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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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Er wurde mit Jubel aufgenommen, und auf Schritt und Tritt von der neugierigen Jugend begleitet. Schon hier zeigte sich seine unzufriedene Natur, die ihm später so vieles unverdiente Leid zuzog. Er erging sich in den stärksten Redensarten über alle Verhältnisse und Personen, die ihm nicht gefielen. Er war das, was die Berliner mit einem fremden, schwer zu übersetzenden Ausdrucke einen Raisonneur nennen. Mußte man auch sein redliches Streben und seine großen Verdienste um verbesserte körperliche Volkserziehung anerkennen, so konnte man doch unmöglich seine maaßlosen Ausfälle auf hohe und höchste Staatsbeamte gut heißen. Nur weniges ist mir von jenem kurzen Besuche in der Erinnerung geblieben; der allgemeine Eindruck war der, daß Jahn an allem was vorging, etwas zu tadeln fand. Er tadelte den Waffenstillstand als einen unnützen Zeitverlust, er tadelte die Art der Kriegführung, die unnützen Hin- und Hermärsche, und viele andre Dinge, von denen er wahrscheinlich viel zu wenig verstand, um darüber ein richtiges Urtheil abgeben zu können. Den Ueberfall der Lützowschen Reiter bei Kitzen erklärte er für den schwärzesten Verrath, der je von Deutschen an Deutschen begangen worden sei, tadelte aber auch auf das strengste die preußischen Anführer, daß sie sich nicht besser vorgesehn. Von dem Schicksale des verwundeten Theodor Körner wußte er nichts anzugeben.

Wer beschreibt unser freudiges Erstaunen, als wenige Tage darauf, am 4. Aug., Theodor Körner wohlbehalten in Berlin anlangte. Er wohnte 5 Tage in unserm Hause in der Brüderstraße, wo mein Vater ihn wie einen Sohn aufnahm. Täglich kam er nach der Blumenstraße hinaus, und wir kannten keinen größeren Genuß, als an der Seite

Er wurde mit Jubel aufgenommen, und auf Schritt und Tritt von der neugierigen Jugend begleitet. Schon hier zeigte sich seine unzufriedene Natur, die ihm später so vieles unverdiente Leid zuzog. Er erging sich in den stärksten Redensarten über alle Verhältnisse und Personen, die ihm nicht gefielen. Er war das, was die Berliner mit einem fremden, schwer zu übersetzenden Ausdrucke einen Raisonneur nennen. Mußte man auch sein redliches Streben und seine großen Verdienste um verbesserte körperliche Volkserziehung anerkennen, so konnte man doch unmöglich seine maaßlosen Ausfälle auf hohe und höchste Staatsbeamte gut heißen. Nur weniges ist mir von jenem kurzen Besuche in der Erinnerung geblieben; der allgemeine Eindruck war der, daß Jahn an allem was vorging, etwas zu tadeln fand. Er tadelte den Waffenstillstand als einen unnützen Zeitverlust, er tadelte die Art der Kriegführung, die unnützen Hin- und Hermärsche, und viele andre Dinge, von denen er wahrscheinlich viel zu wenig verstand, um darüber ein richtiges Urtheil abgeben zu können. Den Ueberfall der Lützowschen Reiter bei Kitzen erklärte er für den schwärzesten Verrath, der je von Deutschen an Deutschen begangen worden sei, tadelte aber auch auf das strengste die preußischen Anführer, daß sie sich nicht besser vorgesehn. Von dem Schicksale des verwundeten Theodor Körner wußte er nichts anzugeben.

Wer beschreibt unser freudiges Erstaunen, als wenige Tage darauf, am 4. Aug., Theodor Körner wohlbehalten in Berlin anlangte. Er wohnte 5 Tage in unserm Hause in der Brüderstraße, wo mein Vater ihn wie einen Sohn aufnahm. Täglich kam er nach der Blumenstraße hinaus, und wir kannten keinen größeren Genuß, als an der Seite

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Er wurde mit Jubel aufgenommen, und auf Schritt und Tritt von der neugierigen Jugend begleitet. Schon hier zeigte sich seine unzufriedene Natur, die ihm später so vieles unverdiente Leid zuzog. Er erging sich in den stärksten Redensarten über alle Verhältnisse und Personen, die ihm nicht gefielen. Er war das, was die Berliner mit einem fremden, schwer zu übersetzenden Ausdrucke einen Raisonneur nennen. Mußte man auch sein redliches Streben und seine großen Verdienste um verbesserte körperliche Volkserziehung anerkennen, so konnte man doch unmöglich seine maaßlosen Ausfälle auf hohe und höchste Staatsbeamte gut heißen. Nur weniges ist mir von jenem kurzen Besuche in der Erinnerung geblieben; der allgemeine Eindruck war der, daß Jahn an allem was vorging, etwas zu tadeln fand. Er tadelte den Waffenstillstand als einen unnützen Zeitverlust, er tadelte die Art der Kriegführung, die unnützen Hin- und Hermärsche, und viele andre Dinge, von denen er wahrscheinlich viel zu wenig verstand, um darüber ein richtiges Urtheil abgeben zu können. Den Ueberfall der Lützowschen Reiter bei Kitzen erklärte er für den schwärzesten Verrath, der je von Deutschen an Deutschen begangen worden sei, tadelte aber auch auf das strengste die preußischen Anführer, daß sie sich nicht besser vorgesehn. Von dem Schicksale des verwundeten Theodor Körner wußte er nichts anzugeben. </p><lb/>
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[375/0387] Er wurde mit Jubel aufgenommen, und auf Schritt und Tritt von der neugierigen Jugend begleitet. Schon hier zeigte sich seine unzufriedene Natur, die ihm später so vieles unverdiente Leid zuzog. Er erging sich in den stärksten Redensarten über alle Verhältnisse und Personen, die ihm nicht gefielen. Er war das, was die Berliner mit einem fremden, schwer zu übersetzenden Ausdrucke einen Raisonneur nennen. Mußte man auch sein redliches Streben und seine großen Verdienste um verbesserte körperliche Volkserziehung anerkennen, so konnte man doch unmöglich seine maaßlosen Ausfälle auf hohe und höchste Staatsbeamte gut heißen. Nur weniges ist mir von jenem kurzen Besuche in der Erinnerung geblieben; der allgemeine Eindruck war der, daß Jahn an allem was vorging, etwas zu tadeln fand. Er tadelte den Waffenstillstand als einen unnützen Zeitverlust, er tadelte die Art der Kriegführung, die unnützen Hin- und Hermärsche, und viele andre Dinge, von denen er wahrscheinlich viel zu wenig verstand, um darüber ein richtiges Urtheil abgeben zu können. Den Ueberfall der Lützowschen Reiter bei Kitzen erklärte er für den schwärzesten Verrath, der je von Deutschen an Deutschen begangen worden sei, tadelte aber auch auf das strengste die preußischen Anführer, daß sie sich nicht besser vorgesehn. Von dem Schicksale des verwundeten Theodor Körner wußte er nichts anzugeben. Wer beschreibt unser freudiges Erstaunen, als wenige Tage darauf, am 4. Aug., Theodor Körner wohlbehalten in Berlin anlangte. Er wohnte 5 Tage in unserm Hause in der Brüderstraße, wo mein Vater ihn wie einen Sohn aufnahm. Täglich kam er nach der Blumenstraße hinaus, und wir kannten keinen größeren Genuß, als an der Seite

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/387>, abgerufen am 22.11.2024.