Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.Beschreibung des Fichtelbergs. und viel anderer dergleichen Thiere/ als da seynd Heuschrecken undGrillen/ alle erzehlen/ würde es viel Zeit und Papier verderben/ an und vor sich aber keinen gar grossen Nutzen geben: Daher wir aller andern geschweigen/ und allein das sehr nützliche fliegen- Bienen.de Würmlein/ nehmlich die Biene oder Jmme hier einführen/ dieses ist nun in ziemlicher Menge an und umb das Fichten-Gebürge anzu- treffen/ und ob zwar die meisten in Städten/ Flecken/ und Dörf- fern nur in denen Gärten gehalten werden/ so hat man doch auch derselben zum öfftern in denen grösten Wildnüßen hierumb ge- funden. Was nun dieses edle Thierlein vor eine wunderbahre Geburth hat/ was vor ein schönes und ordentliches Regiment es führet/ wie Geometrisch und Regelmäßig es bauet/ wie reinlich es sich hält/ auch nur reine und getreue Leute umb sich leidet/ unreine und falsche aber mit Zorn verfolget/ oder aus Unmuth die gewöhnliche Arbeit liegen lässet/ mit allen seinen Haußgenossen davon flieget/ oder sich zu todte hermet/ seinem Weisel oder König biß in Todte getreu bleibet/ wie nett und künstlich es den Safft aus denen Blumen und Kleen oder Baum-Blüthen sauget/ und zu Honig machet/ ja was grossen Nutzen es so wohl mit dem Honig/ als Wachs/ so wohl Städten/ als Dörffern bringet/ das giebt die tägliche Erfahrung zur Genüge an die Hand. Weswegen dann auch der unvergleichliche lateinische Poet Virgilius bewogen wor- den/ dem edlen Geschlecht der Bienen zu Ehren ein besonders Büch- lein zu schreiben/ ja ihnen gar einen Theil des göttlichen Gemüths wegen ihrer erstgedachten herrlichen Eigenschafften zuzueignen/ wann er singet: His qvidam signis, atqve haec Exempla seqvuti, Esse Apibus partem divinae mentis, & haustus AEthereos dixere; Deum namqve ire per omnes Terrasqve tractusqve maris, coelumqve profundum: Hinc pecudes, armenta, viros, genus omne ferarum, Qvemqve sibi tenues nascentem arcessere vitas. Scilicet huc reddi deinde, ac resoluta referri Omnia: nec morti esse locum, sed viva volare Sideris in numerum, atqve alto succedere coelo. Das
Beſchreibung des Fichtelbergs. und viel anderer dergleichen Thiere/ als da ſeynd Heuſchrecken undGrillen/ alle erzehlen/ wuͤrde es viel Zeit und Papier verderben/ an und vor ſich aber keinen gar groſſen Nutzen geben: Daher wir aller andern geſchweigen/ und allein das ſehr nuͤtzliche fliegen- Bienen.de Wuͤrmlein/ nehmlich die Biene oder Jmme hier einfuͤhren/ dieſes iſt nun in ziemlicher Menge an und umb das Fichten-Gebuͤrge anzu- treffen/ und ob zwar die meiſten in Staͤdten/ Flecken/ und Doͤrf- fern nur in denen Gaͤrten gehalten werden/ ſo hat man doch auch derſelben zum oͤfftern in denen groͤſten Wildnuͤßen hierumb ge- funden. Was nun dieſes edle Thierlein vor eine wunderbahre Geburth hat/ was vor ein ſchoͤnes und ordentliches Regiment es fuͤhret/ wie Geometriſch und Regelmaͤßig es bauet/ wie reinlich es ſich haͤlt/ auch nur reine und getreue Leute umb ſich leidet/ unreine und falſche aber mit Zorn verfolget/ oder aus Unmuth die gewoͤhnliche Arbeit liegen laͤſſet/ mit allen ſeinen Haußgenoſſen davon flieget/ oder ſich zu todte hermet/ ſeinem Weiſel oder Koͤnig biß in Todte getreu bleibet/ wie nett und kuͤnſtlich es den Safft aus denen Blumen und Kleen oder Baum-Bluͤthen ſauget/ und zu Honig machet/ ja was groſſen Nutzen es ſo wohl mit dem Honig/ als Wachs/ ſo wohl Staͤdten/ als Doͤrffern bringet/ das giebt die taͤgliche Erfahrung zur Genuͤge an die Hand. Weswegen dann auch der unvergleichliche lateiniſche Poet Virgilius bewogen wor- den/ dem edlen Geſchlecht der Bienen zu Ehren ein beſonders