Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].ein Pudermesser, ein Feuerzeug, eine Lichtputze, ein Pfropfenzieher, ein Trinkglas u. s. w. Vor der Abreise verzeichnete der Grosvater auf langen Zetteln alles das, was während seiner Abreise im Hause besorgt werden sollte. Nicht nur der Tag der Abreise, sondern auch alle einzelnen Stationen für Mittagessen und Nachtquartiere wurden auf das genauste bestimmt, und ein Laufzettel sorgte dafür, daß man nicht viele Stunden auf die Pferde zu warten brauchte. In dem Sande der Mark und in dem fetten westphälischen Boden wurden selten mehr als 5 oder 6 Meilen an einem Tage zurückgelegt, und es galt für ein Glück, wenn eine größere Reise ohne Achsenbruch, Umwerfen oder andre Unglücksfälle verlief. Weil der Grosvater indessen auf alle möglichen Hindernisse Bedacht nahm, so ging die Reise meist ein wenig schneller, als er berechnet, was wir einmal zu unserm Leidwesen erfuhren. Er hatte von Pyrmont aus Tag und Stunde seiner Ankunft in Berlin gemeldet. Meine Aeltern beschlossen, ihm bis zur nächsten Station entgegenzufahren und die Kinder mitzunehmen. Wir kamen selten einmal vor das Thor, da wir in dem Hausgarten uns hinreichende Bewegung machten, daher hatte die Idee dieser Reise etwas überaus reizendes. Was konnte es auf einer Strecke von zwei Meilen nicht alles zu sehn geben! welche neuen unbekannten Gegenden mochten da auftauchen! Wir konnten die Zeit kaum erwarten und setzten uns mit den seeligsten Gefühlen in den Wagen, der für diese größere Exkursion mit Vorräthen an Fleisch, Brodt und Wein reichlich versehn war. Doch die Freude währte nicht lange: denn als wir eben den Platz an der Petrikirche erreichten, begegnete ein Pudermesser, ein Feuerzeug, eine Lichtputze, ein Pfropfenzieher, ein Trinkglas u. s. w. Vor der Abreise verzeichnete der Grosvater auf langen Zetteln alles das, was während seiner Abreise im Hause besorgt werden sollte. Nicht nur der Tag der Abreise, sondern auch alle einzelnen Stationen für Mittagessen und Nachtquartiere wurden auf das genauste bestimmt, und ein Laufzettel sorgte dafür, daß man nicht viele Stunden auf die Pferde zu warten brauchte. In dem Sande der Mark und in dem fetten westphälischen Boden wurden selten mehr als 5 oder 6 Meilen an einem Tage zurückgelegt, und es galt für ein Glück, wenn eine größere Reise ohne Achsenbruch, Umwerfen oder andre Unglücksfälle verlief. Weil der Grosvater indessen auf alle möglichen Hindernisse Bedacht nahm, so ging die Reise meist ein wenig schneller, als er berechnet, was wir einmal zu unserm Leidwesen erfuhren. Er hatte von Pyrmont aus Tag und Stunde seiner Ankunft in Berlin gemeldet. Meine Aeltern beschlossen, ihm bis zur nächsten Station entgegenzufahren und die Kinder mitzunehmen. Wir kamen selten einmal vor das Thor, da wir in dem Hausgarten uns hinreichende Bewegung machten, daher hatte die Idee dieser Reise etwas überaus reizendes. Was konnte es auf einer Strecke von zwei Meilen nicht alles zu sehn geben! welche neuen unbekannten Gegenden mochten da auftauchen! Wir konnten die Zeit kaum erwarten und setzten uns mit den seeligsten Gefühlen in den Wagen, der für diese größere Exkursion mit Vorräthen an Fleisch, Brodt und Wein reichlich versehn war. Doch die Freude währte nicht lange: denn als wir eben den Platz an der Petrikirche erreichten, begegnete <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0102" n="90"/> ein Pudermesser, ein