[Pahl, Johann Gottfried]: Geheimnisse eines mehr als fünfzigjährigen wirtembergischen Staatsmannes. [Heilbronn], 1799.fand aber eine große Beruhigung in dem Bewußtseyn, daß er sein Land im besten Wohlstande verlasse. Er hatte Wirtemberg nahe an 50 Jahre regiert. Ludwig bestieg den Thron, und Karl ward mit all seinem Stolze, seinem Pompe und seinen schimmernden Rollen vergessen. Thomas Payne hat von dem letzten Könige von Frankreich behauptet, daß er, wenn ihn der Zufall zu einem Pächter gemacht hätte, der ehrlichste Mann seines Kirchspiels gewesen wäre. Dieß gilt genau von Ludwig von Wirtenberg. Er besaß alle Tugenden eines liebenswürdigen Privatmannes; aber er war für nichts weniger, als für den Thron gebohren. Er hatte sich als Prinz die Liebe aller derer erworben, die sich ihm näherten. Ruhe und Stille des Charakters, Freundlichkeit und Gefälligkeit, eine Herablassung, die den andern oft beschämte, Gerechtigkeitsliebe und Treue, und eine durch Religiosität genährte Gewissenhaftigkeit hatten dem fand aber eine große Beruhigung in dem Bewußtseyn, daß er sein Land im besten Wohlstande verlasse. Er hatte Wirtemberg nahe an 50 Jahre regiert. Ludwig bestieg den Thron, und Karl ward mit all seinem Stolze, seinem Pompe und seinen schimmernden Rollen vergessen. Thomas Payne hat von dem letzten Könige von Frankreich behauptet, daß er, wenn ihn der Zufall zu einem Pächter gemacht hätte, der ehrlichste Mann seines Kirchspiels gewesen wäre. Dieß gilt genau von Ludwig von Wirtenberg. Er besaß alle Tugenden eines liebenswürdigen Privatmannes; aber er war für nichts weniger, als für den Thron gebohren. Er hatte sich als Prinz die Liebe aller derer erworben, die sich ihm näherten. Ruhe und Stille des Charakters, Freundlichkeit und Gefälligkeit, eine Herablassung, die den andern oft beschämte, Gerechtigkeitsliebe und Treue, und eine durch Religiosität genährte Gewissenhaftigkeit hatten dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0079" n="79"/> fand aber eine große Beruhigung in dem Bewußtseyn, daß er sein Land im besten Wohlstande verlasse. Er hatte Wirtemberg nahe an 50 Jahre regiert. <hi rendition="#g">Ludwig</hi> bestieg den Thron, und <hi rendition="#g">Karl</hi> ward mit all seinem Stolze, seinem Pompe und seinen schimmernden Rollen vergessen.</p> <p><hi rendition="#g">Thomas Payne</hi> hat von dem letzten Könige von <hi rendition="#g">Frankreich</hi> behauptet, daß er, wenn ihn der Zufall zu einem Pächter gemacht hätte, der ehrlichste Mann seines Kirchspiels gewesen wäre. Dieß gilt genau von <hi rendition="#g">Ludwig</hi> von Wirtenberg. Er besaß alle Tugenden eines liebenswürdigen Privatmannes; aber er war für nichts weniger, als für den Thron gebohren. Er hatte sich als Prinz die Liebe aller derer erworben, die sich ihm näherten. Ruhe und Stille des Charakters, Freundlichkeit und Gefälligkeit, eine Herablassung, die den andern oft beschämte, Gerechtigkeitsliebe und Treue, und eine durch Religiosität genährte Gewissenhaftigkeit hatten dem </p> </div> </body> </text> </TEI> [79/0079]
fand aber eine große Beruhigung in dem Bewußtseyn, daß er sein Land im besten Wohlstande verlasse. Er hatte Wirtemberg nahe an 50 Jahre regiert. Ludwig bestieg den Thron, und Karl ward mit all seinem Stolze, seinem Pompe und seinen schimmernden Rollen vergessen.
Thomas Payne hat von dem letzten Könige von Frankreich behauptet, daß er, wenn ihn der Zufall zu einem Pächter gemacht hätte, der ehrlichste Mann seines Kirchspiels gewesen wäre. Dieß gilt genau von Ludwig von Wirtenberg. Er besaß alle Tugenden eines liebenswürdigen Privatmannes; aber er war für nichts weniger, als für den Thron gebohren. Er hatte sich als Prinz die Liebe aller derer erworben, die sich ihm näherten. Ruhe und Stille des Charakters, Freundlichkeit und Gefälligkeit, eine Herablassung, die den andern oft beschämte, Gerechtigkeitsliebe und Treue, und eine durch Religiosität genährte Gewissenhaftigkeit hatten dem
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Zitationshilfe: | [Pahl, Johann Gottfried]: Geheimnisse eines mehr als fünfzigjährigen wirtembergischen Staatsmannes. [Heilbronn], 1799, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_geheimnisse_1797/79>, abgerufen am 16.02.2025. |