Pahl, Johann Gottfried: Trost- und Condolenz-Schreiben an den guten Mann, welcher über dem Truzlibell für den Wirtembergischen Adel im Angesichte des ehrlöblichen Publicums, bittre Thränen vergossen hat. 1797.hat. Auch werden überall die Weisen und Klugen selbst gegen das Vortreflichste mißtrauisch, so bald die Kinder und Unmündigen ihr Lob zu demselben hinauf lallen. Doch ich will ad speciem gehen! Zuerst behauptest du, der Pöbel sey um kein Haar besser, oder habe im Durchschnitte keine Unze mehr wahren Menschenwerth, als der Adel. Aber, siehe, das ist schon ein Haupt-Fehlgriff, der dir ohne deine oben gerügte ausserordentliche Blödsichtigkeit, - über die ich dich auch von ganzem Herzen bedaure, - kaum hätte widerfahren können. Denn das darf bey unserm Systeme durchaus nicht zugeben, daß der Bürgerstand dem Adel, in Absicht auf die Vorzüge des Geistes und Herzens gleich sey, sondern man muß unverwankt auf dem Prinzip bestehen: Der Adel ist von besserer Natur, als das Volk. Gibt hat. Auch werden überall die Weisen und Klugen selbst gegen das Vortreflichste mißtrauisch, so bald die Kinder und Unmündigen ihr Lob zu demselben hinauf lallen. Doch ich will ad speciem gehen! Zuerst behauptest du, der Pöbel sey um kein Haar besser, oder habe im Durchschnitte keine Unze mehr wahren Menschenwerth, als der Adel. Aber, siehe, das ist schon ein Haupt-Fehlgriff, der dir ohne deine oben gerügte ausserordentliche Blödsichtigkeit, – über die ich dich auch von ganzem Herzen bedaure, – kaum hätte widerfahren können. Denn das darf bey unserm Systeme durchaus nicht zugeben, daß der Bürgerstand dem Adel, in Absicht auf die Vorzüge des Geistes und Herzens gleich sey, sondern man muß unverwankt auf dem Prinzip bestehen: Der Adel ist von besserer Natur, als das Volk. Gibt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0027" n="27"/> hat. Auch werden überall die Weisen und Klugen selbst gegen das Vortreflichste mißtrauisch, so bald die Kinder und Unmündigen ihr Lob zu demselben hinauf lallen.</p> <p>Doch ich will <hi rendition="#aq">ad speciem</hi> gehen!</p> <p>Zuerst behauptest du, der Pöbel sey um kein Haar besser, oder habe im Durchschnitte keine Unze mehr wahren Menschenwerth, als der Adel. Aber, siehe, das ist schon ein Haupt-Fehlgriff, der dir ohne deine oben gerügte ausserordentliche Blödsichtigkeit, – über die ich dich auch von ganzem Herzen bedaure, – kaum hätte widerfahren können. Denn das darf bey unserm Systeme durchaus nicht zugeben, daß der Bürgerstand dem Adel, in Absicht auf die Vorzüge des Geistes und Herzens gleich sey, sondern man muß unverwankt auf dem Prinzip bestehen: Der Adel ist von besserer Natur, als das Volk. Gibt </p> </div> </body> </text> </TEI> [27/0027]
hat. Auch werden überall die Weisen und Klugen selbst gegen das Vortreflichste mißtrauisch, so bald die Kinder und Unmündigen ihr Lob zu demselben hinauf lallen.
Doch ich will ad speciem gehen!
Zuerst behauptest du, der Pöbel sey um kein Haar besser, oder habe im Durchschnitte keine Unze mehr wahren Menschenwerth, als der Adel. Aber, siehe, das ist schon ein Haupt-Fehlgriff, der dir ohne deine oben gerügte ausserordentliche Blödsichtigkeit, – über die ich dich auch von ganzem Herzen bedaure, – kaum hätte widerfahren können. Denn das darf bey unserm Systeme durchaus nicht zugeben, daß der Bürgerstand dem Adel, in Absicht auf die Vorzüge des Geistes und Herzens gleich sey, sondern man muß unverwankt auf dem Prinzip bestehen: Der Adel ist von besserer Natur, als das Volk. Gibt
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Zitationshilfe: | Pahl, Johann Gottfried: Trost- und Condolenz-Schreiben an den guten Mann, welcher über dem Truzlibell für den Wirtembergischen Adel im Angesichte des ehrlöblichen Publicums, bittre Thränen vergossen hat. 1797, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_truzlibell_1797/27>, abgerufen am 16.02.2025. |