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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.
diese 4. Proben sich keines weges biß dato im Carlsbader Saltz-Satz
gefunden/ so können wir auch nicht sagen/ daß derselbe Salpeter sey.

Vermeinte
Probe des
Saltzes im
Carlsbade.

Das Saltz will der redliche Hr. Autor aus dem Geschmack
beweisen/ er setzet aber 1) nicht/ was es vor ein Saltz seyn solle/ ob
Koch-Saltz/ oder ein anders. 2) Beruffet er sich nicht auf seinen
eigenen/ sondern auf vieler anderer Leute Geschmack/ welche eine
sonderliche Art zu kosten gehabt/ und gesagt/ es sey gesaltzen. Gleich-
wie es aber gar mißlich ist/ mit anderer Leute Augen zu sehen/ also
ist eben so gefährlich/ mit frembden Zungen zu kosten/ zumahl/ da es
ein bekantes Sprichwort ist/ quod de gustibus non sit disputan-
dum,
weswegen wir auch von diesem weiter nichts gedencken wol-
len. 3) Spricht er/ fühle man das Saltz im Wasser/ dann die sich
von demselben aufbeissen lassen/ klagen sehr über das scharffe Beissen
und Schmertzen/ so vom Saltz herkomme. Weiln aber diese Pro-
be mit andern Saltzen gleichfalls gemein ist/ und sonderlich der le-
bendige Kalch und Aschen-Laugen dergleichen Proben darlegen/ so
ist dieser Beweiß abermahl unzulänglich. 4) Beruffet er sich auf
das hören sagen der ältern Jnwohnere/ wie nehmlich die Hirschen
vom Hirschenstein-Felßen zu dem Wasser/ da noch viel Holtz gewe-
sen/ und nur kleine Häußlein gestanden/ herab gelauffen/ und das
Saltz von denen Rinnen abgeleckt. Allein die Hirschen lecken an
andere Materien auch/ beweiset also ihr Lecken eben nicht/ daß es
Koch-Saltz seyn müße. Den Kalchstein beweiset er daraus/ daß
er vor jedermanns Augen beedes inwendig im Wasser/ und auswen-
dig an denen Rinnen hange: welches ich zugebe. Den Alaun will
er beweisen 1) aus dem Geschmack/ wann nehmlich das Wasser ein
wenig kälter worden; 2) aus dem Augenschein/ weiln der Alaun
nahe bey dem Brudel an einer Mauer hange/ daran der Rauch
vom Wasser stoße; 3) aus der Würckung des Wassers selbst/
dann es den Magen stärcke/ und Appetit erwecke; 4) aus denen nahe
gelegenen Alaun-Gruben. Was das 1. 2. und 3. anlanget/ sind solche
eben die Frage/ ob es eben Alaun sey/ zumahln da Alaun als Alaun
sich a) vom Dampff viel eher solviren/ als an die Haus-Wand anse-
tzen würde; b) solcher niemahlen dem Magen vorträglich/ sondern
vielmehr ein Eckel ist. Des Alauns und Salpeters saure destillirte

Gei-

Beſchreibung des Fichtelbergs.
dieſe 4. Proben ſich keines weges biß dato im Carlsbader Saltz-Satz
gefunden/ ſo koͤnnen wir auch nicht ſagen/ daß derſelbe Salpeter ſey.

Vermeinte
Probe des
Saltzes im
Carlsbade.

