Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Kann denn kein Lied Krachen mit Macht, So laut wie die Schlacht Um Leipzigs Gebiet? Erst am 20. Oktober gelangte die Nachricht von der Schlacht nach Berlin. Am 21. hielt ein offizieller Kurier mit 28 blasenden Postillionen seinen Einzug. Er trug eine lederne Kuriertasche auf der Brust, durchritt mehrere Straßen, und verfügte sich, von dem unendlichen Jubel des Volkes begleitet, zuletzt nach der Kommandantur. Am 22. kam die zwar nicht authentische, aber allgemein geglaubte Nachricht, daß Napoleon auf der Flucht gefangen sei, und am 24. ward wiederum ein Dankfest mit 101 Kanonenschüssen im Lustgarten veranstaltet, an dem der Grosvater Eichmann diesmal keine Pulververschwendung auszusetzen fand. Die verbündeten Heere rückten nun auf allen Seiten vorwärts, und gelangten ohne Widerstand bis an den Rhein. Ganz Deutschland fiel ihnen zu. Baiern verließ das französische Bündniß schon am 8. Oktober, also vor der Entscheidungschlacht bei Leipzig, und ließ sein Heer unter dem General Wrede gegen den Rhein marschiren, um den Franzosen den Rückzug abzuschneiden. Allein dazu hätten größere Kräfte und ein besserer Feldherr gehört. Unklug genug warf sich Wrede dem mit seinen Garden heranziehenden Napoleon bei Hanau entgegen (31. Oktober), um ihm den Weg nach Frankfurt und Mainz zu versperren. Wredes aus Baiern und Oestreichern bestehendes Corps ward völlig auseinander gesprengt; er selbst erhielt eine Kugel in den Unterleib, die er bis an seinen, im höchsten Alter erfolgten Tod mit sich herum- Kann denn kein Lied Krachen mit Macht, So laut wie die Schlacht Um Leipzigs Gebiet? Erst am 20. Oktober gelangte die Nachricht von der Schlacht nach Berlin. Am 21. hielt ein offizieller Kurier mit 28 blasenden Postillionen seinen Einzug. Er trug eine lederne Kuriertasche auf der Brust, durchritt mehrere Straßen, und verfügte sich, von dem unendlichen Jubel des Volkes begleitet, zuletzt nach der Kommandantur. Am 22. kam die zwar nicht authentische, aber allgemein geglaubte Nachricht, daß Napoléon auf der Flucht gefangen sei, und am 24. ward wiederum ein Dankfest mit 101 Kanonenschüssen im Lustgarten veranstaltet, an dem der Grosvater Eichmann diesmal keine Pulververschwendung auszusetzen fand. Die verbündeten Heere rückten nun auf allen Seiten vorwärts, und gelangten ohne Widerstand bis an den Rhein. Ganz Deutschland fiel ihnen zu. Baiern verließ das französische Bündniß schon am 8. Oktober, also vor der Entscheidungschlacht bei Leipzig, und ließ sein Heer unter dem General Wrede gegen den Rhein marschiren, um den Franzosen den Rückzug abzuschneiden. Allein dazu hätten größere Kräfte und ein besserer Feldherr gehört. Unklug genug warf sich Wrede dem mit seinen Garden heranziehenden Napoléon bei Hanau entgegen (31. Oktober), um ihm den Weg nach Frankfurt und Mainz zu versperren. Wredes aus Baiern und Oestreichern bestehendes Corps ward völlig auseinander gesprengt; er selbst erhielt eine Kugel in den Unterleib, die er bis an seinen, im höchsten Alter erfolgten Tod mit sich herum- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0415" n="403"/> </p><lb/> <p>Kann denn kein Lied </p><lb/> <p>Krachen mit Macht, </p><lb/> <p>So laut wie die Schlacht </p><lb/> <p>Um Leipzigs Gebiet? </p><lb/> <p>Erst am 20. Oktober gelangte die Nachricht von der Schlacht nach Berlin. Am 21. hielt ein offizieller Kurier mit 28 blasenden Postillionen seinen Einzug. Er trug eine lederne Kuriertasche auf der Brust, durchritt mehrere Straßen, und verfügte sich, von dem unendlichen Jubel des Volkes begleitet, zuletzt nach der Kommandantur. Am 22. kam die zwar nicht authentische, aber allgemein geglaubte Nachricht, daß Napoléon auf der Flucht gefangen sei, und am 24. ward wiederum ein Dankfest mit 101 Kanonenschüssen im Lustgarten veranstaltet, an dem der Grosvater Eichmann diesmal keine Pulververschwendung auszusetzen fand. </p><lb/> <p>Die verbündeten Heere rückten nun auf allen Seiten vorwärts, und gelangten ohne Widerstand bis an den Rhein. Ganz Deutschland fiel ihnen zu. Baiern verließ das französische Bündniß schon am 8. Oktober, also vor der Entscheidungschlacht bei Leipzig, und ließ sein Heer unter dem General Wrede gegen den Rhein marschiren, um den Franzosen den Rückzug abzuschneiden. Allein dazu hätten größere Kräfte und ein besserer Feldherr gehört. Unklug genug warf sich Wrede dem mit seinen Garden heranziehenden Napoléon bei Hanau entgegen (31. Oktober), um ihm den Weg nach Frankfurt und Mainz zu versperren. Wredes aus Baiern und Oestreichern bestehendes Corps ward völlig auseinander gesprengt; er selbst erhielt eine Kugel in den Unterleib, die er bis an seinen, im höchsten Alter erfolgten Tod mit sich herum- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [403/0415]
Kann denn kein Lied
Krachen mit Macht,
So laut wie die Schlacht
Um Leipzigs Gebiet?
Erst am 20. Oktober gelangte die Nachricht von der Schlacht nach Berlin. Am 21. hielt ein offizieller Kurier mit 28 blasenden Postillionen seinen Einzug. Er trug eine lederne Kuriertasche auf der Brust, durchritt mehrere Straßen, und verfügte sich, von dem unendlichen Jubel des Volkes begleitet, zuletzt nach der Kommandantur. Am 22. kam die zwar nicht authentische, aber allgemein geglaubte Nachricht, daß Napoléon auf der Flucht gefangen sei, und am 24. ward wiederum ein Dankfest mit 101 Kanonenschüssen im Lustgarten veranstaltet, an dem der Grosvater Eichmann diesmal keine Pulververschwendung auszusetzen fand.
Die verbündeten Heere rückten nun auf allen Seiten vorwärts, und gelangten ohne Widerstand bis an den Rhein. Ganz Deutschland fiel ihnen zu. Baiern verließ das französische Bündniß schon am 8. Oktober, also vor der Entscheidungschlacht bei Leipzig, und ließ sein Heer unter dem General Wrede gegen den Rhein marschiren, um den Franzosen den Rückzug abzuschneiden. Allein dazu hätten größere Kräfte und ein besserer Feldherr gehört. Unklug genug warf sich Wrede dem mit seinen Garden heranziehenden Napoléon bei Hanau entgegen (31. Oktober), um ihm den Weg nach Frankfurt und Mainz zu versperren. Wredes aus Baiern und Oestreichern bestehendes Corps ward völlig auseinander gesprengt; er selbst erhielt eine Kugel in den Unterleib, die er bis an seinen, im höchsten Alter erfolgten Tod mit sich herum-
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/415>, abgerufen am 16.02.2025. |