Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Es verstand sich von selbst, daß wir die Korrektur ohne irgend eine Aussicht auf Honorar übernahmen, und Engelmann war weit davon entfernt, uns ein solches in Gelde für die mühsame Arbeit anzubieten, aber beim Schlusse derselben schickte er jedem von uns einen ganzen Stoß, wohl 40 oder 50 Bändchen der kleinen Schumannschen Klassiker aus allen Sprachen, von denen besonders die deutsche Uebersetzung des W. Scott mir viel Vergnügen gewährte. In Berlin hatte ich nicht ohne Neid gesehn, wie mein Freund Abeken den Don Quixote in der Ursprache las. Es befanden sich in des Grosvaters Bibliothek außer der Original-Ausgabe von Cervantes und der sehr gerühmten von Pellicer, auch die deutschen Uebersetzungen von Bertuch und Soltau. An beiden versuchte ich anzubeißen, konnte ihnen aber keinen Geschmack abgewinnen. Nun hörte ich, auch Ludwig Tieck habe den Don Quixote übersetzt, und wollte im Vertrauen auf den berühmten Namen das Buch anschaffen. Allein Abeken, der diese Uebersetzung mit dem Originale verglichen, rieth mir davon ab; sie sei, meinte er, zwar mit unendlich mehr Geist abgefaßt, als die farblosen Arbeiten von Bertuch oder Soltau, auch sei in der Uebertragung der zahllosen Sprüchwörter des Sancho Pansa zuweilen ein glücklicher Wurf gethan, aber im allgemeinen leide das Werk an Unkenntniß der spanischen Sprache. Abeken wollte aus sichrer Quelle wissen, daß Tieck, der beständig in Geldnöthen steckte, das Honorar für diese Arbeit erhalten und längst verzehrt habe, nicht nur ehe er die Uebersetzung angefangen, son- Es verstand sich von selbst, daß wir die Korrektur ohne irgend eine Aussicht auf Honorar übernahmen, und Engelmann war weit davon entfernt, uns ein solches in Gelde für die mühsame Arbeit anzubieten, aber beim Schlusse derselben schickte er jedem von uns einen ganzen Stoß, wohl 40 oder 50 Bändchen der kleinen Schumannschen Klassiker aus allen Sprachen, von denen besonders die deutsche Uebersetzung des W. Scott mir viel Vergnügen gewährte. In Berlin hatte ich nicht ohne Neid gesehn, wie mein Freund Abeken den Don Quixote in der Ursprache las. Es befanden sich in des Grosvaters Bibliothek außer der Original-Ausgabe von Cervantes und der sehr gerühmten von Pellicer, auch die deutschen Uebersetzungen von Bertuch und Soltau. An beiden versuchte ich anzubeißen, konnte ihnen aber keinen Geschmack abgewinnen. Nun hörte ich, auch Ludwig Tieck habe den Don Quixote übersetzt, und wollte im Vertrauen auf den berühmten Namen das Buch anschaffen. Allein Abeken, der diese Uebersetzung mit dem Originale verglichen, rieth mir davon ab; sie sei, meinte er, zwar mit unendlich mehr Geist abgefaßt, als die farblosen Arbeiten von Bertuch oder Soltau, auch sei in der Uebertragung der zahllosen Sprüchwörter des Sancho Pansa zuweilen ein glücklicher Wurf gethan, aber im allgemeinen leide das Werk an Unkenntniß der spanischen Sprache. Abeken wollte aus sichrer Quelle wissen, daß Tieck, der beständig in Geldnöthen steckte, das Honorar für diese Arbeit erhalten und längst verzehrt habe, nicht nur ehe er die Uebersetzung angefangen, son- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0342" n="334"/> </p><lb/> <p>Es verstand sich von selbst, daß wir die Korrektur ohne irgend eine Aussicht auf Honorar übernahmen, und Engelmann war weit davon entfernt, uns ein solches in Gelde für die mühsame Arbeit anzubieten, aber beim Schlusse derselben schickte er jedem von uns einen ganzen Stoß, wohl 40 oder 50 Bändchen der kleinen Schumannschen Klassiker aus allen Sprachen, von denen besonders die deutsche Uebersetzung des W. Scott mir viel Vergnügen gewährte. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>In Berlin hatte ich nicht ohne Neid gesehn, wie mein Freund Abeken den Don Quixote in der Ursprache las. Es befanden sich in des Grosvaters Bibliothek außer der Original-Ausgabe von Cervantes und der sehr gerühmten von Pellicer, auch die deutschen Uebersetzungen von Bertuch und Soltau. An beiden versuchte ich anzubeißen, konnte ihnen aber keinen Geschmack abgewinnen. Nun hörte ich, auch Ludwig Tieck habe den Don Quixote übersetzt, und wollte im Vertrauen auf den berühmten Namen das Buch anschaffen. Allein Abeken, der diese Uebersetzung mit dem Originale verglichen, rieth mir davon ab; sie sei, meinte er, zwar mit unendlich mehr Geist abgefaßt, als die farblosen Arbeiten von Bertuch oder Soltau, auch sei in der Uebertragung der zahllosen Sprüchwörter des Sancho Pansa zuweilen ein glücklicher Wurf gethan, aber im allgemeinen leide das Werk an Unkenntniß der spanischen Sprache. Abeken wollte aus sichrer Quelle wissen, daß Tieck, der beständig in Geldnöthen steckte, das Honorar für diese Arbeit erhalten und längst verzehrt habe, nicht nur ehe er die Uebersetzung angefangen, son- </p> </div> </body> </text> </TEI> [334/0342]
Es verstand sich von selbst, daß wir die Korrektur ohne irgend eine Aussicht auf Honorar übernahmen, und Engelmann war weit davon entfernt, uns ein solches in Gelde für die mühsame Arbeit anzubieten, aber beim Schlusse derselben schickte er jedem von uns einen ganzen Stoß, wohl 40 oder 50 Bändchen der kleinen Schumannschen Klassiker aus allen Sprachen, von denen besonders die deutsche Uebersetzung des W. Scott mir viel Vergnügen gewährte.
In Berlin hatte ich nicht ohne Neid gesehn, wie mein Freund Abeken den Don Quixote in der Ursprache las. Es befanden sich in des Grosvaters Bibliothek außer der Original-Ausgabe von Cervantes und der sehr gerühmten von Pellicer, auch die deutschen Uebersetzungen von Bertuch und Soltau. An beiden versuchte ich anzubeißen, konnte ihnen aber keinen Geschmack abgewinnen. Nun hörte ich, auch Ludwig Tieck habe den Don Quixote übersetzt, und wollte im Vertrauen auf den berühmten Namen das Buch anschaffen. Allein Abeken, der diese Uebersetzung mit dem Originale verglichen, rieth mir davon ab; sie sei, meinte er, zwar mit unendlich mehr Geist abgefaßt, als die farblosen Arbeiten von Bertuch oder Soltau, auch sei in der Uebertragung der zahllosen Sprüchwörter des Sancho Pansa zuweilen ein glücklicher Wurf gethan, aber im allgemeinen leide das Werk an Unkenntniß der spanischen Sprache. Abeken wollte aus sichrer Quelle wissen, daß Tieck, der beständig in Geldnöthen steckte, das Honorar für diese Arbeit erhalten und längst verzehrt habe, nicht nur ehe er die Uebersetzung angefangen, son-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1)
(2014-01-07T13:04:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |