Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].schlacht bei Wagram, wobei er nicht einmal alle seine Truppen ins Feuer führte, denn es hieß in seinem Siegesbulletin: la Garde n'a pas ete entamee! Der Erzherzog Karl, der von seinen Verehrern als ein Meister im Rückzuge gelobt wurde, legte nach dieser Schlappe seine Feldherrnwürde nieder, und am 14. Okt. 1809 ward der Friede in Wien abgeschlossen, in dem Oestreich eine Menge Provinzen, theils an Sachsen, theils an Bayern, theils an Frankreich selbst abtreten mußte. Tirol sollte in diesem Frieden an Bayern kommen, doch die Tiroler empörten sich gegen die neuen Herren in einem gefährlichen Aufstande. Von Hofers heldenmüthigen Kämpfen und theilweisen Siegen kamen nur sehr gefärbte Nachrichten in unsre Zeitungen. Die älteren Leute sahen wohl die Hoffnungslosigkeit eines solchen Unternehmens ein, doch wir Jüngeren jubelten bei jeder geheimen Kunde von den Hoferschen Erfolgen. Noch erinnre ich mich eines Kraftwortes des Grosvaters Eichmann, der bei dieser Gelegenheit äußerte: der kleine Täckel beißt zwar ordentlich, aber er kann gegen den großen Bullenbeißer doch nicht aufkommen! Mit Schmerz und Lust hörten wir, daß zwar die Tiroler der Uebermacht unterlegen, daß aber Hofer verschwunden, mithin gerettet sei. Nur zu bald kam die sichere Anzeige, der brave Sandwirth sei in seinem Gebirgsverstecke aufgefunden, gefangen und am 20. Febr. 1810 auf den Wällen von Mantua erschossen worden. Als ich in späteren Jahren Hebels schlacht bei Wagram, wobei er nicht einmal alle seine Truppen ins Feuer führte, denn es hieß in seinem Siegesbulletin: la Garde n’a pas ete entamee! Der Erzherzog Karl, der von seinen Verehrern als ein Meister im Rückzuge gelobt wurde, legte nach dieser Schlappe seine Feldherrnwürde nieder, und am 14. Okt. 1809 ward der Friede in Wien abgeschlossen, in dem Oestreich eine Menge Provinzen, theils an Sachsen, theils an Bayern, theils an Frankreich selbst abtreten mußte. Tirol sollte in diesem Frieden an Bayern kommen, doch die Tiroler empörten sich gegen die neuen Herren in einem gefährlichen Aufstande. Von Hofers heldenmüthigen Kämpfen und theilweisen Siegen kamen nur sehr gefärbte Nachrichten in unsre Zeitungen. Die älteren Leute sahen wohl die Hoffnungslosigkeit eines solchen Unternehmens ein, doch wir Jüngeren jubelten bei jeder geheimen Kunde von den Hoferschen Erfolgen. Noch erinnre ich mich eines Kraftwortes des Grosvaters Eichmann, der bei dieser Gelegenheit äußerte: der kleine Täckel beißt zwar ordentlich, aber er kann gegen den großen Bullenbeißer doch nicht aufkommen! Mit Schmerz und Lust hörten wir, daß zwar die Tiroler der Uebermacht unterlegen, daß aber Hofer verschwunden, mithin gerettet sei. Nur zu bald kam die sichere Anzeige, der brave Sandwirth sei in seinem Gebirgsverstecke aufgefunden, gefangen und am 20. Febr. 1810 auf den Wällen von Mantua erschossen worden. Als ich in späteren Jahren Hebels ‹Schatzkästlein› in die Hände bekam und mit Entzücken durchlas, verletzte mich aufs tiefste ein Aufsatz über A. Hofer, der in spöttischer und verächtlicher Weise die thörichte Auflehnung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0284" n="272"/> schlacht bei Wagram, wobei er nicht einmal alle seine Truppen ins Feuer führte, denn es hieß in seinem