Das Saltz will der redliche Hr. Autor aus dem Geſchmack
beweiſen/ er ſetzet aber 1) nicht/ was es vor ein Saltz ſeyn ſolle/ ob
Koch-Saltz/ oder ein anders. 2) Beruffet er ſich nicht auf ſeinen
eigenen/ ſondern auf vieler anderer Leute Geſchmack/ welche eine
ſonderliche Art zu koſten gehabt/ und geſagt/ es ſey geſaltzen. Gleich-
wie es aber gar mißlich iſt/ mit anderer Leute Augen zu ſehen/ alſo
iſt eben ſo gefaͤhrlich/ mit frembden Zungen zu koſten/ zumahl/ da es
ein bekantes Sprichwort iſt/ quod de guſtibus non ſit diſputan-
dum,
weswegen wir auch von dieſem weiter nichts gedencken wol-
len. 3) Spricht er/ fuͤhle man das Saltz im Waſſer/ dann die ſich
von demſelben aufbeiſſen laſſen/ klagen ſehr uͤber das ſcharffe Beiſſen
und Schmertzen/ ſo vom Saltz herkomme. Weiln aber dieſe Pro-
be mit andern Saltzen gleichfalls gemein iſt/ und ſonderlich der le-
bendige Kalch und Aſchen-Laugen dergleichen Proben darlegen/ ſo
iſt dieſer Beweiß abermahl unzulaͤnglich. 4) Beruffet er ſich auf
das hoͤren ſagen der aͤltern Jnwohnere/ wie nehmlich die Hirſchen
vom Hirſchenſtein-Felßen zu dem Waſſer/ da noch viel Holtz gewe-
ſen/ und nur kleine Haͤußlein geſtanden/ herab gelauffen/ und das
Saltz von denen Rinnen abgeleckt. Allein die Hirſchen lecken an
andere Materien auch/ beweiſet alſo ihr Lecken eben nicht/ daß es
Koch-Saltz ſeyn muͤße. Den Kalchſtein beweiſet er daraus/ daß
er vor jedermanns Augen beedes inwendig im Waſſer/ und auswen-
dig an denen Rinnen hange: welches ich zugebe. Den Alaun will
er beweiſen 1) aus dem Geſchmack/ wann nehmlich das Waſſer ein
wenig kaͤlter worden; 2) aus dem Augenſchein/ weiln der Alaun
nahe bey dem Brudel an einer Mauer hange/ daran der Rauch
vom Waſſer ſtoße; 3) aus der Wuͤrckung des Waſſers ſelbſt/
dann es den Magen ſtaͤrcke/ und Appetit erwecke; 4) aus denen nahe
gelegenen Alaun-Gruben. Was das 1. 2. und 3. anlanget/ ſind ſolche
eben die Frage/ ob es eben Alaun ſey/ zumahln da Alaun als Alaun
ſich α) vom Dampff viel eher ſolviren/ als an die Haus-Wand anſe-
tzen wuͤrde; β) ſolcher niemahlen dem Magen vortraͤglich/ ſondern
vielmehr ein Eckel iſt. Des Alauns und Salpeters ſaure deſtillirte

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[242/0277] Beſchreibung des Fichtelbergs. dieſe 4. Proben ſich keines weges biß dato im Carlsbader Saltz-Satz gefunden/ ſo koͤnnen wir auch nicht ſagen/ daß derſelbe Salpeter ſey. Das Saltz will der redliche Hr. Autor aus dem Geſchmack beweiſen/ er ſetzet aber 1) nicht/ was es vor ein Saltz ſeyn ſolle/ ob Koch-Saltz/ oder ein anders. 2) Beruffet er ſich nicht auf ſeinen eigenen/ ſondern auf vieler anderer Leute Geſchmack/ welche eine ſonderliche Art zu koſten gehabt/ und geſagt/ es ſey geſaltzen. Gleich- wie es aber gar mißlich iſt/ mit anderer Leute Augen zu ſehen/ alſo iſt eben ſo gefaͤhrlich/ mit frembden Zungen zu koſten/ zumahl/ da es ein bekantes Sprichwort iſt/ quod de guſtibus non ſit diſputan- dum, weswegen wir auch von dieſem weiter nichts gedencken wol- len. 3) Spricht er/ fuͤhle man das Saltz im Waſſer/ dann die ſich von demſelben aufbeiſſen laſſen/ klagen ſehr uͤber das ſcharffe Beiſſen und Schmertzen/ ſo vom Saltz herkomme. Weiln aber dieſe Pro- be mit andern Saltzen gleichfalls gemein iſt/ und ſonderlich der le- bendige Kalch und Aſchen-Laugen dergleichen Proben darlegen/ ſo iſt dieſer Beweiß abermahl unzulaͤnglich. 4) Beruffet er ſich auf das hoͤren ſagen der aͤltern Jnwohnere/ wie nehmlich die Hirſchen vom Hirſchenſtein-Felßen zu dem Waſſer/ da noch viel Holtz gewe- ſen/ und nur kleine Haͤußlein geſtanden/ herab gelauffen/ und das Saltz von denen Rinnen abgeleckt. Allein die Hirſchen lecken an andere Materien auch/ beweiſet alſo ihr Lecken eben nicht/ daß es Koch-Saltz ſeyn muͤße. Den Kalchſtein beweiſet er daraus/ daß er vor jedermanns Augen beedes inwendig im Waſſer/ und auswen- dig an denen Rinnen hange: welches ich zugebe. Den Alaun will er beweiſen 1) aus dem Geſchmack/ wann nehmlich das Waſſer ein wenig kaͤlter worden; 2) aus dem Augenſchein/ weiln der Alaun nahe bey dem Brudel an einer Mauer hange/ daran der Rauch vom Waſſer ſtoße; 3) aus der Wuͤrckung des Waſſers ſelbſt/ dann es den Magen ſtaͤrcke/ und Appetit erwecke; 4) aus denen nahe gelegenen Alaun-Gruben. Was das 1. 2. und 3. anlanget/ ſind ſolche eben die Frage/ ob es eben Alaun ſey/ zumahln da Alaun als Alaun ſich α) vom Dampff viel eher ſolviren/ als an die Haus-Wand anſe- tzen wuͤrde; β) ſolcher niemahlen dem Magen vortraͤglich/ ſondern vielmehr ein Eckel iſt. Des Alauns und Salpeters ſaure deſtillirte Gei-

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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/277>, abgerufen am 23.11.2024.