Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Sternenhimmel ein unnennbares Ahnen der Unendlichkeit. Manchmal fanden wir den Vater noch im Hofe, oder auf der steinernen Hoftreppe, die vor dem Hause frei nach Westen gelegen einen weiten Horizont hatte. Er nannte uns die Namen der bedeutendsten Sternbilder, zeigte uns den Doppelstern im großen Wagen, und lehrte uns den Polarstem finden, indem man eine gerade Linie durch die beiden Hinterräder des großen Wagens zieht. Da er sah, daß ich große Lust an diesen Studien hatte, so brachte er aus der Stadt Bode's Kenntniß des gesternten Himmels, ein nützliches Werk, das in vielen Auflagen im Nicolaischen Verlage erschienen war, und bald lernte ich die Himmelserscheinungen nach den einzelnen Monaten kennen. An unsern Garten stieß gegen Westen der Garten des Direktors Bellermann vom Grauen Kloster, in dem eine lombardische Pappel von 80 oder 90 Fuß Höhe hervorragte. Als nun im Herbste 1811 der große Komet erschien, der im Jahre 1812 auf den Untergang des französischen Heeres in Rußland gedeutet wurde, so erblickte man ihn von der Steintreppe unseres Hofes aus, in den Stunden nach Sonnenuntergang, gerade rechts von der Bellermannschen Pappel, die gleichsam einen Maasstab für die gewaltige Länge des feurigen Schweifes abgab, der beinahe senkrecht in die Höhe stieg. So viele Kometen ich auch später gesehn, so blieben sie alle an Größe und Helligkeit weit hinter dem von 1811 zurück, namentlich war der berühmte Halleysche Komet, den wir bei seiner Wiederkehr im Jahre 1835 auch im großen Garten beobachten konnten, gar nicht mit dem von 1811 zu vergleichen. Dieser letzte brachte überdies einen vortrefflichen Wein, den berühmten "Eilfer Kometenwein", an dem jedoch der Sternenhimmel ein unnennbares Ahnen der Unendlichkeit. Manchmal fanden wir den Vater noch im Hofe, oder auf der steinernen Hoftreppe, die vor dem Hause frei nach Westen gelegen einen weiten Horizont hatte. Er nannte uns die Namen der bedeutendsten Sternbilder, zeigte uns den Doppelstern im großen Wagen, und lehrte uns den Polarstem finden, indem man eine gerade Linie durch die beiden Hinterräder des großen Wagens zieht. Da er sah, daß ich große Lust an diesen Studien hatte, so brachte er aus der Stadt Bode’s Kenntniß des gesternten Himmels, ein nützliches Werk, das in vielen Auflagen im Nicolaischen Verlage erschienen war, und bald lernte ich die Himmelserscheinungen nach den einzelnen Monaten kennen. An unsern Garten stieß gegen Westen der Garten des Direktors Bellermann vom Grauen Kloster, in dem eine lombardische Pappel von 80 oder 90 Fuß Höhe hervorragte. Als nun im Herbste 1811 der große Komet erschien, der im Jahre 1812 auf den Untergang des französischen Heeres in Rußland gedeutet wurde, so erblickte man ihn von der Steintreppe unseres Hofes aus, in den Stunden nach Sonnenuntergang, gerade rechts von der Bellermannschen Pappel, die gleichsam einen Maasstab für die gewaltige Länge des feurigen Schweifes abgab, der beinahe senkrecht in die Höhe stieg. So viele Kometen ich auch später gesehn, so blieben sie alle an Größe und Helligkeit weit hinter dem von 1811 zurück, namentlich war der berühmte Halleysche Komet, den wir bei seiner Wiederkehr im Jahre 1835 auch im großen Garten beobachten konnten, gar nicht mit dem von 1811 zu vergleichen. Dieser letzte brachte überdies einen vortrefflichen Wein, den berühmten „Eilfer Kometenwein“, an dem jedoch der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0148" n="136"/> Sternenhimmel