Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].studirten; sie wurden dadurch abgehalten, schon publizirtes noch einmal bekannt zu machen. Von frühster Jugend an hatte ich vor meinem Pathen Göckingk die allergröste Verehrung empfunden. Mein Vater, der ihm seine Einführung in das Nicolaische Haus, mithin sein ganzes Glück verdankte, behandelte ihn mit wahrer Hochachtung, und ließ sich nicht leicht eine Gelegenheit entgehn, um ihm etwas angenehmes zu erweisen. Durch eine andere Beziehung waren sie noch näher an einander geknüpft. Der letzte Herzog von Kurland hatte, ehe er sein Land an Rußland verkaufte, einen großen Theil seines Vermögens in polnischen und schlesischen Landgütern angelegt. Als er im Jahre 1800 starb, waren mehrere seiner Töchter noch minderjährig. Für diese wurde von Seiten der preußischen Regierung in Bezug auf die in Preußen gelegenen Besitzungen, ein Vormund und Vermögensverwalter bestellt, der das Beste der minorennen Erbinnen wahrzunehmen hatte. Dieser Curator war Göckingk, damals Geheimer Oberfinanzrath. Er unterzog sich der schwierigen Aufgabe, die eben so wohl juristische, als auch administrative Kenntnisse verlangte, mit musterhafter Pflichttreue, machte im tiefen Winter eine Reise nach Petersburg, um allerlei Differenzen mit der russischen Regierung auszugleichen, und übergab seinen Pflegebefohlenen, nach eingetretener Volljährigkeit, den schönen Gütercomplex im besten Zustande. Nun hatte die verwittwete Herzogin von Kurland meinen Vater mit der Verwaltung ihres Allodialvermögens beauftragt, es läßt sich also leicht denken, daß zwischen ihm und Göckingk ein beständiger Geschäftsverkehr stattfand. studirten; sie wurden dadurch abgehalten, schon publizirtes noch einmal bekannt zu machen. Von frühster Jugend an hatte ich vor meinem Pathen Göckingk die allergröste Verehrung empfunden. Mein Vater, der ihm seine Einführung in das Nicolaische Haus, mithin sein ganzes Glück verdankte, behandelte ihn mit wahrer Hochachtung, und ließ sich nicht leicht eine Gelegenheit entgehn, um ihm etwas angenehmes zu erweisen. Durch eine andere Beziehung waren sie noch näher an einander geknüpft. Der letzte Herzog von Kurland hatte, ehe er sein Land an Rußland verkaufte, einen großen Theil seines Vermögens in polnischen und schlesischen Landgütern angelegt. Als er im Jahre 1800 starb, waren mehrere seiner Töchter noch minderjährig. Für diese wurde von Seiten der preußischen Regierung in Bezug auf die in Preußen gelegenen Besitzungen, ein Vormund und Vermögensverwalter bestellt, der das Beste der minorennen Erbinnen wahrzunehmen hatte. Dieser Curator war Göckingk, damals Geheimer Oberfinanzrath. Er unterzog sich der schwierigen Aufgabe, die eben so wohl juristische, als auch administrative Kenntnisse verlangte, mit musterhafter Pflichttreue, machte im tiefen Winter eine Reise nach Petersburg, um allerlei Differenzen mit der russischen Regierung auszugleichen, und übergab seinen Pflegebefohlenen, nach eingetretener Volljährigkeit, den schönen Gütercomplex im besten Zustande. Nun hatte die verwittwete Herzogin von Kurland meinen Vater mit der Verwaltung ihres Allodialvermögens beauftragt, es läßt sich also leicht denken, daß zwischen ihm und Göckingk ein beständiger Geschäftsverkehr stattfand. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0217" n="205"/> studirten; sie wurden dadurch abgehalten, schon publizirtes noch einmal bekannt zu machen. </p><lb/> <p>Von frühster Jugend an hatte ich vor meinem Pathen Göckingk die allergröste Verehrung empfunden. 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Er unterzog sich der schwierigen Aufgabe, die eben so wohl juristische, als auch administrative Kenntnisse verlangte, mit musterhafter Pflichttreue, machte im tiefen Winter eine Reise nach Petersburg, um allerlei Differenzen mit der russischen Regierung auszugleichen, und übergab seinen Pflegebefohlenen, nach eingetretener Volljährigkeit, den schönen Gütercomplex im besten Zustande. </p><lb/> <p>Nun hatte die verwittwete Herzogin von Kurland meinen Vater mit der Verwaltung ihres Allodialvermögens beauftragt, es läßt sich also leicht denken, daß zwischen ihm und Göckingk ein beständiger Geschäftsverkehr stattfand. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0217]
studirten; sie wurden dadurch abgehalten, schon publizirtes noch einmal bekannt zu machen.
Von frühster Jugend an hatte ich vor meinem Pathen Göckingk die allergröste Verehrung empfunden. Mein Vater, der ihm seine Einführung in das Nicolaische Haus, mithin sein ganzes Glück verdankte, behandelte ihn mit wahrer Hochachtung, und ließ sich nicht leicht eine Gelegenheit entgehn, um ihm etwas angenehmes zu erweisen. Durch eine andere Beziehung waren sie noch näher an einander geknüpft. Der letzte Herzog von Kurland hatte, ehe er sein Land an Rußland verkaufte, einen großen Theil seines Vermögens in polnischen und schlesischen Landgütern angelegt. Als er im Jahre 1800 starb, waren mehrere seiner Töchter noch minderjährig. Für diese wurde von Seiten der preußischen Regierung in Bezug auf die in Preußen gelegenen Besitzungen, ein Vormund und Vermögensverwalter bestellt, der das Beste der minorennen Erbinnen wahrzunehmen hatte. Dieser Curator war Göckingk, damals Geheimer Oberfinanzrath. Er unterzog sich der schwierigen Aufgabe, die eben so wohl juristische, als auch administrative Kenntnisse verlangte, mit musterhafter Pflichttreue, machte im tiefen Winter eine Reise nach Petersburg, um allerlei Differenzen mit der russischen Regierung auszugleichen, und übergab seinen Pflegebefohlenen, nach eingetretener Volljährigkeit, den schönen Gütercomplex im besten Zustande.
Nun hatte die verwittwete Herzogin von Kurland meinen Vater mit der Verwaltung ihres Allodialvermögens beauftragt, es läßt sich also leicht denken, daß zwischen ihm und Göckingk ein beständiger Geschäftsverkehr stattfand.
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/217>, abgerufen am 16.02.2025. |