Siegesbulletin: la Garde n’a pas ete entamee! Der Erzherzog Karl, der von seinen Verehrern als ein Meister im Rückzuge gelobt wurde, legte nach dieser Schlappe seine Feldherrnwürde nieder, und am 14. Okt. 1809 ward der Friede in Wien abgeschlossen, in dem Oestreich eine Menge Provinzen, theils an Sachsen, theils an Bayern, theils an Frankreich selbst abtreten mußte. </p><lb/> <p>Tirol sollte in diesem Frieden an Bayern kommen, doch die Tiroler empörten sich gegen die neuen Herren in einem gefährlichen Aufstande. Von Hofers heldenmüthigen Kämpfen und theilweisen Siegen kamen nur sehr gefärbte Nachrichten in unsre Zeitungen. Die älteren Leute sahen wohl die Hoffnungslosigkeit eines solchen Unternehmens ein, doch wir Jüngeren jubelten bei jeder geheimen Kunde von den Hoferschen Erfolgen. Noch erinnre ich mich eines Kraftwortes des Grosvaters Eichmann, der bei dieser Gelegenheit äußerte: der kleine Täckel beißt zwar ordentlich, aber er kann gegen den großen Bullenbeißer doch nicht aufkommen! Mit Schmerz und Lust hörten wir, daß zwar die Tiroler der Uebermacht unterlegen, daß aber Hofer verschwunden, mithin gerettet sei. Nur zu bald kam die sichere Anzeige, der brave Sandwirth sei in seinem Gebirgsverstecke aufgefunden, gefangen und am 20. Febr. 1810 auf den Wällen von Mantua erschossen worden. </p><lb/> <p>Als ich in späteren Jahren Hebels ‹Schatzkästlein› in die Hände bekam und mit Entzücken durchlas, verletzte mich aufs tiefste ein Aufsatz über A. Hofer, der in spöttischer und verächtlicher Weise die thörichte Auflehnung </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [272/0284]
schlacht bei Wagram, wobei er nicht einmal alle seine Truppen ins Feuer führte, denn es hieß in seinem Siegesbulletin: la Garde n’a pas ete entamee! Der Erzherzog Karl, der von seinen Verehrern als ein Meister im Rückzuge gelobt wurde, legte nach dieser Schlappe seine Feldherrnwürde nieder, und am 14. Okt. 1809 ward der Friede in Wien abgeschlossen, in dem Oestreich eine Menge Provinzen, theils an Sachsen, theils an Bayern, theils an Frankreich selbst abtreten mußte.
Tirol sollte in diesem Frieden an Bayern kommen, doch die Tiroler empörten sich gegen die neuen Herren in einem gefährlichen Aufstande. Von Hofers heldenmüthigen Kämpfen und theilweisen Siegen kamen nur sehr gefärbte Nachrichten in unsre Zeitungen. Die älteren Leute sahen wohl die Hoffnungslosigkeit eines solchen Unternehmens ein, doch wir Jüngeren jubelten bei jeder geheimen Kunde von den Hoferschen Erfolgen. Noch erinnre ich mich eines Kraftwortes des Grosvaters Eichmann, der bei dieser Gelegenheit äußerte: der kleine Täckel beißt zwar ordentlich, aber er kann gegen den großen Bullenbeißer doch nicht aufkommen! Mit Schmerz und Lust hörten wir, daß zwar die Tiroler der Uebermacht unterlegen, daß aber Hofer verschwunden, mithin gerettet sei. Nur zu bald kam die sichere Anzeige, der brave Sandwirth sei in seinem Gebirgsverstecke aufgefunden, gefangen und am 20. Febr. 1810 auf den Wällen von Mantua erschossen worden.
Als ich in späteren Jahren Hebels ‹Schatzkästlein› in die Hände bekam und mit Entzücken durchlas, verletzte mich aufs tiefste ein Aufsatz über A. Hofer, der in spöttischer und verächtlicher Weise die thörichte Auflehnung
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