Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Wiener Kongreß. Belle-Alliance 1815. Bald nach der Eroberung von Paris trat in Wien der Friedenskongreß zusammen, der die Geschicke Europas auf lange Zeit ordnen sollte. Eine solche Versamlung war seit dem Bestehen des europäischen Staatenverbandes noch nicht dagewesen. Nicht nur waren die drei siegreichen Monarchen, Franz, Alexander und Friedrich Wilhelm persönlich zugegen, es strömte auch eine ganze Menge der deutschen mediatisirten und noch nicht mediatisirten Fürsten herbei, um ihre Duodez-Interessen durch Schmeichelei und Intrigue zu fördern. Daß man dem besiegten Frankreich eine Stimme im Rathe der Fürsten gönnte, wollte uns gar nicht in den Sinn. Als man erfuhr, daß der Fürst von Talleyrand, als Vertreter Frankreichs, mit seiner Nichte, der schönen Prinzessin Dorothea, jetzigen Gräfin von Perigord, nach Wien gereist sei, sagte der Grosvater Eichmann: Gebt Acht, der alte Fuchs wird sie alle über den Löffel barbiren! England sandte seinen Premierminister Castlereagh, Rußland den Grafen von Nesselrode, Preußen war durch den Fürsten von Hardenberg und durch Wilhelm von Humboldt vertreten, für Oestreich endlich fungirte der Fürst von Metternich, der nicht bloß als Wirt die Honneurs der Versamlungen machte, sondern auch durch seine geistige Ueberlegenheit fast ganz Wiener Kongreß. Belle-Alliance 1815. Bald nach der Eroberung von Paris trat in Wien der Friedenskongreß zusammen, der die Geschicke Europas auf lange Zeit ordnen sollte. Eine solche Versamlung war seit dem Bestehen des europäischen Staatenverbandes noch nicht dagewesen. Nicht nur waren die drei siegreichen Monarchen, Franz, Alexander und Friedrich Wilhelm persönlich zugegen, es strömte auch eine ganze Menge der deutschen mediatisirten und noch nicht mediatisirten Fürsten herbei, um ihre Duodez-Interessen durch Schmeichelei und Intrigue zu fördern. Daß man dem besiegten Frankreich eine Stimme im Rathe der Fürsten gönnte, wollte uns gar nicht in den Sinn. Als man erfuhr, daß der Fürst von Talleyrand, als Vertreter Frankreichs, mit seiner Nichte, der schönen Prinzessin Dorothea, jetzigen Gräfin von Périgord, nach Wien gereist sei, sagte der Grosvater Eichmann: Gebt Acht, der alte Fuchs wird sie alle über den Löffel barbiren! England sandte seinen Premierminister Castlereagh, Rußland den Grafen von Nesselrode, Preußen war durch den Fürsten von Hardenberg und durch Wilhelm von Humboldt vertreten, für Oestreich endlich fungirte der Fürst von Metternich, der nicht bloß als Wirt die Honneurs der Versamlungen machte, sondern auch durch seine geistige Ueberlegenheit fast ganz <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0035" n="27"/> <div n="1"> <head rendition="#c">Wiener Kongreß. Belle-Alliance 1815.</head><lb/> <p>Bald nach der Eroberung von Paris trat in Wien der Friedenskongreß zusammen, der die Geschicke Europas auf lange Zeit ordnen sollte. Eine solche Versamlung war seit dem Bestehen des europäischen Staatenverbandes noch nicht dagewesen. Nicht nur waren die drei siegreichen Monarchen, Franz, Alexander und Friedrich Wilhelm persönlich zugegen, es strömte auch eine ganze Menge der deutschen mediatisirten und noch nicht mediatisirten Fürsten herbei, um ihre Duodez-Interessen durch Schmeichelei und Intrigue zu fördern. Daß man dem besiegten Frankreich eine Stimme im Rathe der Fürsten gönnte, wollte uns gar nicht in den Sinn. Als man erfuhr, daß der Fürst von Talleyrand, als Vertreter Frankreichs, mit seiner Nichte, der schönen Prinzessin Dorothea, jetzigen Gräfin von Périgord, nach Wien gereist sei, sagte der Grosvater Eichmann: Gebt Acht, der alte Fuchs wird sie alle über den Löffel barbiren! England sandte seinen Premierminister Castlereagh, Rußland den Grafen von Nesselrode, Preußen war durch den Fürsten von Hardenberg und durch Wilhelm von Humboldt vertreten, für Oestreich endlich fungirte der Fürst von Metternich, der nicht bloß als Wirt die Honneurs der Versamlungen machte, sondern auch durch seine geistige Ueberlegenheit fast ganz </p> </div> </body> </text> </TEI> [27/0035]
Wiener Kongreß. Belle-Alliance 1815.
Bald nach der Eroberung von Paris trat in Wien der Friedenskongreß zusammen, der die Geschicke Europas auf lange Zeit ordnen sollte. Eine solche Versamlung war seit dem Bestehen des europäischen Staatenverbandes noch nicht dagewesen. Nicht nur waren die drei siegreichen Monarchen, Franz, Alexander und Friedrich Wilhelm persönlich zugegen, es strömte auch eine ganze Menge der deutschen mediatisirten und noch nicht mediatisirten Fürsten herbei, um ihre Duodez-Interessen durch Schmeichelei und Intrigue zu fördern. Daß man dem besiegten Frankreich eine Stimme im Rathe der Fürsten gönnte, wollte uns gar nicht in den Sinn. Als man erfuhr, daß der Fürst von Talleyrand, als Vertreter Frankreichs, mit seiner Nichte, der schönen Prinzessin Dorothea, jetzigen Gräfin von Périgord, nach Wien gereist sei, sagte der Grosvater Eichmann: Gebt Acht, der alte Fuchs wird sie alle über den Löffel barbiren! England sandte seinen Premierminister Castlereagh, Rußland den Grafen von Nesselrode, Preußen war durch den Fürsten von Hardenberg und durch Wilhelm von Humboldt vertreten, für Oestreich endlich fungirte der Fürst von Metternich, der nicht bloß als Wirt die Honneurs der Versamlungen machte, sondern auch durch seine geistige Ueberlegenheit fast ganz
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