Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].und verursachte bei heißem Sonnenscheine ein unerträgliches Jucken. Auf den Tschako ward ein dünner Haarbusch von 12 Zoll Höhe aufgesteckt, der selbst bei mäßigem Winde das Marschiren ungemein erschwerte. Unser kurzes Gewehr wog nicht so viel als die Infanterieflinte, die man damals wegen der Form des Kolbens mit dem Namen "Kuhfuß" belegte, dafür trugen wir zu allem Gepäck noch die Schanzspate. An den Beinkleidern waren die kurzen Sprungriemen beim Gehen äußerst hinderlich. Der Mantel zu einem langen Zylinder aufgerollt, hatte in der Mitte niemals weniger als 4-6 Zoll Durchmesser, ward über die linke Schulter gehängt und mit dem linken Tornisterriemen festgeschnallt. An den dadurch hervorgebrachten Druck auf die linke Seite der Brust gewöhnte man sich nur schwer, und die verschobene Gestalt des Oberkörpers konnte niemand schön finden. Ward die unförmliche Wurst des Mantels über die vorderen Tornisterriemen gehängt, so entbehrte sie der nöthigen Hältniß, verschob sich bei jeder Bewegung, und hinderte die so sehr angestrebte "Egalität". Es waren, wie wir von den Unteroffizieren hörten, mehrfache Versuche zur Vereinfachung der Armatur, und besonders zu einer besseren Unterbringung des Mantels gemacht worden. Wie es thunlich gewesen sei, daß im vorigen Jahrhundert die gemeinen Soldaten ganz ohne Mäntel gelebt, schien uns unerklärlich, bis wir erfuhren, daß sie alle Nächte unter einem warmen Zelte schliefen, und manchmal schon im Oktober in die Winterquartiere rückten. Im siebenjährigen Kriege, versicherte man uns, habe das Heer Friedrichs II. nur eine Nacht bivouacquirt, und zwar vor der Schlacht bei Leuthen, die der König auf einer Trommel sitzend zugebracht. und verursachte bei heißem Sonnenscheine ein unerträgliches Jucken. Auf den Tschako ward ein dünner Haarbusch von 12 Zoll Höhe aufgesteckt, der selbst bei mäßigem Winde das Marschiren ungemein erschwerte. Unser kurzes Gewehr wog nicht so viel als die Infanterieflinte, die man damals wegen der Form des Kolbens mit dem Namen „Kuhfuß“ belegte, dafür trugen wir zu allem Gepäck noch die Schanzspate. An den Beinkleidern waren die kurzen Sprungriemen beim Gehen äußerst hinderlich. Der Mantel zu einem langen Zylinder aufgerollt, hatte in der Mitte niemals weniger als 4–6 Zoll Durchmesser, ward über die linke Schulter gehängt und mit dem linken Tornisterriemen festgeschnallt. An den dadurch hervorgebrachten Druck auf die linke Seite der Brust gewöhnte man sich nur schwer, und die verschobene Gestalt des Oberkörpers konnte niemand schön finden. Ward die unförmliche Wurst des Mantels über die vorderen Tornisterriemen gehängt, so entbehrte sie der nöthigen Hältniß, verschob sich bei jeder Bewegung, und hinderte die so sehr angestrebte „Egalität“. Es waren, wie wir von den Unteroffizieren hörten, mehrfache Versuche zur Vereinfachung der Armatur, und besonders zu einer besseren Unterbringung des Mantels gemacht worden. Wie es thunlich gewesen sei, daß im vorigen Jahrhundert die gemeinen Soldaten ganz ohne Mäntel gelebt, schien uns unerklärlich, bis wir erfuhren, daß sie alle Nächte unter einem warmen Zelte schliefen, und manchmal schon im Oktober in die Winterquartiere rückten. Im siebenjährigen Kriege, versicherte man uns, habe das Heer Friedrichs II. nur eine Nacht bivouacquirt, und zwar vor der Schlacht bei Leuthen, die der König auf einer Trommel sitzend zugebracht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0254" n="246"/> und