgart, Ulm, Augsburg hießen die drei Nachtquartiere, die wir passiren mußten, um am vierten Tage in München anzulangen. Aber welche Weitläufigkeiten hatte damals eine solche Reise, die man jetzt in wenigen Stunden zurücklegt, ohne auszusteigen. Zuerst ward in Heidelberg nach allen Ausspannungen herumgeschickt, um eine Retourkutsche nach München oder eventuell nach einer der drei Stationen aufzutreiben. Es fand sich eine solche nur bis Stuttgart. Folgten endlose Unterhandlungen über Preis, Trinkgeld, Stunde der Abfahrt, Fütterung, Stunde der Ankunft. Am andern Morgen ließ der Kutscher uns eine Stunde warten, fuhr so schneckenartig und fütterte so lange, daß wir sehr spät in Stuttgart eintrafen. Tautphöus hatte bereits vor drei Tagen seinen Eltern gemeldet, daß er mit Larosee ankommen und noch zwei Freunde mitbringen werde. Für Paul und mich entstand ein großer Zweifel, ob wir so spät ein fremdes vornehmes Haus besuchen könnten, allein Tautphöus schleppte uns gewaltsam mit, und wir waren nicht wenig verwundert, plötzlich in einen brillanten diplomatischen Abendzirkel zu treten. „Hand küssen, nicht drücken!“ raunte ich Paul in der Thüre des Salons zu, aber es kam nicht so weit. Wir wurden dem Papa Tautphöus, einem kleinen freundlichen sehr gewinnenden Herrn mit einem großen Sterne vorgestellt, betrachteten herrliche englische Stahlstiche, schlürften eine Tasse Thee, und gelangten erst sehr spät in unser Wirtshaus. Einen unauslöschlichen Eindruck

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/352>, abgerufen am 22.11.2024.