Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].bei Pfuel ein vornehmer Emigrirter gemeldet, der einen so übermüthigen Ton anstimmte, daß Pfuel ihm in derselben Weise erwiederte. Als dies die Ungezogenheit des Gastes vermehrte, sah sich Pfuel veranlaßt, ihn kurzweg zur Thür hinauszuwerfen. Darüber entstand unter den vielen, im Hause verkehrenden Franzosen ein ungeheurer Lärm; es ward bekannt, der Hinausgeworfene sei ein "Prince du sang", ein Verwandter des königlichen Hauses. Sobald Pfuel dies erfuhr, ließ er dem beleidigten Prinzen Satisfaction anbieten, gleichviel ob auf Hieb, Stich oder Schuß. Zu seinem Unglücke wählte der königliche Verwandte, der bei der Kavallerie gedient, den Säbel, und erhielt von Pfuel eine tüchtige Schmarre über die Backe. In dem Feldzuge von 1813 hatte es sich herausgestellt, daß das Schwimmen für die Soldaten in vielen Fällen von großem Nutzen sei. General von Pfuel errichtete also bald nach dem Kriege am Oberbaume eine Schwimmanstalt, die, soviel ich weiß, noch jetzt seinen Namen trägt. Er selbst, als einer der besten Schwimmer, unterrichtete nach seiner neuen Methode zuerst eine Anzahl von Unteroffizieren, die dann als Lehrer der Gemeinen eintraten. Hier habe auch ich während meines Pionirjahres schwimmen gelernt. Die neue Methode unterscheidet sich von der alten dadurch, daß wir schwimmen wie die Frösche, nicht wie die Hunde. Auch in allen andern Leibesübungen, im Reiten, Laufen, Springen u. s. w. war Pfuel unübertroffen. Seine nicht große Gestalt zeigte das schönste Ebenmaaß; es gewährte Vergnügen, ihn mit raschem, leichtkräftigem Gange durch den Garten schreiten, oder ein breites Blumenbeet mit kurzem Sprunge überhüpfen zu sehn. Im Laufen hatte bei Pfuel ein vornehmer Emigrirter gemeldet, der einen so übermüthigen Ton anstimmte, daß Pfuel ihm in derselben Weise erwiederte. Als dies die Ungezogenheit des Gastes vermehrte, sah sich Pfuel veranlaßt, ihn kurzweg zur Thür hinauszuwerfen. Darüber entstand unter den vielen, im Hause verkehrenden Franzosen ein ungeheurer Lärm; es ward bekannt, der Hinausgeworfene sei ein „Prince du sang“, ein Verwandter des königlichen Hauses. Sobald Pfuel dies erfuhr, ließ er dem beleidigten Prinzen Satisfaction anbieten, gleichviel ob auf Hieb, Stich oder Schuß. Zu seinem Unglücke wählte der königliche Verwandte, der bei der Kavallerie gedient, den Säbel, und erhielt von Pfuel eine tüchtige Schmarre über die Backe. In dem Feldzuge von 1813 hatte es sich herausgestellt, daß das Schwimmen für die Soldaten in vielen Fällen von großem Nutzen sei. General von Pfuel errichtete also bald nach dem Kriege am Oberbaume eine Schwimmanstalt, die, soviel ich weiß, noch jetzt seinen Namen trägt. Er selbst, als einer der besten Schwimmer, unterrichtete nach seiner neuen Methode zuerst eine Anzahl von Unteroffizieren, die dann als Lehrer der Gemeinen eintraten. Hier habe auch ich während meines Pionirjahres schwimmen gelernt. Die neue Methode unterscheidet sich von der alten dadurch, daß wir schwimmen wie die Frösche, nicht wie die Hunde. Auch in allen andern Leibesübungen, im Reiten, Laufen, Springen u. s. w. war Pfuel unübertroffen. Seine nicht große Gestalt zeigte das schönste Ebenmaaß; es gewährte Vergnügen, ihn mit raschem, leichtkräftigem Gange durch den Garten schreiten, oder ein breites Blumenbeet mit kurzem Sprunge überhüpfen zu sehn. Im Laufen hatte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0150" n="142"/> bei Pfuel ein