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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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einen Druckbogen fertig gemacht. Den übrigen Theil des Tages verbringe er mit Visiten, Klatschereien und Spazierengehen. Ferner wollte man von ihm wissen, daß er von der russischen Regierung ein Jahrgehalt beziehe, um Berichte über alle socialen und politischen Voigänge in Deutschland einzusenden. In der von ihm herausgegebenen ,,Litterarischen Wochenschrift" verfolgte er besonders zwei Absichten: 1) Göthen als Dichter und Menschen herabzusetzen, 2) sich über das Treiben der Turner und Burschenschafter lustig zu machen. Diese Angriffe waren nicht ohne Witz und Geist, aber von einer so gemeinen Gesinnung durchdrungen, daß sie auf die Masse der Gebildeten fast gar keinen Eindruck machten.

Mein Vater war bei der Nachricht von seinem Tode äußerst betroffen: denn er hatte auf seinen Reisen in Kurland mit Kotzebue in freundschaftlichen Beziehungen gestanden; auch hielt er das von Kotzebue herausgegebene Blatt, und las uns zuweilen daraus vor, aber er wußte wohl, daß die gegen den Altmeister Göthe und den Turnvater Jahn gerichteten Stellen bei der jungen Welt auf keinen Beifall rechnen durften. Kotzebues dramatische Arbeiten wurden damals auf allen Bühnen gern gesehn; seine Lustspiele entfalteten einen Reichthum von Erfindung, um den ihn mancher bedeutendere Dichter hätte beneiden mögen.

Der Entschluß, ein an sich so unbedeutendes Individuum, einen Vater von 8 Kindern, durch Meuchelmord aus dem Wege zu räumen, und sich selbst nach vollbrachter That den Dolch in die Brust zu stoßen, konnte bei Sand nur als das Resultat einer krankhaften Häufung von unklaren Vorstellungen betrachtet werden. Die Aerzte

einen Druckbogen fertig gemacht. Den übrigen Theil des Tages verbringe er mit Visiten, Klatschereien und Spazierengehen. Ferner wollte man von ihm wissen, daß er von der russischen Regierung ein Jahrgehalt beziehe, um Berichte über alle socialen und politischen Voigänge in Deutschland einzusenden. In der von ihm herausgegebenen ,,Litterarischen Wochenschrift“ verfolgte er besonders zwei Absichten: 1) Göthen als Dichter und Menschen herabzusetzen, 2) sich über das Treiben der Turner und Burschenschafter lustig zu machen. Diese Angriffe waren nicht ohne Witz und Geist, aber von einer so gemeinen Gesinnung durchdrungen, daß sie auf die Masse der Gebildeten fast gar keinen Eindruck machten.

Mein Vater war bei der Nachricht von seinem Tode äußerst betroffen: denn er hatte auf seinen Reisen in Kurland mit Kotzebue in freundschaftlichen Beziehungen gestanden; auch hielt er das von Kotzebue herausgegebene Blatt, und las uns zuweilen daraus vor, aber er wußte wohl, daß die gegen den Altmeister Göthe und den Turnvater Jahn gerichteten Stellen bei der jungen Welt auf keinen Beifall rechnen durften. Kotzebues dramatische Arbeiten wurden damals auf allen Bühnen gern gesehn; seine Lustspiele entfalteten einen Reichthum von Erfindung, um den ihn mancher bedeutendere Dichter hätte beneiden mögen.

Der Entschluß, ein an sich so unbedeutendes Individuum, einen Vater von 8 Kindern, durch Meuchelmord aus dem Wege zu räumen, und sich selbst nach vollbrachter That den Dolch in die Brust zu stoßen, konnte bei Sand nur als das Resultat einer krankhaften Häufung von unklaren Vorstellungen betrachtet werden. Die Aerzte

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[290/0298] einen Druckbogen fertig gemacht. Den übrigen Theil des Tages verbringe er mit Visiten, Klatschereien und Spazierengehen. Ferner wollte man von ihm wissen, daß er von der russischen Regierung ein Jahrgehalt beziehe, um Berichte über alle socialen und politischen Voigänge in Deutschland einzusenden. In der von ihm herausgegebenen ,,Litterarischen Wochenschrift“ verfolgte er besonders zwei Absichten: 1) Göthen als Dichter und Menschen herabzusetzen, 2) sich über das Treiben der Turner und Burschenschafter lustig zu machen. Diese Angriffe waren nicht ohne Witz und Geist, aber von einer so gemeinen Gesinnung durchdrungen, daß sie auf die Masse der Gebildeten fast gar keinen Eindruck machten. Mein Vater war bei der Nachricht von seinem Tode äußerst betroffen: denn er hatte auf seinen Reisen in Kurland mit Kotzebue in freundschaftlichen Beziehungen gestanden; auch hielt er das von Kotzebue herausgegebene Blatt, und las uns zuweilen daraus vor, aber er wußte wohl, daß die gegen den Altmeister Göthe und den Turnvater Jahn gerichteten Stellen bei der jungen Welt auf keinen Beifall rechnen durften. Kotzebues dramatische Arbeiten wurden damals auf allen Bühnen gern gesehn; seine Lustspiele entfalteten einen Reichthum von Erfindung, um den ihn mancher bedeutendere Dichter hätte beneiden mögen. Der Entschluß, ein an sich so unbedeutendes Individuum, einen Vater von 8 Kindern, durch Meuchelmord aus dem Wege zu räumen, und sich selbst nach vollbrachter That den Dolch in die Brust zu stoßen, konnte bei Sand nur als das Resultat einer krankhaften Häufung von unklaren Vorstellungen betrachtet werden. Die Aerzte

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/298>, abgerufen am 22.11.2024.