Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Soldatenleben empfunden, und war auch bis dahin durch die mächtige Fürsprache seines Oheims, des Fürsten von Talleyrand, frei geblieben; aber bei der großen Auspressung des französischen Volkes, die Napoleon nach dem russischen Kriege vornahm, mußte auch der zierliche Edmund eintreten. Er diente als Offizier in einem französischen Husarenregiment. Auf die Frage meines Vaters, wie es denn gekommen sei, daß er in die Gefangenschaft gerathen, erwiederte er kleinlaut: par le nombre! Er blieb nur kurze Zeit in Berlin, wurde sehr bald ausgewechselt, und ging nach Paris zurück, wo ich ihn in derselben eleganten Gestalt, im Jahre 1820, im Hause seiner Schwiegermutter wiedersah. Er erinnerte sich sehr gut unserer ersten Bekanntschaft in Berlin. -------- Die leicht verwundeten preußischen Offiziere wurden bei den Bürgern einquartirt. Wir hatten die Freude, einen Herrn von Rode wieder bei uns zu sehn, der schon früher, nur auf ein paar Tage, als Hauptmann unser Gast gewesen. Jetzt blieb er länger, und wir wurden sehr gute Freunde. Als mein Vater ihn bei der ersten Begrüßung Herr Hauptmann nannte, rief er mit tönender Kommandostimme: es hat sich ausgehauptmannt! bin Major geworden! Seinen Erzählungen lauschten wir bei Tische mit unbeschreiblicher Theilnahme; auch des Abends, wenn er zum Thee blieb, drehte sich das Gespräch um nichts anderes als um die Kriegsereignisse. Er hatte einen Schuß durch die linke Schulter erhalten, als er bei Dennewitz seine Kompagnie zum dritten Male in's Feuer führte. Da hörten wir wieder den Wahlspruch: dreimal ist die Soldatenleben empfunden, und war auch bis dahin durch die mächtige Fürsprache seines Oheims, des Fürsten von Talleyrand, frei geblieben; aber bei der großen Auspressung des französischen Volkes, die Napoléon nach dem russischen Kriege vornahm, mußte auch der zierliche Edmund eintreten. Er diente als Offizier in einem französischen Husarenregiment. Auf die Frage meines Vaters, wie es denn gekommen sei, daß er in die Gefangenschaft gerathen, erwiederte er kleinlaut: par le nombre! Er blieb nur kurze Zeit in Berlin, wurde sehr bald ausgewechselt, und ging nach Paris zurück, wo ich ihn in derselben eleganten Gestalt, im Jahre 1820, im Hause seiner Schwiegermutter wiedersah. Er erinnerte sich sehr gut unserer ersten Bekanntschaft in Berlin. ———— Die leicht verwundeten preußischen Offiziere wurden bei den Bürgern einquartirt. Wir hatten die Freude, einen Herrn von Rode wieder bei uns zu sehn, der schon früher, nur auf ein paar Tage, als Hauptmann unser Gast gewesen. Jetzt blieb er länger, und wir wurden sehr gute Freunde. Als mein Vater ihn bei der ersten Begrüßung Herr Hauptmann nannte, rief er mit tönender Kommandostimme: es hat sich ausgehauptmannt! bin Major geworden! Seinen Erzählungen lauschten wir bei Tische mit unbeschreiblicher Theilnahme; auch des Abends, wenn er zum Thee blieb, drehte sich das Gespräch um nichts anderes als um die Kriegsereignisse. Er hatte einen Schuß durch die linke Schulter erhalten, als er bei Dennewitz seine Kompagnie zum dritten Male in’s Feuer führte. Da hörten wir wieder den Wahlspruch: dreimal ist die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0408" n="396"/> Soldatenleben empfunden, und war auch bis dahin durch die mächtige Fürsprache seines Oheims, des Fürsten von Talleyrand, frei geblieben; aber bei der großen Auspressung des französischen Volkes, die Napoléon nach dem russischen Kriege vornahm, mußte auch der zierliche Edmund eintreten. Er diente als Offizier in einem französischen Husarenregiment. Auf die Frage meines Vaters, wie es denn gekommen sei, daß er in die Gefangenschaft gerathen, erwiederte er kleinlaut: par le nombre! Er blieb nur kurze Zeit in Berlin, wurde sehr bald ausgewechselt, und ging nach Paris zurück, wo ich ihn in derselben eleganten Gestalt, im Jahre 1820, im Hause seiner Schwiegermutter wiedersah. Er erinnerte sich sehr gut unserer ersten Bekanntschaft in Berlin. </p><lb/> <p rendition="#c">————</p><lb/> <p>Die leicht verwundeten preußischen Offiziere wurden bei den Bürgern einquartirt. Wir hatten die Freude, einen Herrn von Rode wieder bei uns zu sehn, der schon früher, nur auf ein paar Tage, als Hauptmann unser Gast gewesen. Jetzt blieb er länger, und wir wurden sehr gute Freunde. Als mein Vater ihn bei der ersten Begrüßung Herr Hauptmann nannte, rief er mit tönender Kommandostimme: es hat sich ausgehauptmannt! bin Major geworden! Seinen Erzählungen lauschten wir bei Tische mit unbeschreiblicher Theilnahme; auch des Abends, wenn er zum Thee blieb, drehte sich das Gespräch um nichts anderes als um die Kriegsereignisse. Er hatte einen Schuß durch die linke Schulter erhalten, als er bei Dennewitz seine Kompagnie zum dritten Male in’s Feuer führte. Da hörten wir wieder den Wahlspruch: dreimal ist die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [396/0408]
Soldatenleben empfunden, und war auch bis dahin durch die mächtige Fürsprache seines Oheims, des Fürsten von Talleyrand, frei geblieben; aber bei der großen Auspressung des französischen Volkes, die Napoléon nach dem russischen Kriege vornahm, mußte auch der zierliche Edmund eintreten. Er diente als Offizier in einem französischen Husarenregiment. Auf die Frage meines Vaters, wie es denn gekommen sei, daß er in die Gefangenschaft gerathen, erwiederte er kleinlaut: par le nombre! Er blieb nur kurze Zeit in Berlin, wurde sehr bald ausgewechselt, und ging nach Paris zurück, wo ich ihn in derselben eleganten Gestalt, im Jahre 1820, im Hause seiner Schwiegermutter wiedersah. Er erinnerte sich sehr gut unserer ersten Bekanntschaft in Berlin.
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Die leicht verwundeten preußischen Offiziere wurden bei den Bürgern einquartirt. Wir hatten die Freude, einen Herrn von Rode wieder bei uns zu sehn, der schon früher, nur auf ein paar Tage, als Hauptmann unser Gast gewesen. Jetzt blieb er länger, und wir wurden sehr gute Freunde. Als mein Vater ihn bei der ersten Begrüßung Herr Hauptmann nannte, rief er mit tönender Kommandostimme: es hat sich ausgehauptmannt! bin Major geworden! Seinen Erzählungen lauschten wir bei Tische mit unbeschreiblicher Theilnahme; auch des Abends, wenn er zum Thee blieb, drehte sich das Gespräch um nichts anderes als um die Kriegsereignisse. Er hatte einen Schuß durch die linke Schulter erhalten, als er bei Dennewitz seine Kompagnie zum dritten Male in’s Feuer führte. Da hörten wir wieder den Wahlspruch: dreimal ist die
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/408>, abgerufen am 05.07.2024. |