berühren oder gefährden können; ebenso wenig, wie ein auf jener supponirten Insel nicht zum Ziel gelangender Verständnisversuch mit den Fremden mich im Hinblik auf die Sicherheit meiner zurükgelassenen Heimat alteriren könte.
Es ist ganz einerlei welchen Spezialfall von scheinbarer Beeinflussung der Psiche durch die Aussenwelt ich mir auswähle, die Schwierigkeit ist bei jedem die gleiche; ich wähle aber als eines der sinnfälligsten Beispiele die Intoxikazions-Erscheinungen bei Alkohol oder Haschisch. Hier könte man angesichts der toxischen Wirkung auf unsere Psiche bedenklich werden, unsere psichischen Erscheinungen als eine Einwirkung des von uns postulirten transzendentalen Prinzips anzusehen, weil hier "äussere" Ursache und "innere" Wirkung so dicht beieinander liegen: man giesst vorne zum Mund Wein hinein, und hinten springt das Sinnesdelir aus dem Kopfe. Zunächst darf ich hier nun nicht vergessen, dass die sinliche, sensorische Leistung meines Hirns, eine rein in das empirische Gebiet der Psiche fallende Leistung ist; und dass ein der sinlichen Sfäre angehöriger Stoff, wie Alkohol, oder Haschisch, auch nur diese Sfäre trift. Dass ein Toxikon mein Gehirn trift und es verändert, auflokert, seine Reflexe beschleunigt, das ist eine innerhalb der Erscheinungswelt mir begreifliche Sache. Und wäre die Psiche eine Sache, die wie die Materjalisten wollen, im selben Topfe gekocht wird wie die sinlichen Erscheinungen, dann wäre es ein höchst einfältiger Vorgang: man giesst Haschisch zum Gehirn wie Zimt zum Reisbrei, und das toxische Delir kommt hervor wie der Zimtgeruch aus dem Topf. Aber vor meinem Denken ist der Saz, dass Haschisch Psiche kreire - und darauf geht doch die materjalistische Meinung hinaus - eine unmögliche Sache. Dass aus einem Haschisch-Molekül ein Fantom, eine psichische Leistung entstehen könne, das ist für mein Denken eine ebenso repulsiver Gedanke, als dass aus einem Gehirnreflex Bewusstsein entstehen solle; Ueber diesen Abgrund bringe ich das Haschisch-Molekül so wenig hinweg, wie die Bewegung der Gehirn-Rindenzelle. Dass, wenn Gehirn in irgend einer Form mit dem Auftreten von Psiche verknüpft
berühren oder gefährden können; ebenso wenig, wie ein auf jener supponirten Insel nicht zum Ziel gelangender Verständnisversuch mit den Fremden mich im Hinblik auf die Sicherheit meiner zurükgelassenen Heimat alteriren könte.
Es ist ganz einerlei welchen Spezialfall von scheinbarer Beeinflussung der Psiche durch die Aussenwelt ich mir auswähle, die Schwierigkeit ist bei jedem die gleiche; ich wähle aber als eines der sinnfälligsten Beispiele die Intoxikazions-Erscheinungen bei Alkohol oder Haschisch. Hier könte man angesichts der toxischen Wirkung auf unsere Psiche bedenklich werden, unsere psichischen Erscheinungen als eine Einwirkung des von uns postulirten transzendentalen Prinzips anzusehen, weil hier „äussere“ Ursache und „innere“ Wirkung so dicht beieinander liegen: man giesst vorne zum Mund Wein hinein, und hinten springt das Sinnesdelir aus dem Kopfe. Zunächst darf ich hier nun nicht vergessen, dass die sinliche, sensorische Leistung meines Hirns, eine rein in das empirische Gebiet der Psiche fallende Leistung ist; und dass ein der sinlichen Sfäre angehöriger Stoff, wie Alkohol, oder Haschisch, auch nur diese Sfäre trift. Dass ein Toxikon mein Gehirn trift und es verändert, auflokert, seine Reflexe beschleunigt, das ist eine innerhalb der Erscheinungswelt mir begreifliche Sache. Und wäre die Psiche eine Sache, die wie die Materjalisten wollen, im selben Topfe gekocht wird wie die sinlichen Erscheinungen, dann wäre es ein höchst einfältiger Vorgang: man giesst Haschisch zum Gehirn wie Zimt zum Reisbrei, und das toxische Delir kommt hervor wie der Zimtgeruch aus dem Topf. Aber vor meinem Denken ist der Saz, dass Haschisch Psiche kreïre – und darauf geht doch die materjalistische Meinung hinaus – eine unmögliche Sache. Dass aus einem Haschisch-Molekül ein Fantom, eine psichische Leistung entstehen könne, das ist für mein Denken eine ebenso repulsiver Gedanke, als dass aus einem Gehirnreflex Bewusstsein entstehen solle; Ueber diesen Abgrund bringe ich das Haschisch-Molekül so wenig hinweg, wie die Bewegung der Gehirn-Rindenzelle. Dass, wenn Gehirn in irgend einer Form mit dem Auftreten von Psiche verknüpft
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0041"n="40"/>