Buͤch- lein zu ſchreiben/ ja ihnen gar einen Theil des goͤttlichen Gemuͤths wegen ihrer erſtgedachten herrlichen Eigenſchafften zuzueignen/ wann er ſinget: His qvidam ſignis, atqve hæc Exempla ſeqvuti, Eſſe Apibus partem divinæ mentis, & hauſtus Æthereos dixere; Deum namqve ire per omnes Terrasqve tractusqve maris, cœlumqve profundum: Hinc pecudes, armenta, viros, genus omne ferarum, Qvemqve ſibi tenues naſcentem arceſſere vitas. Scilicet huc reddi deinde, ac reſoluta referri Omnia: nec morti eſſe locum, ſed viva volare Sideris in numerum, atqve alto ſuccedere cœlo. Das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0143" n="108"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Beſchreibung des Fichtelbergs.</hi></fw><lb/> und viel anderer dergleichen Thiere/ als da ſeynd Heuſchrecken und<lb/> Grillen/ alle erzehlen/ wuͤrde es viel Zeit und Papier verderben/<lb/> an und vor ſich aber keinen gar groſſen Nutzen geben: Daher<lb/> wir aller andern geſchweigen/ und allein das ſehr nuͤtzliche fliegen-<lb/><note place="left">Bienen.</note>de Wuͤrmlein/ nehmlich die Biene oder Jmme hier einfuͤhren/ dieſes iſt<lb/> nun in ziemlicher Menge an und umb das Fichten-Gebuͤrge anzu-<lb/> treffen/ und ob zwar die meiſten in Staͤdten/ Flecken/ und Doͤrf-<lb/> fern nur in denen Gaͤrten gehalten werden/ ſo hat man doch auch<lb/> derſelben zum oͤfftern in denen groͤſten Wildnuͤßen hierumb ge-<lb/> funden. Was nun dieſes edle Thierlein vor eine wunderbahre<lb/> Geburth hat/ was vor ein ſchoͤnes und ordentliches Regiment es<lb/> fuͤhret/ wie <hi rendition="#aq">Geometri</hi>ſch und Regelmaͤßig es bauet/ wie reinlich<lb/> es ſich haͤlt/ auch nur reine und getreue Leute umb ſich leidet/<lb/> unreine und falſche aber mit Zorn verfolget/ oder aus Unmuth<lb/> die gewoͤhnliche Arbeit liegen laͤſſet/ mit allen ſeinen Haußgenoſſen<lb/> davon flieget/ oder ſich zu todte hermet/ ſeinem Weiſel oder Koͤnig<lb/> biß in Todte getreu bleibet/ wie nett und kuͤnſtlich es den Safft aus<lb/> denen Blumen und Kleen oder Baum-Bluͤthen ſauget/ und zu<lb/> Honig machet/ ja was groſſen Nutzen es ſo wohl mit dem Honig/<lb/> als Wachs/ ſo wohl Staͤdten/ als Doͤrffern bringet/ das giebt die<lb/> taͤgliche Erfahrung zur Genuͤge an die Hand. Weswegen dann<lb/> auch der unvergleichliche lateiniſche Poet <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Virgilius</hi></hi> bewogen wor-<lb/> den/ dem edlen Geſchlecht der Bienen zu Ehren ein beſonders Buͤch-<lb/> lein zu ſchreiben/ ja ihnen gar einen Theil des goͤttlichen Gemuͤths<lb/> wegen ihrer erſtgedachten herrlichen Eigenſchafften zuzueignen/<lb/> wann er ſinget:</p><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">His qvidam ſignis, atqve hæc Exempla ſeqvuti,</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Eſſe Apibus partem divinæ mentis, & hauſtus</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Æthereos dixere; Deum namqve ire per omnes</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Terrasqve tractusqve maris, cœlumqve profundum:</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Hinc pecudes, armenta, viros, genus omne ferarum,</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Qvemqve ſibi tenues naſcentem arceſſere vitas.</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Scilicet huc reddi deinde, ac reſoluta referri</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Omnia: nec morti eſſe locum, ſed viva volare</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Sideris in numerum, atqve alto ſuccedere cœlo.</hi> </hi> </l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0143]
Beſchreibung des Fichtelbergs.
