Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

Bild:
<< vorherige Seite

Tochter des Bürgermeisters Jeschke, meine rechte Grosmutter kennen lernte, sah er wohl ein, daß er nicht bloß von seinen Renten werde leben können, und gründete ein neues Leinwebergeschäft, unter großem Widerspruche der übrigen Verwandten, welche bereits angefangen hatten, die ergiebige Kundschaft an sich zu ziehen.

In zweiter Ehe hatte mein Grosvater Parthey vier Kinder, von denen mein Vater das älteste war. Er wurde den 26. Dec. 1746, an dem Tage geboren, wo nach der Schlacht von Kesselsdorf der Friede zwischen Sachsen und Preußen zu Stande kam. "Darum soll er Fried-reich heißen", sagte sein Vater.

Von dem Grosvater Parthey besitze ich das Vorstehblatt zu Scrivers Seelen-Schatz, worauf er folgendes eigenhändig bemerkt:

"Dieses Buch habe ich Dem Trey-einigen Gott zu Ehern, mir aber zu erbauung in meinem Christen-Tuhum gekaufft Die Leipziger Oster-Messe 1729. Daniel Parthey, gebohrn 1696 den 24. Sebdemb. Simpolum. Gedencke meiner, mein Gott im Besten. Stoss mich nicht von Deiner Seiten, wenn mein Hohes Alter kömbt, Da die schwachen Tritte gleiten, und man Trost an Stecken nimbt, da greiff Du mir an die Arme: Fall ich nieder, so erbarme Du Dich, hilff mir in die Höh, und halt, biss ich wieder steh."


Steigen wir in meiner Familie noch weiter hinauf, so war der Urgrosvater Parthey ebenfalls als Zeug- und Leineweber in Frankenberg ansässig. Einer seiner Brüder, desselben Handwerkes, hat sich weit in der Welt umgethan. Als Geselle kam er i. J. 1677 auf der Wanderschaft nach Amsterdam, ließ sich von der holländisch-

Tochter des Bürgermeisters Jeschke, meine rechte Grosmutter kennen lernte, sah er wohl ein, daß er nicht bloß von seinen Renten werde leben können, und gründete ein neues Leinwebergeschäft, unter großem Widerspruche der übrigen Verwandten, welche bereits angefangen hatten, die ergiebige Kundschaft an sich zu ziehen.

In zweiter Ehe hatte mein Grosvater Parthey vier Kinder, von denen mein Vater das älteste war. Er wurde den 26. Dec. 1746, an dem Tage geboren, wo nach der Schlacht von Kesselsdorf der Friede zwischen Sachsen und Preußen zu Stande kam. „Darum soll er Fried-reich heißen“, sagte sein Vater.

Von dem Grosvater Parthey besitze ich das Vorstehblatt zu Scrivers Seelen-Schatz, worauf er folgendes eigenhändig bemerkt:

„Dieses Buch habe ich Dem Trey-einigen Gott zu Ehern, mir aber zu erbauung in meinem Christen-Tuhum gekaufft Die Leipziger Oster-Messe 1729. Daniel Parthey, gebohrn 1696 den 24. Sebdemb. Simpolum. Gedencke meiner, mein Gott im Besten. Stoss mich nicht von Deiner Seiten, wenn mein Hohes Alter kömbt, Da die schwachen Tritte gleiten, und man Trost an Stecken nimbt, da greiff Du mir an die Arme: Fall ich nieder, so erbarme Du Dich, hilff mir in die Höh, und halt, biss ich wieder steh.“


