Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

Bild:
<< vorherige Seite

Paul wurde durch seinen unendlich gutmüthigen Humor, bei dem er sich selbst am wenigsten schonte, bald der Liebling der Mutter und der beiden Töchter, die bei jeder Gelegenheit von seinem Lobe überflossen. Er fand ein besonderes Vergnügen daran, die beiden Mädchen mit ihrem pfälzischen Dialekte zu necken, was er oft so einkleidete, als ob er sich über die Eigenheiten der deutschen Sprache belehren wollte.

Warum sagen Sie, fragte er Julchen eines Tages, daß Dürkheim im Ueberrhein liegt? - Nun, weil es über dem Rhein liegt. - Da müßten Sie konsequenter Weise auch sagen: Ziegelhausen liegt im Ueberneckar.

Zu dem Ausdrucke "wir Mädcher" bemerkte Paul: ein unregelmäßiger, in der Schriftsprache nicht vorkommender Pluralis.

Gelle se, Herr Paul! was von den Damen häufig gebraucht ward, war anfangs wirklich schwer zu verstehn; es heißt: Gelt Sie, Herr Paul!

"Beim Bäcken giebts Wecken." Hier fragte Paul, ob etwa ein Waschbecken gemeint sei? und wollte die Form Bäcken statt Bäcker durchaus nicht gelten lassen. Sagen Sie doch lieber, meinte er, beim Bäcker giebts Wecker, nach der Analogie von Mädcher.

Julchen sagte: morgen gehn wir ins Gmelins. "Haus" supplirte Paul im Lehrtone. - Nein, erwiederte Julchen, sie wohnen zur Miethe. - So ergänzen Sie wenigstens: Wohnung oder Behausung.

Warum nennen Sie denn, fragte er weiter, unser Haus: die Heppei; da Sie doch niemals Thibautei sagen? - Ei nun, war die Antwort, da sagen wir lieber: ins Thibauts.

Paul wurde durch seinen unendlich gutmüthigen Humor, bei dem er sich selbst am wenigsten schonte, bald der Liebling der Mutter und der beiden Töchter, die bei jeder Gelegenheit von seinem Lobe überflossen. Er fand ein besonderes Vergnügen daran, die beiden Mädchen mit ihrem pfälzischen Dialekte zu necken, was er oft so einkleidete, als ob er sich über die Eigenheiten der deutschen Sprache belehren wollte.

Warum sagen Sie, fragte er Julchen eines Tages, daß Dürkheim im Ueberrhein liegt? – Nun, weil es über dem Rhein liegt. – Da müßten Sie konsequenter Weise auch sagen: Ziegelhausen liegt im Ueberneckar.

Zu dem Ausdrucke „wir Mädcher“ bemerkte Paul: ein unregelmäßiger, in der Schriftsprache nicht vorkommender Pluralis.

Gelle se, Herr Paul! was von den Damen häufig gebraucht ward, war anfangs wirklich schwer zu verstehn; es heißt: Gelt Sie, Herr Paul!

„Beim Bäcken giebts Wecken.“ Hier fragte Paul, ob etwa ein Waschbecken gemeint sei? und wollte die Form Bäcken statt Bäcker durchaus nicht gelten lassen. Sagen Sie doch lieber, meinte er, beim Bäcker giebts Wecker, nach der Analogie von Mädcher.

Julchen sagte: morgen gehn wir ins Gmelins. „Haus“ supplirte Paul im Lehrtone. – Nein, erwiederte Julchen, sie wohnen zur Miethe. – So ergänzen Sie wenigstens: Wohnung oder Behausung.

