Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Jugendfreunde. Turnplatz. Th. Körner. Manche Jugendfreundschaften, die sich in der Hartungschen Schule angeknüpft, gingen auch auf das Graue Kloster über, und dauerten dann für das ganze Leben fort. Wegen seines stillen und sinnigen Wesens gefiel mir auf der Schulbank mein Nachbar Friedrich Paul, der Sohn eines Kürschners aus Schwedt. Wir schlossen uns auf dem Kloster näher an einander an, zeigten uns die im Geheimen gemachten Gedichte voller Schiller-Reminiscenzen, in denen eine überschwängliche Sehnsucht nach höheren Idealen in sehr unvollkommener Form sich aussprach, und waren bald unzertrennlich. Durch ihn lernte ich den Homer von Voss kennen, von dem ein schönes Velinexemplar in der Bibliothek des Grosvaters Nicolai stand, mit der Bemerkung "Donum Vossii". Dieses wurde nun neben dem griechischen Originale mit solchem Eifer gelesen, daß eine Menge Verse und Halbverse in unsere tägliche Umgangssprache übergingen. Wir suchten diese Vorliebe bei unseren Genossen geltend zu machen, fanden aber vielfachen Widerspruch, indem manche Verse, die wir für sehr schön hielten, von andern für holperig erklärt wurden. Da das Original in Secunda immer daneben gelesen wurde, so ließen sich lehrreiche Vergleiche anstellen. Eine scharfe Kontroverse erhob sich über den bekannten Vers (Od. II, 598) Jugendfreunde. Turnplatz. Th. Körner. Manche Jugendfreundschaften, die sich in der Hartungschen Schule angeknüpft, gingen auch auf das Graue Kloster über, und dauerten dann für das ganze Leben fort. Wegen seines stillen und sinnigen Wesens gefiel mir auf der Schulbank mein Nachbar Friedrich Paul, der Sohn eines Kürschners aus Schwedt. Wir schlossen uns auf dem Kloster näher an einander an, zeigten uns die im Geheimen gemachten Gedichte voller Schiller-Reminiscenzen, in denen eine überschwängliche Sehnsucht nach höheren Idealen in sehr unvollkommener Form sich aussprach, und waren bald unzertrennlich. Durch ihn lernte ich den Homer von Voss kennen, von dem ein schönes Velinexemplar in der Bibliothek des Grosvaters Nicolai stand, mit der Bemerkung „Donum Vossii“. Dieses wurde nun neben dem griechischen Originale mit solchem Eifer gelesen, daß eine Menge Verse und Halbverse in unsere tägliche Umgangssprache übergingen. Wir suchten diese Vorliebe bei unseren Genossen geltend zu machen, fanden aber vielfachen Widerspruch, indem manche Verse, die wir für sehr schön hielten, von andern für holperig erklärt wurden. Da das Original in Secunda immer daneben gelesen wurde, so ließen sich lehrreiche Vergleiche anstellen. Eine scharfe Kontroverse erhob sich über den bekannten Vers (Od. II, 598) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0198" n="186"/> <div n="1"> <head rendition="#c">Jugendfreunde. Turnplatz. Th. Körner.</head><lb/> <p>Manche Jugendfreundschaften, die sich in der Hartungschen Schule angeknüpft, gingen auch auf das Graue Kloster über, und dauerten dann für das ganze Leben fort. Wegen seines stillen und sinnigen Wesens gefiel mir auf der Schulbank mein Nachbar Friedrich Paul, der Sohn eines Kürschners aus Schwedt. Wir schlossen uns auf dem Kloster näher an einander an, zeigten uns die im Geheimen gemachten Gedichte voller Schiller-Reminiscenzen, in denen eine überschwängliche Sehnsucht nach höheren Idealen in sehr unvollkommener Form sich aussprach, und waren bald unzertrennlich. Durch ihn lernte ich den Homer von Voss kennen, von dem ein schönes Velinexemplar in der Bibliothek des Grosvaters Nicolai stand, mit der Bemerkung „Donum Vossii“. Dieses wurde nun neben dem griechischen Originale mit solchem Eifer gelesen, daß eine Menge Verse und Halbverse in unsere tägliche Umgangssprache übergingen. Wir suchten diese Vorliebe bei unseren Genossen geltend zu machen, fanden aber vielfachen Widerspruch, indem manche Verse, die wir für sehr schön hielten, von andern für holperig erklärt wurden. Da das Original in Secunda immer daneben gelesen wurde, so ließen sich lehrreiche Vergleiche anstellen. Eine scharfe Kontroverse erhob sich über den bekannten Vers (Od. II, 598) </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [186/0198]
Jugendfreunde. Turnplatz. Th. Körner.
Manche Jugendfreundschaften, die sich in der Hartungschen Schule angeknüpft, gingen auch auf das Graue Kloster über, und dauerten dann für das ganze Leben fort. Wegen seines stillen und sinnigen Wesens gefiel mir auf der Schulbank mein Nachbar Friedrich Paul, der Sohn eines Kürschners aus Schwedt. Wir schlossen uns auf dem Kloster näher an einander an, zeigten uns die im Geheimen gemachten Gedichte voller Schiller-Reminiscenzen, in denen eine überschwängliche Sehnsucht nach höheren Idealen in sehr unvollkommener Form sich aussprach, und waren bald unzertrennlich. Durch ihn lernte ich den Homer von Voss kennen, von dem ein schönes Velinexemplar in der Bibliothek des Grosvaters Nicolai stand, mit der Bemerkung „Donum Vossii“. Dieses wurde nun neben dem griechischen Originale mit solchem Eifer gelesen, daß eine Menge Verse und Halbverse in unsere tägliche Umgangssprache übergingen. Wir suchten diese Vorliebe bei unseren Genossen geltend zu machen, fanden aber vielfachen Widerspruch, indem manche Verse, die wir für sehr schön hielten, von andern für holperig erklärt wurden. Da das Original in Secunda immer daneben gelesen wurde, so ließen sich lehrreiche Vergleiche anstellen. Eine scharfe Kontroverse erhob sich über den bekannten Vers (Od. II, 598)
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