Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].unbeschädigt, aber zu einem unförmlichen, weißen Klumpen zusammengedrückt, oben ankam. Trotzdem versuchte er noch in dieser Stellung seine Rolle herzusagen. Ein ander Mal spielte er einen alten, verwundeten Offizier, der den Arm in der Binde trägt, und dem seine Tochter entführt ist. Im höchsten Pathos hat er auszurufen: und kann ich auch nur einen Arm zum Himmel heben, so schwöre ich doch, die Unthat zu rächen. Er trat bis dicht an die Lampen, und hob beide Arme in die Höhe. Keinen größeren Gefallen konnte Körner uns thun, als wenn er in Tante Jettchens Stube uns etwas zur Guitarre sang. Allgemeine Heiterkeit erregte sein Lied: Ein Ambos und ein Mühlenstein, Die schwammen bei Dresden wohl über den Rhein, Sie schwammen sanft und leise; Ein Frosch verschlang sie alle beid', In den Hundstagen auf dem Eise. Ein andres Lied vom Doctor Eisenbart und seinen kräftigen Medikamenten fand nicht weniger Beifall. Tante Jettchen hatte auch die Guitarre gelernt, und übte sich täglich auf das gewissenhafteste, kam aber, bei geringem Talente, nicht weit vorwärts. Die geniale Leichtigkeit, mit der Körner das Instrument behandelte, erregte ihre Bewunderung, die nicht ganz frei von Neid war. In der reichen musikalischen Sammlung des Grosvaters Nicolai hatte sie eine handschriftliche Komposition von Zelter aufgefunden: Schillers Hero und Leander mit Guitarrenbegleitung. Dieses Stück erklärte sie für sehr schwierig und übte lange Zeit vergeblich daran. Als sie es eines Tages Körnern vorlegte, und er es nach einigen Versuchen ohne unbeschädigt, aber zu einem unförmlichen, weißen Klumpen zusammengedrückt, oben ankam. Trotzdem versuchte er noch in dieser Stellung seine Rolle herzusagen. Ein ander Mal spielte er einen alten, verwundeten Offizier, der den Arm in der Binde trägt, und dem seine Tochter entführt ist. Im höchsten Pathos hat er auszurufen: und kann ich auch nur einen Arm zum Himmel heben, so schwöre ich doch, die Unthat zu rächen. Er trat bis dicht an die Lampen, und hob beide Arme in die Höhe. Keinen größeren Gefallen konnte Körner uns thun, als wenn er in Tante Jettchens Stube uns etwas zur Guitarre sang. Allgemeine Heiterkeit erregte sein Lied: Ein Ambos und ein Mühlenstein, Die schwammen bei Dresden wohl über den Rhein, Sie schwammen sanft und leise; Ein Frosch verschlang sie alle beid’, In den Hundstagen auf dem Eise. Ein andres Lied vom Doctor Eisenbart und seinen kräftigen Medikamenten fand nicht weniger Beifall. Tante Jettchen hatte auch die Guitarre gelernt, und übte sich täglich auf das gewissenhafteste, kam aber, bei geringem Talente, nicht weit vorwärts. Die geniale Leichtigkeit, mit der Körner das Instrument behandelte, erregte ihre Bewunderung, die nicht ganz frei von Neid war. In der reichen musikalischen Sammlung des Grosvaters Nicolai hatte sie eine handschriftliche Komposition von Zelter aufgefunden: Schillers Hero und Leander mit Guitarrenbegleitung. Dieses Stück erklärte sie für sehr schwierig und übte lange Zeit vergeblich daran. Als sie es eines Tages Körnern vorlegte, und er es nach einigen Versuchen ohne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0211" n="199"/> unbeschädigt, aber zu einem unförmlichen, weißen Klumpen zusammengedrückt, oben ankam. Trotzdem versuchte er noch in dieser Stellung seine Rolle herzusagen. Ein ander Mal spielte er einen alten, verwundeten Offizier, der den Arm in der Binde trägt, und dem seine Tochter entführt ist. Im höchsten Pathos hat er auszurufen: und kann ich auch nur einen Arm zum Himmel heben, so schwöre ich doch, die Unthat zu rächen. Er trat bis dicht an die Lampen, und hob beide Arme in die Höhe. </p><lb/> <p>Keinen größeren Gefallen konnte Körner uns thun, als wenn er in Tante Jettchens Stube uns etwas zur Guitarre sang. Allgemeine Heiterkeit erregte sein Lied: </p><lb/> <p>Ein Ambos und ein Mühlenstein, </p><lb/> <p>Die schwammen bei Dresden wohl über den Rhein, </p><lb/> <p>Sie schwammen sanft und leise; </p><lb/> <p>Ein Frosch verschlang sie alle beid’, </p><lb/> <p>In den Hundstagen auf dem Eise. </p><lb/> <p>Ein andres Lied vom Doctor Eisenbart und seinen kräftigen Medikamenten fand nicht weniger Beifall. Tante Jettchen hatte auch die Guitarre gelernt, und übte sich täglich auf das gewissenhafteste, kam aber, bei geringem Talente, nicht weit vorwärts. Die geniale Leichtigkeit, mit der Körner das Instrument behandelte, erregte ihre Bewunderung, die nicht ganz frei von Neid war. In der reichen musikalischen Sammlung des Grosvaters Nicolai hatte sie eine handschriftliche Komposition von Zelter aufgefunden: Schillers Hero und Leander mit Guitarrenbegleitung. Dieses Stück erklärte sie für sehr schwierig und übte lange Zeit vergeblich daran. Als sie es eines Tages Körnern vorlegte, und er es nach einigen Versuchen ohne </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0211]
unbeschädigt, aber zu einem unförmlichen, weißen Klumpen zusammengedrückt, oben ankam. Trotzdem versuchte er noch in dieser Stellung seine Rolle herzusagen. Ein ander Mal spielte er einen alten, verwundeten Offizier, der den Arm in der Binde trägt, und dem seine Tochter entführt ist. Im höchsten Pathos hat er auszurufen: und kann ich auch nur einen Arm zum Himmel heben, so schwöre ich doch, die Unthat zu rächen. Er trat bis dicht an die Lampen, und hob beide Arme in die Höhe.
Keinen größeren Gefallen konnte Körner uns thun, als wenn er in Tante Jettchens Stube uns etwas zur Guitarre sang. Allgemeine Heiterkeit erregte sein Lied:
Ein Ambos und ein Mühlenstein,
Die schwammen bei Dresden wohl über den Rhein,
Sie schwammen sanft und leise;
Ein Frosch verschlang sie alle beid’,
In den Hundstagen auf dem Eise.
Ein andres Lied vom Doctor Eisenbart und seinen kräftigen Medikamenten fand nicht weniger Beifall. Tante Jettchen hatte auch die Guitarre gelernt, und übte sich täglich auf das gewissenhafteste, kam aber, bei geringem Talente, nicht weit vorwärts. Die geniale Leichtigkeit, mit der Körner das Instrument behandelte, erregte ihre Bewunderung, die nicht ganz frei von Neid war. In der reichen musikalischen Sammlung des Grosvaters Nicolai hatte sie eine handschriftliche Komposition von Zelter aufgefunden: Schillers Hero und Leander mit Guitarrenbegleitung. Dieses Stück erklärte sie für sehr schwierig und übte lange Zeit vergeblich daran. Als sie es eines Tages Körnern vorlegte, und er es nach einigen Versuchen ohne
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/211 |
Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/211>, abgerufen am 16.02.2025. |