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Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904.

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Da die einzelnen Betriebe so klein sind, daß von dem Erträgnis eine Familie kaum leben kann, so handelt es sich darum, dem jüdischen Bauer solche Nebenbetriebe zu verschaffen, die ihn von seiner Landarbeit nicht nur nicht ablenken, sondern ihn mit seiner Scholle noch inniger verknüpfen. An dieser Stelle soll die Bedeutung der Einführung von Gartenbauunterricht an den Volksschulen erwähnt werden. Ein solches Unternehmen bedarf keines besonderen Aufwandes an Geld und Kraft, wenn nur die Volksschule etwas Land zur Einrichtung einer Baumschule hat, und der Schulleiter Unternehmungslust genug zu dessen Bewirtschaftung besitzt. Solche Baumschulen werden gewöhnlich so angelegt, daß ihr Haupterträgnis dem Lehrer zufällt, während ein Teil der kultivierten Pflanzen unter die Schüler verteilt wird, damit sie sie in den Gärten ihrer Eltern anpflanzen.

Auf diese Weise würde es erreicht, daß die Schüler den Gartenbau nicht nur erlernen, sondern daß sie das Gelernte auch unmittelbar in die Praxis umsetzen können. Andererseits gewähren diese Schulgärten dem Schulleiter eine Nebeneinnahme, die nach der Berechnung eines Fachmannes, der für solche Schulgärten eintritt, (Schimanowsky : Der Garten an der Volksschule, russ.) 120 bis 400 Mark jährlich beträgt

Solche Schulgärten brauchen nicht nur bei Dorfschulen angelegt zu werden: in Ostgalizien, wo der Obstbau und -Handel stark entwickelt ist, könnten sie den Juden einen ganz neuen Erwerbszweig erschließen. Es schienen mir die Baron Hirsch-Schulen in den kleinen ostgalizischen Städten besonders gute Ausgangspunkte für solche Unternehmungen zu sein: so die Schulen in Obertyn und Zaleszczyky, wo, soviel ich weiß, kleine Gartenanlagen vorhanden sind, die jedoch zum Gartenbau-Unterricht nicht verwendet werden.

Wie der Slöjdunterricht fürs Handwerk, so haben die Schulgärten für die Landwirtschaft den Zweck, den Kindern schon auf der Schulbank Verständnis und Liebe für ihre Arbeit beizubringen. Wie aber der Slöjdunterricht ohne eine Organisation des Handwerks nur einen erzieherischen und keinen wirtschaftlichen Zweck hat, so kann die Einführung des Gartenbau-Unterrichtes in den Baron Hirsch-Schulen für die Entwicklung der jüdischen Landwirtschaft keinen Wert gewinnen, bevor es eine jüdische Bauernbevölkerung in Galizien gibt. Sobald man es sich zur Aufgabe macht,

Da die einzelnen Betriebe so klein sind, daß von dem Erträgnis eine Familie kaum leben kann, so handelt es sich darum, dem jüdischen Bauer solche Nebenbetriebe zu verschaffen, die ihn von seiner Landarbeit nicht nur nicht ablenken, sondern ihn mit seiner Scholle noch inniger verknüpfen. An dieser Stelle soll die Bedeutung der Einführung von Gartenbauunterricht an den Volksschulen erwähnt werden. Ein solches Unternehmen bedarf keines besonderen Aufwandes an Geld und Kraft, wenn nur die Volksschule etwas Land zur Einrichtung einer Baumschule hat, und der Schulleiter Unternehmungslust genug zu dessen Bewirtschaftung besitzt. Solche Baumschulen werden gewöhnlich so angelegt, daß ihr Haupterträgnis dem Lehrer zufällt, während ein Teil der kultivierten Pflanzen unter die Schüler verteilt wird, damit sie sie in den Gärten ihrer Eltern anpflanzen.