berühren oder gefährden können; ebenso wenig, wie ein auf jener supponirten Insel nicht zum Ziel gelangender Verständnisversuch mit den Fremden mich im Hinblik auf die Sicherheit meiner zurükgelassenen Heimat alteriren könte.</p><p>Es ist ganz einerlei welchen Spezialfall von scheinbarer Beeinflussung der Psiche durch die Aussenwelt ich mir auswähle, die Schwierigkeit ist bei jedem die gleiche; ich wähle aber als eines der sinnfälligsten Beispiele die Intoxikazions-Erscheinungen bei Alkohol oder Haschisch. Hier könte man angesichts der toxischen Wirkung auf unsere Psiche bedenklich werden, unsere psichischen Erscheinungen als eine Einwirkung des von uns postulirten transzendentalen Prinzips anzusehen, weil hier „äussere“ Ursache und „innere“ Wirkung so dicht beieinander liegen: man giesst vorne zum Mund Wein hinein, und hinten springt das Sinnesdelir aus dem Kopfe. Zunächst darf ich hier nun nicht vergessen, dass die sinliche, sensorische Leistung meines Hirns, eine rein in das empirische Gebiet der Psiche fallende Leistung ist; und dass ein der sinlichen Sfäre angehöriger Stoff, wie Alkohol, oder Haschisch, auch nur diese Sfäre trift. Dass ein Toxikon mein Gehirn trift und es verändert, auflokert, seine Reflexe beschleunigt, das ist eine innerhalb der Erscheinungswelt mir begreifliche Sache. Und wäre die Psiche eine Sache, die wie die Materjalisten wollen, im selben Topfe gekocht wird wie die sinlichen Erscheinungen, dann wäre es ein höchst einfältiger Vorgang: man giesst Haschisch zum Gehirn wie Zimt zum Reisbrei, und das toxische Delir kommt hervor wie der Zimtgeruch aus dem Topf. Aber vor meinem Denken ist der Saz, dass Haschisch Psiche kreïre – und darauf geht doch die materjalistische Meinung hinaus – eine unmögliche Sache. Dass aus einem Haschisch-Molekül ein Fantom, eine psichische Leistung entstehen könne, das ist für mein Denken eine ebenso repulsiver Gedanke, als dass aus einem Gehirnreflex Bewusstsein entstehen solle; Ueber diesen Abgrund bringe ich das Haschisch-Molekül so wenig hinweg, wie die Bewegung der Gehirn-Rindenzelle. Dass, wenn Gehirn <hirendition="#g">in irgend einer Form</hi> mit dem Auftreten von Psiche verknüpft
</p></div></div></body></text></TEI>
[40/0041]
berühren oder gefährden können; ebenso wenig, wie ein auf jener supponirten Insel nicht zum Ziel gelangender Verständnisversuch mit den Fremden mich im Hinblik auf die Sicherheit meiner zurükgelassenen Heimat alteriren könte.
Es ist ganz einerlei welchen Spezialfall von scheinbarer Beeinflussung der Psiche durch die Aussenwelt ich mir auswähle, die Schwierigkeit ist bei jedem die gleiche; ich wähle aber als eines der sinnfälligsten Beispiele die Intoxikazions-Erscheinungen bei Alkohol oder Haschisch. Hier könte man angesichts der toxischen Wirkung auf unsere Psiche bedenklich werden, unsere psichischen Erscheinungen als eine Einwirkung des von uns postulirten transzendentalen Prinzips anzusehen, weil hier „äussere“ Ursache und „innere“ Wirkung so dicht beieinander liegen: man giesst vorne zum Mund Wein hinein, und hinten springt das Sinnesdelir aus dem Kopfe. Zunächst darf ich hier nun nicht vergessen, dass die sinliche, sensorische Leistung meines Hirns, eine rein in das empirische Gebiet der Psiche fallende Leistung ist; und dass ein der sinlichen Sfäre angehöriger Stoff, wie Alkohol, oder Haschisch, auch nur diese Sfäre trift. Dass ein Toxikon mein Gehirn trift und es verändert, auflokert, seine Reflexe beschleunigt, das ist eine innerhalb der Erscheinungswelt mir begreifliche Sache. Und wäre die Psiche eine Sache, die wie die Materjalisten wollen, im selben Topfe gekocht wird wie die sinlichen Erscheinungen, dann wäre es ein höchst einfältiger Vorgang: man giesst Haschisch zum Gehirn wie Zimt zum Reisbrei, und das toxische Delir kommt hervor wie der Zimtgeruch aus dem Topf. Aber vor meinem Denken ist der Saz, dass Haschisch Psiche kreïre – und darauf geht doch die materjalistische Meinung hinaus – eine unmögliche Sache. Dass aus einem Haschisch-Molekül ein Fantom, eine psichische Leistung entstehen könne, das ist für mein Denken eine ebenso repulsiver Gedanke, als dass aus einem Gehirnreflex Bewusstsein entstehen solle; Ueber diesen Abgrund bringe ich das Haschisch-Molekül so wenig hinweg, wie die Bewegung der Gehirn-Rindenzelle. Dass, wenn Gehirn in irgend einer Form mit dem Auftreten von Psiche verknüpft
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-04-29T10:04:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-04-29T10:04:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-04-29T10:04:31Z)
Panizza, Oskar: Der Illusionismus und Die Rettung der Persönlichkeit. Leipzig, 1895, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/panizza_illusionismus_1895/41>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.