Feuerzeug, eine Lichtputze, ein Pfropfenzieher, ein Trinkglas u. s. w. </p><lb/> <p>Vor der Abreise verzeichnete der Grosvater auf langen Zetteln alles das, was während seiner Abreise im Hause besorgt werden sollte. Nicht nur der Tag der Abreise, sondern auch alle einzelnen Stationen für Mittagessen und Nachtquartiere wurden auf das genauste bestimmt, und ein Laufzettel sorgte dafür, daß man nicht viele Stunden auf die Pferde zu warten brauchte. In dem Sande der Mark und in dem fetten westphälischen Boden wurden selten mehr als 5 oder 6 Meilen an einem Tage zurückgelegt, und es galt für ein Glück, wenn eine größere Reise ohne Achsenbruch, Umwerfen oder andre Unglücksfälle verlief. Weil der Grosvater indessen auf alle möglichen Hindernisse Bedacht nahm, so ging die Reise meist ein wenig schneller, als er berechnet, was wir einmal zu unserm Leidwesen erfuhren. </p><lb/> <p>Er hatte von Pyrmont aus Tag und Stunde seiner Ankunft in Berlin gemeldet. Meine Aeltern beschlossen, ihm bis zur nächsten Station entgegenzufahren und die Kinder mitzunehmen. Wir kamen selten einmal vor das Thor, da wir in dem Hausgarten uns hinreichende Bewegung machten, daher hatte die Idee dieser Reise etwas überaus reizendes. Was konnte es auf einer Strecke von zwei Meilen nicht alles zu sehn geben! welche neuen unbekannten Gegenden mochten da auftauchen! Wir konnten die Zeit kaum erwarten und setzten uns mit den seeligsten Gefühlen in den Wagen, der für diese größere Exkursion mit Vorräthen an Fleisch, Brodt und Wein reichlich versehn war. Doch die Freude währte nicht lange: denn als wir eben den Platz an der Petrikirche erreichten, begegnete </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0102]
ein Pudermesser, ein Feuerzeug, eine Lichtputze, ein Pfropfenzieher, ein Trinkglas u. s. w.
Vor der Abreise verzeichnete der Grosvater auf langen Zetteln alles das, was während seiner Abreise im Hause besorgt werden sollte. Nicht nur der Tag der Abreise, sondern auch alle einzelnen Stationen für Mittagessen und Nachtquartiere wurden auf das genauste bestimmt, und ein Laufzettel sorgte dafür, daß man nicht viele Stunden auf die Pferde zu warten brauchte. In dem Sande der Mark und in dem fetten westphälischen Boden wurden selten mehr als 5 oder 6 Meilen an einem Tage zurückgelegt, und es galt für ein Glück, wenn eine größere Reise ohne Achsenbruch, Umwerfen oder andre Unglücksfälle verlief. Weil der Grosvater indessen auf alle möglichen Hindernisse Bedacht nahm, so ging die Reise meist ein wenig schneller, als er berechnet, was wir einmal zu unserm Leidwesen erfuhren.
Er hatte von Pyrmont aus Tag und Stunde seiner Ankunft in Berlin gemeldet. Meine Aeltern beschlossen, ihm bis zur nächsten Station entgegenzufahren und die Kinder mitzunehmen. Wir kamen selten einmal vor das Thor, da wir in dem Hausgarten uns hinreichende Bewegung machten, daher hatte die Idee dieser Reise etwas überaus reizendes. Was konnte es auf einer Strecke von zwei Meilen nicht alles zu sehn geben! welche neuen unbekannten Gegenden mochten da auftauchen! Wir konnten die Zeit kaum erwarten und setzten uns mit den seeligsten Gefühlen in den Wagen, der für diese größere Exkursion mit Vorräthen an Fleisch, Brodt und Wein reichlich versehn war. Doch die Freude währte nicht lange: denn als wir eben den Platz an der Petrikirche erreichten, begegnete
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/102>, abgerufen am 16.02.2025. |