[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.und sich immer in ihrem eignen Kraise bewegt: Deßhalb ist jedem Nichtadelichen der Zutritt in ihre Assambleen verschloßen, und auch Sie wurden heute blos um deßwillen abgewiesen, weil ihre Ahnenprobe so äusserst seicht ausgefallen ist. Der Adel geht hierinn oft so weit, daß er durch seine übertriebene Delikateße nicht so wol schimmert, als vielmehr lächerlich und verächtlich wird. Er nimmt den unbedeutenden Fahnenjunker, der auf keiner Seite keinen Wert und kein Verdienst hat, mit offnen Armen in seinen Versammlungssal auf, wenn ihn nur das Ungefehr der Geburt begünstigt hat, während er dem Nichtadelichen Geheimen Rathe, um den sich die ganze Maschine der Statsverwaltung dreht, und dessen Wirkungskrais hundert tausende in sich schließt, die Thüre vor der Nase zuschlägt. Wären auch Sie einer von den Günstlingen jenes Ungefährs gewesen, man hätte Sie ohne Umstände eingeführt, hätte gleich das ganze Land laut über Ihre Laster und Ungerechtigkeiten geseufzt; hingegen als Nichtadelicher und sich immer in ihrem eignen Kraise bewegt: Deßhalb ist jedem Nichtadelichen der Zutritt in ihre Assambleen verschloßen, und auch Sie wurden heute blos um deßwillen abgewiesen, weil ihre Ahnenprobe so äusserst seicht ausgefallen ist. Der Adel geht hierinn oft so weit, daß er durch seine übertriebene Delikateße nicht so wol schimmert, als vielmehr lächerlich und verächtlich wird. Er nimmt den unbedeutenden Fahnenjunker, der auf keiner Seite keinen Wert und kein Verdienst hat, mit offnen Armen in seinen Versammlungssal auf, wenn ihn nur das Ungefehr der Geburt begünstigt hat, während er dem Nichtadelichen Geheimen Rathe, um den sich die ganze Maschine der Statsverwaltung dreht, und dessen Wirkungskrais hundert tausende in sich schließt, die Thüre vor der Nase zuschlägt. Wären auch Sie einer von den Günstlingen jenes Ungefährs gewesen, man hätte Sie ohne Umstände eingeführt, hätte gleich das ganze Land laut über Ihre Laster und Ungerechtigkeiten geseufzt; hingegen als Nichtadelicher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0109" n="105"/> und sich immer in ihrem eignen Kraise bewegt: Deßhalb ist jedem Nichtadelichen der Zutritt in ihre Assambleen verschloßen, und auch Sie wurden heute blos um deßwillen abgewiesen, weil ihre Ahnenprobe so äusserst seicht ausgefallen ist. Der Adel geht hierinn oft so weit, daß er durch seine übertriebene Delikateße nicht so wol schimmert, als vielmehr lächerlich und verächtlich wird. Er nimmt den unbedeutenden Fahnenjunker, der auf keiner Seite keinen Wert und kein Verdienst hat, mit offnen Armen in seinen Versammlungssal auf, wenn ihn nur das Ungefehr der Geburt begünstigt hat, während er dem Nichtadelichen Geheimen Rathe, um den sich die ganze Maschine der Statsverwaltung dreht, und dessen Wirkungskrais hundert tausende in sich schließt, die Thüre vor der Nase zuschlägt. Wären auch Sie einer von den Günstlingen jenes Ungefährs gewesen, man hätte Sie ohne Umstände eingeführt, hätte gleich das ganze Land laut über Ihre Laster und Ungerechtigkeiten geseufzt; hingegen als Nichtadelicher </p> </div> </body> </text> </TEI> [105/0109]
und sich immer in ihrem eignen Kraise bewegt: Deßhalb ist jedem Nichtadelichen der Zutritt in ihre Assambleen verschloßen, und auch Sie wurden heute blos um deßwillen abgewiesen, weil ihre Ahnenprobe so äusserst seicht ausgefallen ist. Der Adel geht hierinn oft so weit, daß er durch seine übertriebene Delikateße nicht so wol schimmert, als vielmehr lächerlich und verächtlich wird. Er nimmt den unbedeutenden Fahnenjunker, der auf keiner Seite keinen Wert und kein Verdienst hat, mit offnen Armen in seinen Versammlungssal auf, wenn ihn nur das Ungefehr der Geburt begünstigt hat, während er dem Nichtadelichen Geheimen Rathe, um den sich die ganze Maschine der Statsverwaltung dreht, und dessen Wirkungskrais hundert tausende in sich schließt, die Thüre vor der Nase zuschlägt. Wären auch Sie einer von den Günstlingen jenes Ungefährs gewesen, man hätte Sie ohne Umstände eingeführt, hätte gleich das ganze Land laut über Ihre Laster und Ungerechtigkeiten geseufzt; hingegen als Nichtadelicher
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Zitationshilfe: | [Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/109>, abgerufen am 16.02.2025. |