Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].durch, so galt dies für ein Anzeichen von Regen. Die über dem Dache des Holzstalles befestigte Wetterfahne mit der durchsichtigen Jahreszahl 1805 stand beständig aus Westen, und wenn man aus den westlichen Mansardfenstem über die Gärten und Felder hinblickte, so wälzten schwere graue Wolken sich in unaufhörlicher Folge heran. In den stürmischen Herbstnächten befestigte mein Vater ein paar Aeolsharfen an den Bodenfenstern. Ihr schwermüthiges, unartikulirtes Getön mischte sich oft in unsre Träume, und war für die ganze Nachbarschaft ein Zeichen, daß der Sommer vorüber sei. Traten noch ein paar trockne Tage ein, so wandelten wir mit großem Vergnügen durch das raschelnde Laub, hielten eine spärliche Nachlese an den durchsichtig gewordenen Stachelbeersträuchen, und sammelten die letzten verschrumpften Pflaumen von den entlaubten Bäumen. Fragten wir den alten Gärtner Couturier nach dem Wetter, so sagte er: die Schwalben fliegen so niedrig, und die Hähne haben heute früh gekräht, das bedeutet Regen. Da wurde denn bald der Tag des Hineinziehns in die Stadt bestimmt. Mein Vater ging noch einmal mit uns durch die Lavendelbeete des Hintergartens, und jeder durfte ein dickes Bündel des duftenden Krautes heimtragen; der Wäsche ertheilte es einen aromatischen Geruch, der mich noch heute in die sonnige Herbstzeit des großen Gartens zurückversetzt. Am Tage der Rückfahrt liefen wir, während der Packwagen gerüstet ward, zum letzten Male durch alle Gänge und um alle Beete, trugen so viel Kastanien als möglich aus der großen und kleinen Kastanienlaube zusammen, um sie den Miethpferden des Fuhrmannes zu durch, so galt dies für ein Anzeichen von Regen. Die über dem Dache des Holzstalles befestigte Wetterfahne mit der durchsichtigen Jahreszahl 1805 stand beständig aus Westen, und wenn man aus den westlichen Mansardfenstem über die Gärten und Felder hinblickte, so wälzten schwere graue Wolken sich in unaufhörlicher Folge heran. In den stürmischen Herbstnächten befestigte mein Vater ein paar Aeolsharfen an den Bodenfenstern. Ihr schwermüthiges, unartikulirtes Getön mischte sich oft in unsre Träume, und war für die ganze Nachbarschaft ein Zeichen, daß der Sommer vorüber sei. Traten noch ein paar trockne Tage ein, so wandelten wir mit großem Vergnügen durch das raschelnde Laub, hielten eine spärliche Nachlese an den durchsichtig gewordenen Stachelbeersträuchen, und sammelten die letzten verschrumpften Pflaumen von den entlaubten Bäumen. Fragten wir den alten Gärtner Couturier nach dem Wetter, so sagte er: die Schwalben fliegen so niedrig, und die Hähne haben heute früh gekräht, das bedeutet Regen. Da wurde denn bald der Tag des Hineinziehns in die Stadt bestimmt. Mein Vater ging noch einmal mit uns durch die Lavendelbeete des Hintergartens, und jeder durfte ein dickes Bündel des duftenden Krautes heimtragen; der Wäsche ertheilte es einen aromatischen Geruch, der mich noch heute in die sonnige Herbstzeit des großen Gartens zurückversetzt. Am Tage der Rückfahrt liefen wir, während der Packwagen gerüstet ward, zum letzten Male durch alle Gänge und um alle Beete, trugen so viel Kastanien als möglich aus der großen und kleinen Kastanienlaube zusammen, um sie den Miethpferden des Fuhrmannes zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0133" n="121"/> durch, so galt dies für ein Anzeichen von Regen. 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durch, so galt dies für ein Anzeichen von Regen. Die über dem Dache des Holzstalles befestigte Wetterfahne mit der durchsichtigen Jahreszahl 1805 stand beständig aus Westen, und wenn man aus den westlichen Mansardfenstem über die Gärten und Felder hinblickte, so wälzten schwere graue Wolken sich in unaufhörlicher Folge heran.
In den stürmischen Herbstnächten befestigte mein Vater ein paar Aeolsharfen an den Bodenfenstern. Ihr schwermüthiges, unartikulirtes Getön mischte sich oft in unsre Träume, und war für die ganze Nachbarschaft ein Zeichen, daß der Sommer vorüber sei.
Traten noch ein paar trockne Tage ein, so wandelten wir mit großem Vergnügen durch das raschelnde Laub, hielten eine spärliche Nachlese an den durchsichtig gewordenen Stachelbeersträuchen, und sammelten die letzten verschrumpften Pflaumen von den entlaubten Bäumen. Fragten wir den alten Gärtner Couturier nach dem Wetter, so sagte er: die Schwalben fliegen so niedrig, und die Hähne haben heute früh gekräht, das bedeutet Regen.
Da wurde denn bald der Tag des Hineinziehns in die Stadt bestimmt. Mein Vater ging noch einmal mit uns durch die Lavendelbeete des Hintergartens, und jeder durfte ein dickes Bündel des duftenden Krautes heimtragen; der Wäsche ertheilte es einen aromatischen Geruch, der mich noch heute in die sonnige Herbstzeit des großen Gartens zurückversetzt.
Am Tage der Rückfahrt liefen wir, während der Packwagen gerüstet ward, zum letzten Male durch alle Gänge und um alle Beete, trugen so viel Kastanien als möglich aus der großen und kleinen Kastanienlaube zusammen, um sie den Miethpferden des Fuhrmannes zu
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/133>, abgerufen am 26.07.2024. |