und viel anderer dergleichen Thiere/ als da ſeynd Heuſchrecken und
Grillen/ alle erzehlen/ wuͤrde es viel Zeit und Papier verderben/
an und vor ſich aber keinen gar groſſen Nutzen geben: Daher
wir aller andern geſchweigen/ und allein das ſehr nuͤtzliche fliegen-
de Wuͤrmlein/ nehmlich die Biene oder Jmme hier einfuͤhren/ dieſes iſt
nun in ziemlicher Menge an und umb das Fichten-Gebuͤrge anzu-
treffen/ und ob zwar die meiſten in Staͤdten/ Flecken/ und Doͤrf-
fern nur in denen Gaͤrten gehalten werden/ ſo hat man doch auch
derſelben zum oͤfftern in denen groͤſten Wildnuͤßen hierumb ge-
funden. Was nun dieſes edle Thierlein vor eine wunderbahre
Geburth hat/ was vor ein ſchoͤnes und ordentliches Regiment es
fuͤhret/ wie Geometriſch und Regelmaͤßig es bauet/ wie reinlich
es ſich haͤlt/ auch nur reine und getreue Leute umb ſich leidet/
unreine und falſche aber mit Zorn verfolget/ oder aus Unmuth
die gewoͤhnliche Arbeit liegen laͤſſet/ mit allen ſeinen Haußgenoſſen
davon flieget/ oder ſich zu todte hermet/ ſeinem Weiſel oder Koͤnig
biß in Todte getreu bleibet/ wie nett und kuͤnſtlich es den Safft aus
denen Blumen und Kleen oder Baum-Bluͤthen ſauget/ und zu
Honig machet/ ja was groſſen Nutzen es ſo wohl mit dem Honig/
als Wachs/ ſo wohl Staͤdten/ als Doͤrffern bringet/ das giebt die
taͤgliche Erfahrung zur Genuͤge an die Hand. Weswegen dann
auch der unvergleichliche lateiniſche Poet Virgilius bewogen wor-
den/ dem edlen Geſchlecht der Bienen zu Ehren ein beſonders Buͤch-
lein zu ſchreiben/ ja ihnen gar einen Theil des goͤttlichen Gemuͤths
wegen ihrer erſtgedachten herrlichen Eigenſchafften zuzueignen/
wann er ſinget:
Bienen.
His qvidam ſignis, atqve hæc Exempla ſeqvuti,
Eſſe Apibus partem divinæ mentis, & hauſtus
Æthereos dixere; Deum namqve ire per omnes
Terrasqve tractusqve maris, cœlumqve profundum:
Hinc pecudes, armenta, viros, genus omne ferarum,
Qvemqve ſibi tenues naſcentem arceſſere vitas.
Scilicet huc reddi deinde, ac reſoluta referri
Omnia: nec morti eſſe locum, ſed viva volare
Sideris in numerum, atqve alto ſuccedere cœlo.
Das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/143 |
Zitationshilfe: | Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/143>, abgerufen am 29.07.2024. |