Panizza, Oskar: Der Illusionismus und Die Rettung der Persönlichkeit. Leipzig, 1895.genannt werden. Fürchte nicht: Er ist für die meskinen Unterschiede irdischer Pädagogen, oder die Paragrafen einer "Staats"- oder "Gesellschafts"-Moral unerreichbar. Und wenn auch die "Ordnung der Dinge" in dieser Welt auf ihn, als lezte causa efficiens, zurückzuführen ist. Du darfst nicht rükwärts schliessend dich auf Hiesiges stützen; Du musst, als Lebender und Wirkender, vorwärts schliessen, und Dich auf ihn stüzen. Er ist für Dich da. Und mit ihm vereint darfst Du diese blöde, dumme Welt herausfordern; darfst diese Larven mit wasserblauen Augen, die Dich hier umgeben, verachten, und jene bebrillten Automaten, die gegen ein sicheres Mittagessen Dir vordoziren: Du musst Den heilig halten, und für Jenen sterben, Du musst ein tüchtiges Mitglied der Gesellschaft sein, und ein braver Staatsbürger, der seinen Eid mit dem gehenden und kommenden Erlauchten Haus seines Landes bricht und hält - die darfst Du verlachen und für eine tief unter Dir stehende "genus hominum" halten, - wenn Du mit Deinem Dämon d'accord bist. - §. 15. Die Forderung, die Aussenwelt als einen im Denken gegebenen, mit ihm gleichzeitigen, identischen Prozess anzusehen, ist für den Erfahrungsmenschen hart; sie ist aber unerbittlich; sie ist die einzige Möglichkeit, das tausendjährige Problem über die Art der Verbindung von Seele und Leib zu schlichten; ein Problem, das Descartes nocheinmal in seiner ganzen Unerbittlichkeit für den modernen Menschen hinstelte, und das Spinoza wohl formell löste, indem er es durch einen rein begrifflichen Machtspruch aufhob, aber nicht anschaulich machte. Denn mit dem Hauptsaz seiner Lehre: Ausgedehntes und Gedachtes (res extensa und res cogitans) seien nur Attribute ein und derselben Substanz (natura naturans) von der einen oder anderen Seite betrachtet, dekretirt er einen extramundanen Beschauer, der Gott oder Spinoza selbst ist, eine überirdische Intelligenz, von der wir bei aller Anstrengung nicht begreifen können, dass sie genannt werden. Fürchte nicht: Er ist für die meskinen Unterschiede irdischer Pädagogen, oder die Paragrafen einer „Staats“- oder „Gesellschafts“-Moral unerreichbar. Und wenn auch die „Ordnung der Dinge“ in dieser Welt auf ihn, als lezte causa efficiens, zurückzuführen ist. Du darfst nicht rükwärts schliessend dich auf Hiesiges stützen; Du musst, als Lebender und Wirkender, vorwärts schliessen, und Dich auf ihn stüzen. Er ist für Dich da. Und mit ihm vereint darfst Du diese blöde, dumme Welt herausfordern; darfst diese Larven mit wasserblauen Augen, die Dich hier umgeben, verachten, und jene bebrillten Automaten, die gegen ein sicheres Mittagessen Dir vordoziren: Du musst Den heilig halten, und für Jenen sterben, Du musst ein tüchtiges Mitglied der Gesellschaft sein, und ein braver Staatsbürger, der seinen Eid mit dem gehenden und kommenden Erlauchten Haus seines Landes bricht und hält – die darfst Du verlachen und für eine tief unter Dir stehende „genus hominum“ halten, – wenn Du mit Deinem Dämon d’accord bist. – §. 15. Die Forderung, die Aussenwelt als einen im Denken gegebenen, mit ihm gleichzeitigen, identischen Prozess anzusehen, ist für den Erfahrungsmenschen hart; sie ist aber unerbittlich; sie ist die einzige Möglichkeit, das tausendjährige Problem über die Art der Verbindung von Seele und Leib zu schlichten; ein Problem, das Descartes nocheinmal in seiner ganzen Unerbittlichkeit für den modernen Menschen hinstelte, und das Spinoza wohl formell löste, indem er es durch einen rein begrifflichen Machtspruch aufhob, aber nicht anschaulich machte. Denn mit dem Hauptsaz seiner Lehre: Ausgedehntes und Gedachtes (res extensa und res cogitans) seien nur Attribute ein und derselben Substanz (natura naturans) von der einen oder anderen Seite betrachtet, dekretirt er einen extramundanen Beschauer, der Gott oder Spinoza selbst ist, eine überirdische Intelligenz, von der wir bei aller Anstrengung nicht begreifen können, dass sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0035" n="34"/> genannt werden. Fürchte nicht: Er ist für die meskinen Unterschiede irdischer Pädagogen, oder die Paragrafen einer „Staats“- oder „Gesellschafts“-Moral unerreichbar. Und wenn auch die „Ordnung der Dinge“ in dieser Welt auf ihn, als lezte causa efficiens, zurückzuführen ist. Du darfst nicht rükwärts schliessend dich auf Hiesiges stützen; Du musst, als Lebender und Wirkender, vorwärts schliessen, und Dich auf ihn stüzen. Er ist für Dich da. 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§. 15.
Die Forderung, die Aussenwelt als einen im Denken gegebenen, mit ihm gleichzeitigen, identischen Prozess anzusehen, ist für den Erfahrungsmenschen hart; sie ist aber unerbittlich; sie ist die einzige Möglichkeit, das tausendjährige Problem über die Art der Verbindung von Seele und Leib zu schlichten; ein Problem, das Descartes nocheinmal in seiner ganzen Unerbittlichkeit für den modernen Menschen hinstelte, und das Spinoza wohl formell löste, indem er es durch einen rein begrifflichen Machtspruch aufhob, aber nicht anschaulich machte. Denn mit dem Hauptsaz seiner Lehre: Ausgedehntes und Gedachtes (res extensa und res cogitans) seien nur Attribute ein und derselben Substanz (natura naturans) von der einen oder anderen Seite betrachtet, dekretirt er einen extramundanen Beschauer, der Gott oder Spinoza selbst ist, eine überirdische Intelligenz, von der wir bei aller Anstrengung nicht begreifen können, dass sie
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