Auf diese Weise würde es erreicht, daß die Schüler den Gartenbau nicht nur erlernen, sondern daß sie das Gelernte auch unmittelbar in die Praxis umsetzen können. Andererseits gewähren diese Schulgärten dem Schulleiter eine Nebeneinnahme, die nach der Berechnung eines Fachmannes, der für solche Schulgärten eintritt, (Schimanowsky : Der Garten an der Volksschule, russ.) 120 bis 400 Mark jährlich beträgt

Solche Schulgärten brauchen nicht nur bei Dorfschulen angelegt zu werden: in Ostgalizien, wo der Obstbau und -Handel stark entwickelt ist, könnten sie den Juden einen ganz neuen Erwerbszweig erschließen. Es schienen mir die Baron Hirsch-Schulen in den kleinen ostgalizischen Städten besonders gute Ausgangspunkte für solche Unternehmungen zu sein: so die Schulen in Obertyn und Zaleszczyky, wo, soviel ich weiß, kleine Gartenanlagen vorhanden sind, die jedoch zum Gartenbau-Unterricht nicht verwendet werden.

Wie der Slöjdunterricht fürs Handwerk, so haben die Schulgärten für die Landwirtschaft den Zweck, den Kindern schon auf der Schulbank Verständnis und Liebe für ihre Arbeit beizubringen. Wie aber der Slöjdunterricht ohne eine Organisation des Handwerks nur einen erzieherischen und keinen wirtschaftlichen Zweck hat, so kann die Einführung des Gartenbau-Unterrichtes in den Baron Hirsch-Schulen für die Entwicklung der jüdischen Landwirtschaft keinen Wert gewinnen, bevor es eine jüdische Bauernbevölkerung in Galizien gibt. Sobald man es sich zur Aufgabe macht,

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[69/0069] Da die einzelnen Betriebe so klein sind, daß von dem Erträgnis eine Familie kaum leben kann, so handelt es sich darum, dem jüdischen Bauer solche Nebenbetriebe zu verschaffen, die ihn von seiner Landarbeit nicht nur nicht ablenken, sondern ihn mit seiner Scholle noch inniger verknüpfen. An dieser Stelle soll die Bedeutung der Einführung von Gartenbauunterricht an den Volksschulen erwähnt werden. Ein solches Unternehmen bedarf keines besonderen Aufwandes an Geld und Kraft, wenn nur die Volksschule etwas Land zur Einrichtung einer Baumschule hat, und der Schulleiter Unternehmungslust genug zu dessen Bewirtschaftung besitzt. Solche Baumschulen werden gewöhnlich so angelegt, daß ihr Haupterträgnis dem Lehrer zufällt, während ein Teil der kultivierten Pflanzen unter die Schüler verteilt wird, damit sie sie in den Gärten ihrer Eltern anpflanzen. Auf diese Weise würde es erreicht, daß die Schüler den Gartenbau nicht nur erlernen, sondern daß sie das Gelernte auch unmittelbar in die Praxis umsetzen können. Andererseits gewähren diese Schulgärten dem Schulleiter eine Nebeneinnahme, die nach der Berechnung eines Fachmannes, der für solche Schulgärten eintritt, (Schimanowsky : Der Garten an der Volksschule, russ.) 120 bis 400 Mark jährlich beträgt Solche Schulgärten brauchen nicht nur bei Dorfschulen angelegt zu werden: in Ostgalizien, wo der Obstbau und -Handel stark entwickelt ist, könnten sie den Juden einen ganz neuen Erwerbszweig erschließen. Es schienen mir die Baron Hirsch-Schulen in den kleinen ostgalizischen Städten besonders gute Ausgangspunkte für solche Unternehmungen zu sein: so die Schulen in Obertyn und Zaleszczyky, wo, soviel ich weiß, kleine Gartenanlagen vorhanden sind, die jedoch zum Gartenbau-Unterricht nicht verwendet werden. Wie der Slöjdunterricht fürs Handwerk, so haben die Schulgärten für die Landwirtschaft den Zweck, den Kindern schon auf der Schulbank Verständnis und Liebe für ihre Arbeit beizubringen. Wie aber der Slöjdunterricht ohne eine Organisation des Handwerks nur einen erzieherischen und keinen wirtschaftlichen Zweck hat, so kann die Einführung des Gartenbau-Unterrichtes in den Baron Hirsch-Schulen für die Entwicklung der jüdischen Landwirtschaft keinen Wert gewinnen, bevor es eine jüdische Bauernbevölkerung in Galizien gibt. Sobald man es sich zur Aufgabe macht,

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Zitationshilfe: Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pappenheim_galizien_1904/69>, abgerufen am 24.11.2024.