Warum nennen Sie denn, fragte er weiter, unser Haus: die Heppei; da Sie doch niemals Thibautei sagen? – Ei nun, war die Antwort, da sagen wir lieber: ins Thibauts.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0332" n="324"/>
        </p><lb/>
        <p>Paul wurde durch seinen unendlich gutmüthigen Humor, bei dem er sich selbst am wenigsten schonte, bald der Liebling der Mutter und der beiden Töchter, die bei jeder Gelegenheit von seinem Lobe überflossen. Er fand ein besonderes Vergnügen daran, die beiden Mädchen mit ihrem pfälzischen Dialekte zu necken, was er oft so einkleidete, als ob er sich über die Eigenheiten der deutschen Sprache belehren wollte. </p><lb/>
        <p>Warum sagen Sie, fragte er Julchen eines Tages, daß Dürkheim im Ueberrhein liegt? &#x2013; Nun, weil es über dem Rhein liegt. &#x2013; Da müßten Sie konsequenter Weise auch sagen: Ziegelhausen liegt im Ueberneckar. </p><lb/>
        <p>Zu dem Ausdrucke &#x201E;wir Mädcher&#x201C; bemerkte Paul: ein unregelmäßiger, in der Schriftsprache nicht vorkommender Pluralis. </p><lb/>
        <p>Gelle se, Herr Paul! was von den Damen häufig gebraucht ward, war anfangs wirklich schwer zu verstehn; es heißt: Gelt Sie, Herr Paul! </p><lb/>
        <p>&#x201E;Beim Bäcken giebts Wecken.&#x201C; Hier fragte Paul, ob etwa ein Waschbecken gemeint sei? und wollte die Form Bäcken statt Bäcker durchaus nicht gelten lassen. Sagen Sie doch lieber, meinte er, beim Bäcker giebts Wecker, nach der Analogie von Mädcher. </p><lb/>
        <p>Julchen sagte: morgen gehn wir ins Gmelins. &#x201E;Haus&#x201C; supplirte Paul im Lehrtone. &#x2013; Nein, erwiederte Julchen, sie wohnen zur Miethe. &#x2013; So ergänzen Sie wenigstens: Wohnung oder Behausung. </p><lb/>
        <p>Warum nennen Sie denn, fragte er weiter, unser Haus: die Heppei; da Sie doch niemals Thibautei sagen? &#x2013; Ei nun, war die Antwort, da sagen wir lieber: ins Thibauts.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0332] Paul wurde durch seinen unendlich gutmüthigen Humor, bei dem er sich selbst am wenigsten schonte, bald der Liebling der Mutter und der beiden Töchter, die bei jeder Gelegenheit von seinem Lobe überflossen. Er fand ein besonderes Vergnügen daran, die beiden Mädchen mit ihrem pfälzischen Dialekte zu necken, was er oft so einkleidete, als ob er sich über die Eigenheiten der deutschen Sprache belehren wollte. Warum sagen Sie, fragte er Julchen eines Tages, daß Dürkheim im Ueberrhein liegt? – Nun, weil es über dem Rhein liegt. – Da müßten Sie konsequenter Weise auch sagen: Ziegelhausen liegt im Ueberneckar. Zu dem Ausdrucke „wir Mädcher“ bemerkte Paul: ein unregelmäßiger, in der Schriftsprache nicht vorkommender Pluralis. Gelle se, Herr Paul! was von den Damen häufig gebraucht ward, war anfangs wirklich schwer zu verstehn; es heißt: Gelt Sie, Herr Paul! „Beim Bäcken giebts Wecken.“ Hier fragte Paul, ob etwa ein Waschbecken gemeint sei? und wollte die Form Bäcken statt Bäcker durchaus nicht gelten lassen. Sagen Sie doch lieber, meinte er, beim Bäcker giebts Wecker, nach der Analogie von Mädcher. Julchen sagte: morgen gehn wir ins Gmelins. „Haus“ supplirte Paul im Lehrtone. – Nein, erwiederte Julchen, sie wohnen zur Miethe. – So ergänzen Sie wenigstens: Wohnung oder Behausung. Warum nennen Sie denn, fragte er weiter, unser Haus: die Heppei; da Sie doch niemals Thibautei sagen? – Ei nun, war die Antwort, da sagen wir lieber: ins Thibauts.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-01-07T13:04:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1) (2014-01-07T13:04:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • Kolumnentitel: nicht übernommen
  • Kustoden: nicht übernommen
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/332
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/332>, abgerufen am 22.11.2024.