verursachte bei heißem Sonnenscheine ein unerträgliches Jucken. Auf den Tschako ward ein dünner Haarbusch von 12 Zoll Höhe aufgesteckt, der selbst bei mäßigem Winde das Marschiren ungemein erschwerte. Unser kurzes Gewehr wog nicht so viel als die Infanterieflinte, die man damals wegen der Form des Kolbens mit dem Namen „Kuhfuß“ belegte, dafür trugen wir zu allem Gepäck noch die Schanzspate. An den Beinkleidern waren die kurzen Sprungriemen beim Gehen äußerst hinderlich. Der Mantel zu einem langen Zylinder aufgerollt, hatte in der Mitte niemals weniger als 4–6 Zoll Durchmesser, ward über die linke Schulter gehängt und mit dem linken Tornisterriemen festgeschnallt. An den dadurch hervorgebrachten Druck auf die linke Seite der Brust gewöhnte man sich nur schwer, und die verschobene Gestalt des Oberkörpers konnte niemand schön finden. Ward die unförmliche Wurst des Mantels über die vorderen Tornisterriemen gehängt, so entbehrte sie der nöthigen Hältniß, verschob sich bei jeder Bewegung, und hinderte die so sehr angestrebte „Egalität“. </p><lb/> <p>Es waren, wie wir von den Unteroffizieren hörten, mehrfache Versuche zur Vereinfachung der Armatur, und besonders zu einer besseren Unterbringung des Mantels gemacht worden. Wie es thunlich gewesen sei, daß im vorigen Jahrhundert die gemeinen Soldaten ganz ohne Mäntel gelebt, schien uns unerklärlich, bis wir erfuhren, daß sie alle Nächte unter einem warmen Zelte schliefen, und manchmal schon im Oktober in die Winterquartiere rückten. Im siebenjährigen Kriege, versicherte man uns, habe das Heer Friedrichs II. nur <hi rendition="#u">eine</hi> Nacht bivouacquirt, und zwar vor der Schlacht bei Leuthen, die der König auf einer Trommel sitzend zugebracht. </p> </div> </body> </text> </TEI> [246/0254]
und verursachte bei heißem Sonnenscheine ein unerträgliches Jucken. Auf den Tschako ward ein dünner Haarbusch von 12 Zoll Höhe aufgesteckt, der selbst bei mäßigem Winde das Marschiren ungemein erschwerte. Unser kurzes Gewehr wog nicht so viel als die Infanterieflinte, die man damals wegen der Form des Kolbens mit dem Namen „Kuhfuß“ belegte, dafür trugen wir zu allem Gepäck noch die Schanzspate. An den Beinkleidern waren die kurzen Sprungriemen beim Gehen äußerst hinderlich. Der Mantel zu einem langen Zylinder aufgerollt, hatte in der Mitte niemals weniger als 4–6 Zoll Durchmesser, ward über die linke Schulter gehängt und mit dem linken Tornisterriemen festgeschnallt. An den dadurch hervorgebrachten Druck auf die linke Seite der Brust gewöhnte man sich nur schwer, und die verschobene Gestalt des Oberkörpers konnte niemand schön finden. Ward die unförmliche Wurst des Mantels über die vorderen Tornisterriemen gehängt, so entbehrte sie der nöthigen Hältniß, verschob sich bei jeder Bewegung, und hinderte die so sehr angestrebte „Egalität“.
Es waren, wie wir von den Unteroffizieren hörten, mehrfache Versuche zur Vereinfachung der Armatur, und besonders zu einer besseren Unterbringung des Mantels gemacht worden. Wie es thunlich gewesen sei, daß im vorigen Jahrhundert die gemeinen Soldaten ganz ohne Mäntel gelebt, schien uns unerklärlich, bis wir erfuhren, daß sie alle Nächte unter einem warmen Zelte schliefen, und manchmal schon im Oktober in die Winterquartiere rückten. Im siebenjährigen Kriege, versicherte man uns, habe das Heer Friedrichs II. nur eine Nacht bivouacquirt, und zwar vor der Schlacht bei Leuthen, die der König auf einer Trommel sitzend zugebracht.
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