Steigen wir in meiner Familie noch weiter hinauf, so war der Urgrosvater Parthey ebenfalls als Zeug- und Leineweber in Frankenberg ansässig. Einer seiner Brüder, desselben Handwerkes, hat sich weit in der Welt umgethan. Als Geselle kam er i. J. 1677 auf der Wanderschaft nach Amsterdam, ließ sich von der holländisch-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030" n="18"/>
Tochter des Bürgermeisters Jeschke, meine rechte Grosmutter kennen lernte, sah er wohl ein, daß er nicht bloß von seinen Renten werde leben können, und gründete ein neues Leinwebergeschäft, unter großem Widerspruche der übrigen Verwandten, welche bereits angefangen hatten, die ergiebige Kundschaft an sich zu ziehen. </p><lb/>
        <p>In zweiter Ehe hatte mein Grosvater Parthey vier Kinder, von denen mein Vater das älteste war. Er wurde den 26. Dec. 1746, an dem Tage geboren, wo nach der Schlacht von Kesselsdorf der Friede zwischen Sachsen und Preußen zu Stande kam. &#x201E;Darum soll er Fried-reich heißen&#x201C;, sagte sein Vater. </p><lb/>
        <p>Von dem Grosvater Parthey besitze ich das Vorstehblatt zu Scrivers Seelen-Schatz, worauf er folgendes eigenhändig bemerkt: </p><lb/>
        <cit>
          <quote>
            <p rendition="#et">&#x201E;Dieses Buch habe ich Dem Trey-einigen Gott zu Ehern, mir aber zu erbauung in meinem Christen-Tuhum gekaufft Die Leipziger Oster-Messe 1729. Daniel Parthey, gebohrn 1696 den 24. Sebdemb. Simpolum. Gedencke meiner, mein Gott im Besten. Stoss mich nicht von Deiner Seiten, wenn mein Hohes Alter kömbt, Da die schwachen Tritte gleiten, und man Trost an Stecken nimbt, da greiff Du mir an die Arme: Fall ich nieder, so erbarme Du Dich, hilff mir in die Höh, und halt, biss ich wieder steh.&#x201C; </p>
          </quote>
        </cit><lb/>
        <p>Steigen wir in meiner Familie noch weiter hinauf, so war der Urgrosvater Parthey ebenfalls als Zeug- und Leineweber in Frankenberg ansässig. Einer seiner Brüder, desselben Handwerkes, hat sich weit in der Welt umgethan. Als Geselle kam er i. J. 1677 auf der Wanderschaft nach Amsterdam, ließ sich von der holländisch-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0030] Tochter des Bürgermeisters Jeschke, meine rechte Grosmutter kennen lernte, sah er wohl ein, daß er nicht bloß von seinen Renten werde leben können, und gründete ein neues Leinwebergeschäft, unter großem Widerspruche der übrigen Verwandten, welche bereits angefangen hatten, die ergiebige Kundschaft an sich zu ziehen. In zweiter Ehe hatte mein Grosvater Parthey vier Kinder, von denen mein Vater das älteste war. Er wurde den 26. Dec. 1746, an dem Tage geboren, wo nach der Schlacht von Kesselsdorf der Friede zwischen Sachsen und Preußen zu Stande kam. „Darum soll er Fried-reich heißen“, sagte sein Vater. Von dem Grosvater Parthey besitze ich das Vorstehblatt zu Scrivers Seelen-Schatz, worauf er folgendes eigenhändig bemerkt: „Dieses Buch habe ich Dem Trey-einigen Gott zu Ehern, mir aber zu erbauung in meinem Christen-Tuhum gekaufft Die Leipziger Oster-Messe 1729. Daniel Parthey, gebohrn 1696 den 24. Sebdemb. Simpolum. Gedencke meiner, mein Gott im Besten. Stoss mich nicht von Deiner Seiten, wenn mein Hohes Alter kömbt, Da die schwachen Tritte gleiten, und man Trost an Stecken nimbt, da greiff Du mir an die Arme: Fall ich nieder, so erbarme Du Dich, hilff mir in die Höh, und halt, biss ich wieder steh.“ Steigen wir in meiner Familie noch weiter hinauf, so war der Urgrosvater Parthey ebenfalls als Zeug- und Leineweber in Frankenberg ansässig. Einer seiner Brüder, desselben Handwerkes, hat sich weit in der Welt umgethan. Als Geselle kam er i. J. 1677 auf der Wanderschaft nach Amsterdam, ließ sich von der holländisch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-01-07T13:04:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1) (2014-01-07T13:04:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • Kolumnentitel: nicht übernommen
  • Kustoden: nicht übernommen
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/30
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/30>, abgerufen am 24.11.2024.