[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799."Der Beschluß, sagte ich, sey bei Hofe mit allgemeinen Beyfall aufgenommen worden." Meine Leser müßten die Welt, und besonders die Höfe gar nicht kennen, wenn sie diese Bemerkung für verdächtig, oder auch nur für paradox halten könnten. Sobald sich die Fürstinn entfernt hatte, wollte niemand mehr aufgeklärt seyn, und sobald wir aus dem Felde zurück gekommen waren, wollte Jedermann für einen Obskuranten gelten. Man sah nun keine Almanachs und keine Romane mehr in den Händen unserer Damen. Die Kavalliere schlossen sich, wenn sie nur die Zeitung lasen, in das Innerste ihrer Kabinette ein. Man hörte an dem Hofe kein Wort mehr von Literatur und Philosophie. Man sah in den Messen und sogar in der Vesper wieder hohe Frisuren und Ordensbänder. Statt des eingegangenen Liebhaber-Theaters wurde ein Bauer aus Tyrol als Hofnarr engagiert, der dieselbe Charge eher bey dem Chur-Fürsten von Bayern begleitet hatte. Die Sekretairs bey den Kollegien schrieben wieder den alten Kurial-Stil. Man vermied sogar im Umgange sorgfältig die Wendungen und Phrasen des modernen Teutsch. „Der Beschluß, sagte ich, sey bei Hofe mit allgemeinen Beyfall aufgenommen worden.“ Meine Leser müßten die Welt, und besonders die Höfe gar nicht kennen, wenn sie diese Bemerkung für verdächtig, oder auch nur für paradox halten könnten. Sobald sich die Fürstinn entfernt hatte, wollte niemand mehr aufgeklärt seyn, und sobald wir aus dem Felde zurück gekommen waren, wollte Jedermann für einen Obskuranten gelten. Man sah nun keine Almanachs und keine Romane mehr in den Händen unserer Damen. Die Kavalliere schlossen sich, wenn sie nur die Zeitung lasen, in das Innerste ihrer Kabinette ein. Man hörte an dem Hofe kein Wort mehr von Literatur und Philosophie. Man sah in den Messen und sogar in der Vesper wieder hohe Frisuren und Ordensbänder. Statt des eingegangenen Liebhaber-Theaters wurde ein Bauer aus Tyrol als Hofnarr engagiert, der dieselbe Charge eher bey dem Chur-Fürsten von Bayern begleitet hatte. Die Sekretairs bey den Kollegien schrieben wieder den alten Kurial-Stil. Man vermied sogar im Umgange sorgfältig die Wendungen und Phrasen des modernen Teutsch. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0210" n="210"/> <p>„Der Beschluß, sagte ich, sey bei Hofe mit allgemeinen Beyfall aufgenommen worden.“ Meine Leser müßten die Welt, und besonders die Höfe gar nicht kennen, wenn sie diese Bemerkung für verdächtig, oder auch nur für paradox halten könnten. Sobald sich die Fürstinn entfernt hatte, wollte niemand mehr aufgeklärt seyn, und sobald wir aus dem Felde zurück gekommen waren, wollte Jedermann für einen Obskuranten gelten. Man sah nun keine Almanachs und keine Romane mehr in den Händen unserer Damen. Die Kavalliere schlossen sich, wenn sie nur die Zeitung lasen, in das Innerste ihrer Kabinette ein. Man hörte an dem Hofe kein Wort mehr von Literatur und Philosophie. Man sah in den Messen und sogar in der Vesper wieder hohe Frisuren und Ordensbänder. Statt des eingegangenen Liebhaber-Theaters wurde ein Bauer aus <hi rendition="#g">Tyrol</hi> als Hofnarr engagiert, der dieselbe Charge eher bey dem Chur-Fürsten von <hi rendition="#g">Bayern</hi> begleitet hatte. Die Sekretairs bey den Kollegien schrieben wieder den alten Kurial-Stil. Man vermied sogar im Umgange sorgfältig die Wendungen und Phrasen des modernen Teutsch. </p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0210]
„Der Beschluß, sagte ich, sey bei Hofe mit allgemeinen Beyfall aufgenommen worden.“ Meine Leser müßten die Welt, und besonders die Höfe gar nicht kennen, wenn sie diese Bemerkung für verdächtig, oder auch nur für paradox halten könnten. Sobald sich die Fürstinn entfernt hatte, wollte niemand mehr aufgeklärt seyn, und sobald wir aus dem Felde zurück gekommen waren, wollte Jedermann für einen Obskuranten gelten. Man sah nun keine Almanachs und keine Romane mehr in den Händen unserer Damen. Die Kavalliere schlossen sich, wenn sie nur die Zeitung lasen, in das Innerste ihrer Kabinette ein. Man hörte an dem Hofe kein Wort mehr von Literatur und Philosophie. Man sah in den Messen und sogar in der Vesper wieder hohe Frisuren und Ordensbänder. Statt des eingegangenen Liebhaber-Theaters wurde ein Bauer aus Tyrol als Hofnarr engagiert, der dieselbe Charge eher bey dem Chur-Fürsten von Bayern begleitet hatte. Die Sekretairs bey den Kollegien schrieben wieder den alten Kurial-Stil. Man vermied sogar im Umgange sorgfältig die Wendungen und Phrasen des modernen Teutsch.
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Zitationshilfe: | [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/210>, abgerufen am 16.07.2024. |