Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].unseren geselligen Spielen ein guter Einfall vorkam, und mein Vater nach dem Urheber fragte, so hieß es gewöhnlich: von Lilli! dann leuchteten ihm vor Vergnügen die Augen. So oft ich ihrer gedenke, umweht mich der Frühlingshauch der Jugend. Von unsern vielfachen gemeinschaftlichen Unternehmungen will ich nur eine anführen. Tante Jettchen fing schon früh mit meiner Schwester das englische an, ich wandte mich auf dem Grauen Kloster dem italiänischen zu. Nichts schien uns natürlicher als diese beiden Sprachen gegen einander auszutauschen. Dies versuchten wir anfangs Zug um Zug, d. h. Stunde um Stunde, doch bald wurden wir gewahr, daß dadurch eine heillose Verwirrung in unseren Köpfen entstand. Der Plan ward demnach verbessert, und zuerst ein englischer Lehrkursus von einem halben Jahre angeordnet, dem darauf der italiänische folgen sollte. Paul und August hatten nicht sobald von diesem Unternehmen gehört, als sie dringend baten, in die Zahl der Schüler eintreten zu dürfen. "Da werde ich ja zu einer englischen Professorin", sagte meine Schwester. "Das Epitheton sind Sie immer", bemerkte August. Die Ausführung des Planes jedoch war sehr schwierig. Neben Augusts medizinischen Kollegien, neben Pauls und meinen sieben täglichen Gymnasialstunden, neben der Turnzeit in der Hasenheide, neben der Musik, dem Fecht- Tanz- und Zeichenunterricht noch zwei Stunden für das englische zu erübrigen, war keine leichte Aulgabe. Nur wenige Wochen dauerten die angenehmen Lektionen, dann entstanden Lücken, und bald genug sahen wir die Unmöglichkeit ein, das durch so viele Schulstunden verengte Leben noch enger zu machen. unseren geselligen Spielen ein guter Einfall vorkam, und mein Vater nach dem Urheber fragte, so hieß es gewöhnlich: von Lilli! dann leuchteten ihm vor Vergnügen die Augen. So oft ich ihrer gedenke, umweht mich der Frühlingshauch der Jugend. Von unsern vielfachen gemeinschaftlichen Unternehmungen will ich nur eine anführen. Tante Jettchen fing schon früh mit meiner Schwester das englische an, ich wandte mich auf dem Grauen Kloster dem italiänischen zu. Nichts schien uns natürlicher als diese beiden Sprachen gegen einander auszutauschen. Dies versuchten wir anfangs Zug um Zug, d. h. Stunde um Stunde, doch bald wurden wir gewahr, daß dadurch eine heillose Verwirrung in unseren Köpfen entstand. Der Plan ward demnach verbessert, und zuerst ein englischer Lehrkursus von einem halben Jahre angeordnet, dem darauf der italiänische folgen sollte. Paul und August hatten nicht sobald von diesem Unternehmen gehört, als sie dringend baten, in die Zahl der Schüler eintreten zu dürfen. „Da werde ich ja zu einer englischen Professorin“, sagte meine Schwester. „Das Epitheton sind Sie immer“, bemerkte August. Die Ausführung des Planes jedoch war sehr schwierig. Neben Augusts medizinischen Kollegien, neben Pauls und meinen sieben täglichen Gymnasialstunden, neben der Turnzeit in der Hasenheide, neben der Musik, dem Fecht- Tanz- und Zeichenunterricht noch zwei Stunden für das englische zu erübrigen, war keine leichte Aulgabe. Nur wenige Wochen dauerten die angenehmen Lektionen, dann entstanden Lücken, und bald genug sahen wir die Unmöglichkeit ein, das durch so viele Schulstunden verengte Leben noch enger zu machen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0192" n="184"/> unseren geselligen Spielen ein guter Einfall vorkam, und mein Vater nach dem Urheber fragte, so hieß es gewöhnlich: von Lilli! dann leuchteten ihm vor Vergnügen die Augen. So oft ich ihrer gedenke, umweht mich der Frühlingshauch der Jugend. </p><lb/> <p>Von unsern vielfachen gemeinschaftlichen Unternehmungen will ich nur eine anführen. Tante Jettchen fing schon früh mit meiner Schwester das englische an, ich wandte mich auf dem Grauen Kloster dem italiänischen zu. 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Nur wenige Wochen dauerten die angenehmen Lektionen, dann entstanden Lücken, und bald genug sahen wir die Unmöglichkeit ein, das durch so viele Schulstunden verengte Leben noch enger zu machen. </p> </div> </body> </text> </TEI> [184/0192]
unseren geselligen Spielen ein guter Einfall vorkam, und mein Vater nach dem Urheber fragte, so hieß es gewöhnlich: von Lilli! dann leuchteten ihm vor Vergnügen die Augen. So oft ich ihrer gedenke, umweht mich der Frühlingshauch der Jugend.
Von unsern vielfachen gemeinschaftlichen Unternehmungen will ich nur eine anführen. Tante Jettchen fing schon früh mit meiner Schwester das englische an, ich wandte mich auf dem Grauen Kloster dem italiänischen zu. Nichts schien uns natürlicher als diese beiden Sprachen gegen einander auszutauschen. Dies versuchten wir anfangs Zug um Zug, d. h. Stunde um Stunde, doch bald wurden wir gewahr, daß dadurch eine heillose Verwirrung in unseren Köpfen entstand. Der Plan ward demnach verbessert, und zuerst ein englischer Lehrkursus von einem halben Jahre angeordnet, dem darauf der italiänische folgen sollte. Paul und August hatten nicht sobald von diesem Unternehmen gehört, als sie dringend baten, in die Zahl der Schüler eintreten zu dürfen. „Da werde ich ja zu einer englischen Professorin“, sagte meine Schwester. „Das Epitheton sind Sie immer“, bemerkte August. Die Ausführung des Planes jedoch war sehr schwierig. Neben Augusts medizinischen Kollegien, neben Pauls und meinen sieben täglichen Gymnasialstunden, neben der Turnzeit in der Hasenheide, neben der Musik, dem Fecht- Tanz- und Zeichenunterricht noch zwei Stunden für das englische zu erübrigen, war keine leichte Aulgabe. Nur wenige Wochen dauerten die angenehmen Lektionen, dann entstanden Lücken, und bald genug sahen wir die Unmöglichkeit ein, das durch so viele Schulstunden verengte Leben noch enger zu machen.
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/192>, abgerufen am 05.07.2024. |