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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Kisten eingedrungen, und hatte auf der Oberfläche des Gypses die abscheulichsten braunen und gelben Flecken hervorgebracht. Trotzdem gelang es uns nach und nach, von diesem äußeren Mangel zu abstrahiren, und der inneren Hoheit der klassischen Gebilde näher zu treten.



Zum Sommervergnügen der Dresdner gehörte es, den sächsischen Hof in Pillnitz speisen zu sehn, und wir fuhren im Vereine mit der guten Tante Keiner und den dresdner Cousinen hinüber. Man genoß hier des merkwürdigen Anblickes, daß eine längst abgestandene, verknöcherte Hofetikette dem Publikum zur Schau gestellt ward. König Friedrich August kehrte nach den Stürmen der französischen Kriegszeit (1806-1815) zu seiner früheren regelmäßigen Lebensweise zurück, in der die Regierungsgeschäfte, die religiösen Uebungen und die Botanik seine Zeit ausfüllten. Er war ein lebendiges Uhrwerk, dessen monotone Einförmigkeit mit dem bleiernen Drucke einer tödtlichen Langenweile auf seiner ganzen Umgebung lastete. Die Gewohnheit, vor Zuschauem zu speisen, stammte vielleicht aus der Zeit Ludwigs XIV., war an andern Höfen längst abgeschafft, wurde aber in Pillnitz sorgfältig beibehalten. Der helle Eßsaal hatte auf halber Höhe eine geräumige Gallerie für das Publikum, unten standen 3 Tische neben einander, wie auf dem Theater nur an einer Seite mit Couverts belegt; der mittelste Tisch für den König, seine Brüder und die Prinzen von Geblüt, die beiden andern für den Hofstaat. Als der König an seinen Platz trat, verneigten sich alle hohen und geringen Herrschaften ehrerbietig gegen ihn, zwei Kammerherren hoben je den rechten

Kisten eingedrungen, und hatte auf der Oberfläche des Gypses die abscheulichsten braunen und gelben Flecken hervorgebracht. Trotzdem gelang es uns nach und nach, von diesem äußeren Mangel zu abstrahiren, und der inneren Hoheit der klassischen Gebilde näher zu treten.



Zum Sommervergnügen der Dresdner gehörte es, den sächsischen Hof in Pillnitz speisen zu sehn, und wir fuhren im Vereine mit der guten Tante Keiner und den dresdner Cousinen hinüber. Man genoß hier des merkwürdigen Anblickes, daß eine längst abgestandene, verknöcherte Hofetikette dem Publikum zur Schau gestellt ward. König Friedrich August kehrte nach den Stürmen der französischen Kriegszeit (1806–1815) zu seiner früheren regelmäßigen Lebensweise zurück, in der die Regierungsgeschäfte, die religiösen Uebungen und die Botanik seine Zeit ausfüllten. Er war ein lebendiges Uhrwerk, dessen monotone Einförmigkeit mit dem bleiernen Drucke einer tödtlichen Langenweile auf seiner ganzen Umgebung lastete. Die Gewohnheit, vor Zuschauem zu speisen, stammte vielleicht aus der Zeit Ludwigs XIV., war an andern Höfen längst abgeschafft, wurde aber in Pillnitz sorgfältig beibehalten. Der helle Eßsaal hatte auf halber Höhe eine geräumige Gallerie für das Publikum, unten standen 3 Tische neben einander, wie auf dem Theater nur an einer Seite mit Couverts belegt; der mittelste Tisch für den König, seine Brüder und die Prinzen von Geblüt, die beiden andern für den Hofstaat. Als der König an seinen Platz trat, verneigten sich alle hohen und geringen Herrschaften ehrerbietig gegen ihn, zwei Kammerherren hoben je den rechten

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[302/0310] Kisten eingedrungen, und hatte auf der Oberfläche des Gypses die abscheulichsten braunen und gelben Flecken hervorgebracht. Trotzdem gelang es uns nach und nach, von diesem äußeren Mangel zu abstrahiren, und der inneren Hoheit der klassischen Gebilde näher zu treten. Zum Sommervergnügen der Dresdner gehörte es, den sächsischen Hof in Pillnitz speisen zu sehn, und wir fuhren im Vereine mit der guten Tante Keiner und den dresdner Cousinen hinüber. Man genoß hier des merkwürdigen Anblickes, daß eine längst abgestandene, verknöcherte Hofetikette dem Publikum zur Schau gestellt ward. König Friedrich August kehrte nach den Stürmen der französischen Kriegszeit (1806–1815) zu seiner früheren regelmäßigen Lebensweise zurück, in der die Regierungsgeschäfte, die religiösen Uebungen und die Botanik seine Zeit ausfüllten. Er war ein lebendiges Uhrwerk, dessen monotone Einförmigkeit mit dem bleiernen Drucke einer tödtlichen Langenweile auf seiner ganzen Umgebung lastete. Die Gewohnheit, vor Zuschauem zu speisen, stammte vielleicht aus der Zeit Ludwigs XIV., war an andern Höfen längst abgeschafft, wurde aber in Pillnitz sorgfältig beibehalten. Der helle Eßsaal hatte auf halber Höhe eine geräumige Gallerie für das Publikum, unten standen 3 Tische neben einander, wie auf dem Theater nur an einer Seite mit Couverts belegt; der mittelste Tisch für den König, seine Brüder und die Prinzen von Geblüt, die beiden andern für den Hofstaat. Als der König an seinen Platz trat, verneigten sich alle hohen und geringen Herrschaften ehrerbietig gegen ihn, zwei Kammerherren hoben je den rechten

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/310>, abgerufen am 22.11.2024.