vornehmer Emigrirter gemeldet, der einen so übermüthigen Ton anstimmte, daß Pfuel ihm in derselben Weise erwiederte. Als dies die Ungezogenheit des Gastes vermehrte, sah sich Pfuel veranlaßt, ihn kurzweg zur Thür hinauszuwerfen. Darüber entstand unter den vielen, im Hause verkehrenden Franzosen ein ungeheurer Lärm; es ward bekannt, der Hinausgeworfene sei ein „Prince du sang“, ein Verwandter des königlichen Hauses. Sobald Pfuel dies erfuhr, ließ er dem beleidigten Prinzen Satisfaction anbieten, gleichviel ob auf Hieb, Stich oder Schuß. Zu seinem Unglücke wählte der königliche Verwandte, der bei der Kavallerie gedient, den Säbel, und erhielt von Pfuel eine tüchtige Schmarre über die Backe. </p><lb/> <p>In dem Feldzuge von 1813 hatte es sich herausgestellt, daß das Schwimmen für die Soldaten in vielen Fällen von großem Nutzen sei. General von Pfuel errichtete also bald nach dem Kriege am Oberbaume eine Schwimmanstalt, die, soviel ich weiß, noch jetzt seinen Namen trägt. Er selbst, als einer der besten Schwimmer, unterrichtete nach seiner neuen Methode zuerst eine Anzahl von Unteroffizieren, die dann als Lehrer der Gemeinen eintraten. Hier habe auch ich während meines Pionirjahres schwimmen gelernt. Die neue Methode unterscheidet sich von der alten dadurch, daß wir schwimmen wie die Frösche, nicht wie die Hunde. </p><lb/> <p>Auch in allen andern Leibesübungen, im Reiten, Laufen, Springen u. s. w. war Pfuel unübertroffen. Seine nicht große Gestalt zeigte das schönste Ebenmaaß; es gewährte Vergnügen, ihn mit raschem, leichtkräftigem Gange durch den Garten schreiten, oder ein breites Blumenbeet mit kurzem Sprunge überhüpfen zu sehn. Im Laufen hatte </p> </div> </body> </text> </TEI> [142/0150]
bei Pfuel ein vornehmer Emigrirter gemeldet, der einen so übermüthigen Ton anstimmte, daß Pfuel ihm in derselben Weise erwiederte. Als dies die Ungezogenheit des Gastes vermehrte, sah sich Pfuel veranlaßt, ihn kurzweg zur Thür hinauszuwerfen. Darüber entstand unter den vielen, im Hause verkehrenden Franzosen ein ungeheurer Lärm; es ward bekannt, der Hinausgeworfene sei ein „Prince du sang“, ein Verwandter des königlichen Hauses. Sobald Pfuel dies erfuhr, ließ er dem beleidigten Prinzen Satisfaction anbieten, gleichviel ob auf Hieb, Stich oder Schuß. Zu seinem Unglücke wählte der königliche Verwandte, der bei der Kavallerie gedient, den Säbel, und erhielt von Pfuel eine tüchtige Schmarre über die Backe.
In dem Feldzuge von 1813 hatte es sich herausgestellt, daß das Schwimmen für die Soldaten in vielen Fällen von großem Nutzen sei. General von Pfuel errichtete also bald nach dem Kriege am Oberbaume eine Schwimmanstalt, die, soviel ich weiß, noch jetzt seinen Namen trägt. Er selbst, als einer der besten Schwimmer, unterrichtete nach seiner neuen Methode zuerst eine Anzahl von Unteroffizieren, die dann als Lehrer der Gemeinen eintraten. Hier habe auch ich während meines Pionirjahres schwimmen gelernt. Die neue Methode unterscheidet sich von der alten dadurch, daß wir schwimmen wie die Frösche, nicht wie die Hunde.
Auch in allen andern Leibesübungen, im Reiten, Laufen, Springen u. s. w. war Pfuel unübertroffen. Seine nicht große Gestalt zeigte das schönste Ebenmaaß; es gewährte Vergnügen, ihn mit raschem, leichtkräftigem Gange durch den Garten schreiten, oder ein breites Blumenbeet mit kurzem Sprunge überhüpfen zu sehn. Im Laufen hatte
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/150>, abgerufen am 26.07.2024. |