Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].nen systematischen Namen anbringen." Gesagt, gethan. Ich bemächtigte mich im Holzstalle einiger guten kienenen Klötze, spaltete sie in kleine Theile, und verfertigte auf der Schnitzelbank des Gärtners etwa ein Schock zierlicher, unten zugespitzter Brettchen, worauf ich nun gleich die Namen mit Tusche auftragen wollte. Die Tante belehrte mich jedoch, daß dies nicht einem einzigen Regengusse widerstehn könne. Die Brettchen wurden nun erst duch weiße Oelfarbe grundirt, und nachdem diese gehörig getrocknet war, die Namen nebst Linnes Klasse und Ordnung mit schwarzer Oelfarbe darauf geschrieben. Nachdem auch dies getrocknet war, wurden die Etiketten eines Morgens sehr früh eingesteckt. Wir führten den Vater vor das so verbesserte Blumengerüst, und hatten die Freude, daß er sich äußerst zufrieden bezeigte. Zu den botanischen, von den Kindern am meisten angestaunten Seltenheiten der Terrasse gehörte ein Mesembrianthemum crystallinum, das sich, im höchsten Sommer von der Mittagsonne beschienen, ganz kalt anfühlte, weil alle Blätter mit unendlich kleinen Wasserbläschen besetzt sind. Als wir einst zum Nachtische trockne Datteln bekamen, wurde die Fabel von Pfeffel citirt: Ein Schüler aß, wie viele Knaben, Die Datteln für sein Leben gern. Zum Scherz forderte die Tante mich auf, diesem Knaben nachzuahmen; ich steckte einige Kerne in einen Topf und stellte sie in das Ananashaus. Sie hatten in der That noch Keimkraft, und nach einigen Jahren konnten wir den besuchenden Freunden 2 mannshohe Exemplare von selbstgezogener Phoenix dactylifera, vorläufig noch ohne nen systematischen Namen anbringen.“ Gesagt, gethan. Ich bemächtigte mich im Holzstalle einiger guten kienenen Klötze, spaltete sie in kleine Theile, und verfertigte auf der Schnitzelbank des Gärtners etwa ein Schock zierlicher, unten zugespitzter Brettchen, worauf ich nun gleich die Namen mit Tusche auftragen wollte. Die Tante belehrte mich jedoch, daß dies nicht einem einzigen Regengusse widerstehn könne. Die Brettchen wurden nun erst duch weiße Oelfarbe grundirt, und nachdem diese gehörig getrocknet war, die Namen nebst Linnés Klasse und Ordnung mit schwarzer Oelfarbe darauf geschrieben. Nachdem auch dies getrocknet war, wurden die Etiketten eines Morgens sehr früh eingesteckt. Wir führten den Vater vor das so verbesserte Blumengerüst, und hatten die Freude, daß er sich äußerst zufrieden bezeigte. Zu den botanischen, von den Kindern am meisten angestaunten Seltenheiten der Terrasse gehörte ein Mesembrianthemum crystallinum, das sich, im höchsten Sommer von der Mittagsonne beschienen, ganz kalt anfühlte, weil alle Blätter mit unendlich kleinen Wasserbläschen besetzt sind. Als wir einst zum Nachtische trockne Datteln bekamen, wurde die Fabel von Pfeffel citirt: Ein Schüler aß, wie viele Knaben, Die Datteln für sein Leben gern. Zum Scherz forderte die Tante mich auf, diesem Knaben nachzuahmen; ich steckte einige Kerne in einen Topf und stellte sie in das Ananashaus. Sie hatten in der That noch Keimkraft, und nach einigen Jahren konnten wir den besuchenden Freunden 2 mannshohe Exemplare von selbstgezogener Phoenix dactylifera, vorläufig noch ohne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0272" n="260"/> nen systematischen Namen anbringen.