Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].in dauernder Freundschaft verbunden. Die Freimüthigkeit mit welcher sie ihre Beziehungen zu dem Betrüger Cagliostro bekannt gemacht, hatte ihr den Beifall und die Bewunderung der ganzen für Aufklärung schwärmenden gebildeten Welt erworben, an deren Spitze Nicolai stand. Als daher Frau von der Recke in Berlin erwartet wurde, freute sich Nicolai, ihr in seinem neuen Hause einen festlichen Empfang bereiten zu können. Allein es zeigte sich ein unerwartetes Hinderniß, indem Madame Nicolai erklärte, die fremde Dame sei ihr zu vornehm, und sie wolle sie nicht sehn. In der damaligen ceremoniösen Zeit war dies für einen Hausherrn ein noch schlimmerer Fall als jetzt. Allein was war zu thun? Es mußte wenigstens der Versuch gemacht werden, dies Hinderniß zu überwinden. Als Frau von der Recke bei Nicolai vorfuhr, eilte er ihr bis an den Wagen entgegen, und führte sie die Treppe hinauf, unter der Versicherung, daß er das neue Haus hauptsächlich darum erworben, um sie würdig empfangen zu können. Im Vorsaale verließ er sie, um seine Frau zu rufen, und Frau von der Recke hörte durch die halbgeöffnete Thür die sehr vernehmlichen Worte meiner Grosmutter: ich will von deinem adligen Pack nichts wissen! - Eine andre wäre wohl auf der Stelle umgekehrt, um das Haus nie wieder zu betreten; allein Elisa öffnete die Thüre ganz, trat in das Zimmer, und sagte mit der ihr eignen milden Hoheit: meine Liebe, ich bin kein adliges Pack, sondern die Freundin Ihres vortrefflichen Gemahles, und bitte Sie, auch meine Freundin zu sein! Wer hätte da widerstehn können? Die beiden Frauen wurden in der That Freundinnen; der lange fortgesetzte noch vorhandene Briefwechsel zeigt genugsam, daß in dauernder Freundschaft verbunden. Die Freimüthigkeit mit welcher sie ihre Beziehungen zu dem Betrüger Cagliostro bekannt gemacht, hatte ihr den Beifall und die Bewunderung der ganzen für Aufklärung schwärmenden gebildeten Welt erworben, an deren Spitze Nicolai stand. Als daher Frau von der Recke in Berlin erwartet wurde, freute sich Nicolai, ihr in seinem neuen Hause einen festlichen Empfang bereiten zu können. Allein es zeigte sich ein unerwartetes Hinderniß, indem Madame Nicolai erklärte, die fremde Dame sei ihr zu vornehm, und sie wolle sie nicht sehn. In der damaligen ceremoniösen Zeit war dies für einen Hausherrn ein noch schlimmerer Fall als jetzt. Allein was war zu thun? Es mußte wenigstens der Versuch gemacht werden, dies Hinderniß zu überwinden. Als Frau von der Recke bei Nicolai vorfuhr, eilte er ihr bis an den Wagen entgegen, und führte sie die Treppe hinauf, unter der Versicherung, daß er das neue Haus hauptsächlich darum erworben, um sie würdig empfangen zu können. Im Vorsaale verließ er sie, um seine Frau zu rufen, und Frau von der Recke hörte durch die halbgeöffnete Thür die sehr vernehmlichen Worte meiner Grosmutter: ich will von deinem adligen Pack nichts wissen! – Eine andre wäre wohl auf der Stelle umgekehrt, um das Haus nie wieder zu betreten; allein Elisa öffnete die Thüre ganz, trat in das Zimmer, und sagte mit der ihr eignen milden Hoheit: meine Liebe, ich bin kein adliges Pack, sondern die Freundin Ihres vortrefflichen Gemahles, und bitte Sie, auch meine Freundin zu sein! Wer hätte da widerstehn können? Die beiden Frauen wurden in der That Freundinnen; der lange fortgesetzte noch vorhandene Briefwechsel zeigt genugsam, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0050" n="38"/> in dauernder Freundschaft verbunden. Die Freimüthigkeit