ein unnennbares Ahnen der Unendlichkeit. Manchmal fanden wir den Vater noch im Hofe, oder auf der steinernen Hoftreppe, die vor dem Hause frei nach Westen gelegen einen weiten Horizont hatte. Er nannte uns die Namen der bedeutendsten Sternbilder, zeigte uns den Doppelstern im großen Wagen, und lehrte uns den Polarstem finden, indem man eine gerade Linie durch die beiden Hinterräder des großen Wagens zieht. Da er sah, daß ich große Lust an diesen Studien hatte, so brachte er aus der Stadt Bode’s Kenntniß des gesternten Himmels, ein nützliches Werk, das in vielen Auflagen im Nicolaischen Verlage erschienen war, und bald lernte ich die Himmelserscheinungen nach den einzelnen Monaten kennen. </p><lb/> <p>An unsern Garten stieß gegen Westen der Garten des Direktors Bellermann vom Grauen Kloster, in dem eine lombardische Pappel von 80 oder 90 Fuß Höhe hervorragte. Als nun im Herbste 1811 der große Komet erschien, der im Jahre 1812 auf den Untergang des französischen Heeres in Rußland gedeutet wurde, so erblickte man ihn von der Steintreppe unseres Hofes aus, in den Stunden nach Sonnenuntergang, gerade rechts von der Bellermannschen Pappel, die gleichsam einen Maasstab für die gewaltige Länge des feurigen Schweifes abgab, der beinahe senkrecht in die Höhe stieg. So viele Kometen ich auch später gesehn, so blieben sie alle an Größe und Helligkeit weit hinter dem von 1811 zurück, namentlich war der berühmte Halleysche Komet, den wir bei seiner Wiederkehr im Jahre 1835 auch im großen Garten beobachten konnten, gar nicht mit dem von 1811 zu vergleichen. Dieser letzte brachte überdies einen vortrefflichen Wein, den berühmten „Eilfer Kometenwein“, an dem jedoch der </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0148]
Sternenhimmel ein unnennbares Ahnen der Unendlichkeit. Manchmal fanden wir den Vater noch im Hofe, oder auf der steinernen Hoftreppe, die vor dem Hause frei nach Westen gelegen einen weiten Horizont hatte. Er nannte uns die Namen der bedeutendsten Sternbilder, zeigte uns den Doppelstern im großen Wagen, und lehrte uns den Polarstem finden, indem man eine gerade Linie durch die beiden Hinterräder des großen Wagens zieht. Da er sah, daß ich große Lust an diesen Studien hatte, so brachte er aus der Stadt Bode’s Kenntniß des gesternten Himmels, ein nützliches Werk, das in vielen Auflagen im Nicolaischen Verlage erschienen war, und bald lernte ich die Himmelserscheinungen nach den einzelnen Monaten kennen.
An unsern Garten stieß gegen Westen der Garten des Direktors Bellermann vom Grauen Kloster, in dem eine lombardische Pappel von 80 oder 90 Fuß Höhe hervorragte. Als nun im Herbste 1811 der große Komet erschien, der im Jahre 1812 auf den Untergang des französischen Heeres in Rußland gedeutet wurde, so erblickte man ihn von der Steintreppe unseres Hofes aus, in den Stunden nach Sonnenuntergang, gerade rechts von der Bellermannschen Pappel, die gleichsam einen Maasstab für die gewaltige Länge des feurigen Schweifes abgab, der beinahe senkrecht in die Höhe stieg. So viele Kometen ich auch später gesehn, so blieben sie alle an Größe und Helligkeit weit hinter dem von 1811 zurück, namentlich war der berühmte Halleysche Komet, den wir bei seiner Wiederkehr im Jahre 1835 auch im großen Garten beobachten konnten, gar nicht mit dem von 1811 zu vergleichen. Dieser letzte brachte überdies einen vortrefflichen Wein, den berühmten „Eilfer Kometenwein“, an dem jedoch der
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