“ Gesagt, gethan. Ich bemächtigte mich im Holzstalle einiger guten kienenen Klötze, spaltete sie in kleine Theile, und verfertigte auf der Schnitzelbank des Gärtners etwa ein Schock zierlicher, unten zugespitzter Brettchen, worauf ich nun gleich die Namen mit Tusche auftragen wollte. Die Tante belehrte mich jedoch, daß dies nicht einem einzigen Regengusse widerstehn könne. Die Brettchen wurden nun erst duch weiße Oelfarbe grundirt, und nachdem diese gehörig getrocknet war, die Namen nebst Linnés Klasse und Ordnung mit schwarzer Oelfarbe darauf geschrieben. Nachdem auch dies getrocknet war, wurden die Etiketten eines Morgens sehr früh eingesteckt. Wir führten den Vater vor das so verbesserte Blumengerüst, und hatten die Freude, daß er sich äußerst zufrieden bezeigte. </p><lb/> <p>Zu den botanischen, von den Kindern am meisten angestaunten Seltenheiten der Terrasse gehörte ein Mesembrianthemum crystallinum, das sich, im höchsten Sommer von der Mittagsonne beschienen, ganz kalt anfühlte, weil alle Blätter mit unendlich kleinen Wasserbläschen besetzt sind. Als wir einst zum Nachtische trockne Datteln bekamen, wurde die Fabel von Pfeffel citirt:<lb/><lg type="poem"><l rendition="#c">Ein Schüler aß, wie viele Knaben,</l><l rendition="#c">Die Datteln für sein Leben gern.</l></lg></p><lb/> <p>Zum Scherz forderte die Tante mich auf, diesem Knaben nachzuahmen; ich steckte einige Kerne in einen Topf und stellte sie in das Ananashaus. Sie hatten in der That noch Keimkraft, und nach einigen Jahren konnten wir den besuchenden Freunden 2 mannshohe Exemplare von selbstgezogener Phoenix dactylifera, vorläufig noch ohne </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [260/0272]
nen systematischen Namen anbringen.“ Gesagt, gethan. Ich bemächtigte mich im Holzstalle einiger guten kienenen Klötze, spaltete sie in kleine Theile, und verfertigte auf der Schnitzelbank des Gärtners etwa ein Schock zierlicher, unten zugespitzter Brettchen, worauf ich nun gleich die Namen mit Tusche auftragen wollte. Die Tante belehrte mich jedoch, daß dies nicht einem einzigen Regengusse widerstehn könne. Die Brettchen wurden nun erst duch weiße Oelfarbe grundirt, und nachdem diese gehörig getrocknet war, die Namen nebst Linnés Klasse und Ordnung mit schwarzer Oelfarbe darauf geschrieben. Nachdem auch dies getrocknet war, wurden die Etiketten eines Morgens sehr früh eingesteckt. Wir führten den Vater vor das so verbesserte Blumengerüst, und hatten die Freude, daß er sich äußerst zufrieden bezeigte.
Zu den botanischen, von den Kindern am meisten angestaunten Seltenheiten der Terrasse gehörte ein Mesembrianthemum crystallinum, das sich, im höchsten Sommer von der Mittagsonne beschienen, ganz kalt anfühlte, weil alle Blätter mit unendlich kleinen Wasserbläschen besetzt sind. Als wir einst zum Nachtische trockne Datteln bekamen, wurde die Fabel von Pfeffel citirt:
Ein Schüler aß, wie viele Knaben, Die Datteln für sein Leben gern.
Zum Scherz forderte die Tante mich auf, diesem Knaben nachzuahmen; ich steckte einige Kerne in einen Topf und stellte sie in das Ananashaus. Sie hatten in der That noch Keimkraft, und nach einigen Jahren konnten wir den besuchenden Freunden 2 mannshohe Exemplare von selbstgezogener Phoenix dactylifera, vorläufig noch ohne
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/272>, abgerufen am 05.07.2024. |