mit welcher sie ihre Beziehungen zu dem Betrüger Cagliostro bekannt gemacht, hatte ihr den Beifall und die Bewunderung der ganzen für Aufklärung schwärmenden gebildeten Welt erworben, an deren Spitze Nicolai stand. </p><lb/> <p>Als daher Frau von der Recke in Berlin erwartet wurde, freute sich Nicolai, ihr in seinem neuen Hause einen festlichen Empfang bereiten zu können. Allein es zeigte sich ein unerwartetes Hinderniß, indem Madame Nicolai erklärte, die fremde Dame sei ihr zu vornehm, und sie wolle sie nicht sehn. In der damaligen ceremoniösen Zeit war dies für einen Hausherrn ein noch schlimmerer Fall als jetzt. Allein was war zu thun? Es mußte wenigstens der Versuch gemacht werden, dies Hinderniß zu überwinden. Als Frau von der Recke bei Nicolai vorfuhr, eilte er ihr bis an den Wagen entgegen, und führte sie die Treppe hinauf, unter der Versicherung, daß er das neue Haus hauptsächlich darum erworben, um sie würdig empfangen zu können. Im Vorsaale verließ er sie, um seine Frau zu rufen, und Frau von der Recke hörte durch die halbgeöffnete Thür die sehr vernehmlichen Worte meiner Grosmutter: ich will von deinem adligen Pack nichts wissen! – Eine andre wäre wohl auf der Stelle umgekehrt, um das Haus nie wieder zu betreten; allein Elisa öffnete die Thüre ganz, trat in das Zimmer, und sagte mit der ihr eignen milden Hoheit: meine Liebe, ich bin kein adliges Pack, sondern die Freundin Ihres vortrefflichen Gemahles, und bitte Sie, auch meine Freundin zu sein! Wer hätte da widerstehn können? Die beiden Frauen wurden in der That Freundinnen; der lange fortgesetzte noch vorhandene Briefwechsel zeigt genugsam, daß </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0050]
in dauernder Freundschaft verbunden. Die Freimüthigkeit mit welcher sie ihre Beziehungen zu dem Betrüger Cagliostro bekannt gemacht, hatte ihr den Beifall und die Bewunderung der ganzen für Aufklärung schwärmenden gebildeten Welt erworben, an deren Spitze Nicolai stand.
Als daher Frau von der Recke in Berlin erwartet wurde, freute sich Nicolai, ihr in seinem neuen Hause einen festlichen Empfang bereiten zu können. Allein es zeigte sich ein unerwartetes Hinderniß, indem Madame Nicolai erklärte, die fremde Dame sei ihr zu vornehm, und sie wolle sie nicht sehn. In der damaligen ceremoniösen Zeit war dies für einen Hausherrn ein noch schlimmerer Fall als jetzt. Allein was war zu thun? Es mußte wenigstens der Versuch gemacht werden, dies Hinderniß zu überwinden. Als Frau von der Recke bei Nicolai vorfuhr, eilte er ihr bis an den Wagen entgegen, und führte sie die Treppe hinauf, unter der Versicherung, daß er das neue Haus hauptsächlich darum erworben, um sie würdig empfangen zu können. Im Vorsaale verließ er sie, um seine Frau zu rufen, und Frau von der Recke hörte durch die halbgeöffnete Thür die sehr vernehmlichen Worte meiner Grosmutter: ich will von deinem adligen Pack nichts wissen! – Eine andre wäre wohl auf der Stelle umgekehrt, um das Haus nie wieder zu betreten; allein Elisa öffnete die Thüre ganz, trat in das Zimmer, und sagte mit der ihr eignen milden Hoheit: meine Liebe, ich bin kein adliges Pack, sondern die Freundin Ihres vortrefflichen Gemahles, und bitte Sie, auch meine Freundin zu sein! Wer hätte da widerstehn können? Die beiden Frauen wurden in der That Freundinnen; der lange fortgesetzte noch vorhandene Briefwechsel zeigt genugsam, daß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/50 |
Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/50>, abgerufen am 05.07.2024. |