Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

Bild:
<< vorherige Seite
Dienstjahr bei den Pioniren 1818. 1819.

Obgleich die Scharnhorstsche Heereseinrichtung mit der drei- und einjährigen Dienstzeit im Jahre 1818, wie ich oben bemerkte, noch sehr viele Gegner fand, so zeigte sie doch schon ihre segensreichen Wirkungen. Die alte geworbene Soldatesca aus der Zeit von 1806 war verschwunden, und ein neues frisches Geschlecht an ihre Stelle getreten. Die rüstigen Söhne der Landleute zogen regelmäßig zu Ostern und zu Michaelis mit ihren grauen Schnappsäcken in die Stadt, und fanden in den neueingerichteten Kasernen ein gutes Unterkommen. Sie hatten die Gewißheit, nach drei Jahren unweigerlich zu ihren ländlichen Beschäftigungen zurückgeschickt zu werden. Dieser Gedanke hielt sie von manchen Excessen ab, die den früheren verthierten Söldlingen nur zu oft von der Verzweiflung eingegeben wurden. Die Militärstrafen verringerten sich, die Desertion hörte ganz auf. Für die Söhne der mittleren und höheren Stände war die einjährige Dienstzeit eine vortrefliche Schule der äußeren Ausbildung. Seitdem die Regierung unbedachtsamer Weise die Turnplätze aufgehoben, wurden die körperlichen Uebungen einigermaaßen durch das Exerciren ersetzt.

Die erste Garde-Pionir-Compagnie, bei der ich eintrat,

Dienstjahr bei den Pioniren 1818. 1819.

Obgleich die Scharnhorstsche Heereseinrichtung mit der drei- und einjährigen Dienstzeit im Jahre 1818, wie ich oben bemerkte, noch sehr viele Gegner fand, so zeigte sie doch schon ihre segensreichen Wirkungen. Die alte geworbene Soldatesca aus der Zeit von 1806 war verschwunden, und ein neues frisches Geschlecht an ihre Stelle getreten. Die rüstigen Söhne der Landleute zogen regelmäßig zu Ostern und zu Michaelis mit ihren grauen Schnappsäcken in die Stadt, und fanden in den neueingerichteten Kasernen ein gutes Unterkommen. Sie hatten die Gewißheit, nach drei Jahren unweigerlich zu ihren ländlichen Beschäftigungen zurückgeschickt zu werden. Dieser Gedanke hielt sie von manchen Excessen ab, die den früheren verthierten Söldlingen nur zu oft von der Verzweiflung eingegeben wurden. Die Militärstrafen verringerten sich, die Desertion hörte ganz auf. Für die Söhne der mittleren und höheren Stände war die einjährige Dienstzeit eine vortrefliche Schule der äußeren Ausbildung. Seitdem die Regierung unbedachtsamer Weise die Turnplätze aufgehoben, wurden die körperlichen Uebungen einigermaaßen durch das Exerciren ersetzt.

Die erste Garde-Pionir-Compagnie, bei der ich eintrat,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0248" n="240"/>
      <div n="1">
        <head rendition="#c">Dienstjahr bei den Pioniren 1818. 1819.</head><lb/>
        <p>Obgleich die Scharnhorstsche Heereseinrichtung mit der drei- und einjährigen Dienstzeit im Jahre 1818, wie ich oben bemerkte, noch sehr viele Gegner fand, so zeigte sie doch schon ihre segensreichen Wirkungen. Die alte geworbene Soldatesca aus der Zeit von 1806 war verschwunden, und ein neues frisches Geschlecht an ihre Stelle getreten. Die rüstigen Söhne der Landleute zogen regelmäßig zu Ostern und zu Michaelis mit ihren grauen Schnappsäcken in die Stadt, und fanden in den neueingerichteten Kasernen ein gutes Unterkommen. Sie hatten die Gewißheit, nach drei Jahren unweigerlich zu ihren ländlichen Beschäftigungen zurückgeschickt zu werden. Dieser Gedanke hielt sie von manchen Excessen ab, die den früheren verthierten Söldlingen nur zu oft von der Verzweiflung eingegeben wurden. Die Militärstrafen verringerten sich, die Desertion hörte ganz auf. Für die Söhne der mittleren und höheren Stände war die einjährige Dienstzeit eine vortrefliche Schule der äußeren Ausbildung. Seitdem die Regierung unbedachtsamer Weise die Turnplätze aufgehoben, wurden die körperlichen Uebungen einigermaaßen durch das Exerciren ersetzt. </p><lb/>
        <p>Die erste Garde-Pionir-Compagnie, bei der ich eintrat,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0248] Dienstjahr bei den Pioniren 1818. 1819. Obgleich die Scharnhorstsche Heereseinrichtung mit der drei- und einjährigen Dienstzeit im Jahre 1818, wie ich oben bemerkte, noch sehr viele Gegner fand, so zeigte sie doch schon ihre segensreichen Wirkungen. Die alte geworbene Soldatesca aus der Zeit von 1806 war verschwunden, und ein neues frisches Geschlecht an ihre Stelle getreten. Die rüstigen Söhne der Landleute zogen regelmäßig zu Ostern und zu Michaelis mit ihren grauen Schnappsäcken in die Stadt, und fanden in den neueingerichteten Kasernen ein gutes Unterkommen. Sie hatten die Gewißheit, nach drei Jahren unweigerlich zu ihren ländlichen Beschäftigungen zurückgeschickt zu werden. Dieser Gedanke hielt sie von manchen Excessen ab, die den früheren verthierten Söldlingen nur zu oft von der Verzweiflung eingegeben wurden. Die Militärstrafen verringerten sich, die Desertion hörte ganz auf. Für die Söhne der mittleren und höheren Stände war die einjährige Dienstzeit eine vortrefliche Schule der äußeren Ausbildung. Seitdem die Regierung unbedachtsamer Weise die Turnplätze aufgehoben, wurden die körperlichen Uebungen einigermaaßen durch das Exerciren ersetzt. Die erste Garde-Pionir-Compagnie, bei der ich eintrat,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-01-07T13:04:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1) (2014-01-07T13:04:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • Kolumnentitel: nicht übernommen
  • Kustoden: nicht übernommen
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/248
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/248>, abgerufen am 22.12.2024.