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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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Schon in Berlin hatte mein Vater uns oft von den Schönheiten der Brühlschen Terrasse erzählt, aber in Dresden fanden wir, daß es nicht so leicht sei, dahin zu gelangen. Die breite Freitreppe existirte noch nicht; sie wurde erst während der russischen Besetzung der Stadt in den Freiheitskriegen erbaut. Das Brühlsche Palais war Eigenthum des Königs von Sachsen, und wie alle königlichen Gebäude fast hermetisch verschlossen. Allein Vetter Christian hatte Bekannte unter der Hofdienerschaft; er führte uns eines Tages durch viele dunkle Straßen an die Hintertreppe des Palais, wo auf wiederholtes Klingeln und gegen ein gutes Trinkgeld die Thür sich öffnete. Wir konnten uns nun an der freundlichen Aussicht erlaben, die stromaufwärts nur die bewaldeten Elbufer zeigte; von den zahlreichen jetzigen Landhäusern war außer Findlaters noch nichts zu sehn.

Auch die Bildergallerie ward als Privateigenthum des Königs betrachtet; sie befand sich in einem Seitenflügel des Schlosses; man mußte einen öden Hof voller Pferdeställe durchschreiten, und eine ausgetretene steinerne Treppe hinanklettem, dann gelangte man an eine hohe verschlossene Thür, die nur gegen ein Eintrittsgeld von einem Dukaten sich öffnete. Dieser wurde ein für allemal für jede fremde Gesellschaft entrichtet, und kam bei dem Gehalte des Galleriedirektors mit in Anrechnung. Da die Einheimischen diese Ausgabe scheuten, so waren die Schätze der Gallerie bei dem Dresdner Publikum fast ganz unbekannt. Mein Vater entrichtete jedoch den Dukaten, um uns diesen seltenen Genuß zu verschaffen, allein wir waren nicht reif dafür, und wurden von der Masse der Bilder förmlich erdrückt. Vetter Christian machte zwar mit der grösten

Schon in Berlin hatte mein Vater uns oft von den Schönheiten der Brühlschen Terrasse erzählt, aber in Dresden fanden wir, daß es nicht so leicht sei, dahin zu gelangen. Die breite Freitreppe existirte noch nicht; sie wurde erst während der russischen Besetzung der Stadt in den Freiheitskriegen erbaut. Das Brühlsche Palais war Eigenthum des Königs von Sachsen, und wie alle königlichen Gebäude fast hermetisch verschlossen. Allein Vetter Christian hatte Bekannte unter der Hofdienerschaft; er führte uns eines Tages durch viele dunkle Straßen an die Hintertreppe des Palais, wo auf wiederholtes Klingeln und gegen ein gutes Trinkgeld die Thür sich öffnete. Wir konnten uns nun an der freundlichen Aussicht erlaben, die stromaufwärts nur die bewaldeten Elbufer zeigte; von den zahlreichen jetzigen Landhäusern war außer Findlaters noch nichts zu sehn.

Auch die Bildergallerie ward als Privateigenthum des Königs betrachtet; sie befand sich in einem Seitenflügel des Schlosses; man mußte einen öden Hof voller Pferdeställe durchschreiten, und eine ausgetretene steinerne Treppe hinanklettem, dann gelangte man an eine hohe verschlossene Thür, die nur gegen ein Eintrittsgeld von einem Dukaten sich öffnete. Dieser wurde ein für allemal für jede fremde Gesellschaft entrichtet, und kam bei dem Gehalte des Galleriedirektors mit in Anrechnung. Da die Einheimischen diese Ausgabe scheuten, so waren die Schätze der Gallerie bei dem Dresdner Publikum fast ganz unbekannt. Mein Vater entrichtete jedoch den Dukaten, um uns diesen seltenen Genuß zu verschaffen, allein wir waren nicht reif dafür, und wurden von der Masse der Bilder förmlich erdrückt. Vetter Christian machte zwar mit der grösten

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[296/0308] Schon in Berlin hatte mein Vater uns oft von den Schönheiten der Brühlschen Terrasse erzählt, aber in Dresden fanden wir, daß es nicht so leicht sei, dahin zu gelangen. Die breite Freitreppe existirte noch nicht; sie wurde erst während der russischen Besetzung der Stadt in den Freiheitskriegen erbaut. Das Brühlsche Palais war Eigenthum des Königs von Sachsen, und wie alle königlichen Gebäude fast hermetisch verschlossen. Allein Vetter Christian hatte Bekannte unter der Hofdienerschaft; er führte uns eines Tages durch viele dunkle Straßen an die Hintertreppe des Palais, wo auf wiederholtes Klingeln und gegen ein gutes Trinkgeld die Thür sich öffnete. Wir konnten uns nun an der freundlichen Aussicht erlaben, die stromaufwärts nur die bewaldeten Elbufer zeigte; von den zahlreichen jetzigen Landhäusern war außer Findlaters noch nichts zu sehn. Auch die Bildergallerie ward als Privateigenthum des Königs betrachtet; sie befand sich in einem Seitenflügel des Schlosses; man mußte einen öden Hof voller Pferdeställe durchschreiten, und eine ausgetretene steinerne Treppe hinanklettem, dann gelangte man an eine hohe verschlossene Thür, die nur gegen ein Eintrittsgeld von einem Dukaten sich öffnete. Dieser wurde ein für allemal für jede fremde Gesellschaft entrichtet, und kam bei dem Gehalte des Galleriedirektors mit in Anrechnung. Da die Einheimischen diese Ausgabe scheuten, so waren die Schätze der Gallerie bei dem Dresdner Publikum fast ganz unbekannt. Mein Vater entrichtete jedoch den Dukaten, um uns diesen seltenen Genuß zu verschaffen, allein wir waren nicht reif dafür, und wurden von der Masse der Bilder förmlich erdrückt. Vetter Christian machte zwar mit der grösten

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/308>, abgerufen am 25.11.2024.