Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung des Fichtelbergs.
gewaltig hohen Schneeberg nun und auf dessen obersten Mitte ha-
ben An. 1520. beede regierende Herren Marggrafen/ Casimir und Ge-
org/ Gebrüdere/ und zwar noch bey ihres Herrn Vaters/ Herrn
Marggraf Friederichs Lebens-Zeiten/ dem Weissenstädter Stadt-
Rath Gnädigst anbefohlen einen hohen Thurm oder Warth zu bau-
en/ welches dann auch unverzüglich geschehen. Von diesem Warth-
Thurm stehet gar ein weniges noch/ und zwar kaum eines Mannes
hoch/ das andere Gemäuer ist alles zerfallen und eingegangen.
Nechst an dieser eingegangenen Warth stehet ein grosser Felsen fast
2. Gaden hoch/ welcher an der einen Seite dergestalt zubereitet/
daß man wie auf Staffeln hinauf steigen kan/ oben auf ist derselbe
etwas breit und eben/ daß man füglich daroben stehen und gehen
kan/ auf diesem Felßen kan man gegen die 4. Theile der Welt über-
aus weit herum sehen/ daß man also dafür erstaunen muß/ und
sind andre herumgelegene Berge sehr geringe anzusehen/ welches
man sich unten nimmermehr einbilden kan. Es solle dazumahl
Gnädigste Landes-Herrschafft solche gemeldte Warthe zu bauen an-
befohlen haben/ da die benachbarte Unterthanen im Reich sich wie-
der ihre Herrschafften zusammen rottiret/ auch da dieser Lermen
Ann. 1525. im Lande ebenfalls ausgebrochen/ hat man von Weissen-
stadt aus/ welcher Ort getreu geblieben/ eine Wacht auf solcher
Warth gehalten/ damit man der benachbarten Vorhaben observi-
ren können. Wunderbarlich seynd umb diese Warth 2. grosse
Plätze mit Steinen zu sehen/ welche daherumb aneinander liegen/
als wann sie mit Fleiß zusammen gelehnet/ und vom Werckmeister
zubereitet wären/ seynd auch gantz weiß ohne Moos und Erden/ als
sehe man eine grosse Heerde Schaafe/ da doch sonsten der gantze
Berg mit Holtz und Gebüsch auch zu nechst an diesen Steinen be-
wachsen/ daß man fast zu thun hat/ dadurch zu gehen. Merckwür-
dig ist/ daß auf dieses Berges höchster Höhe fast alle Zweige und Ae-
ste der Fichten-Bäume unter sich gegen die Erden wachsen/ so im
Winter von der Schwerigkeit des häuffigen Schnees herrührenSchloßberg.
Rudolph-
stein oder
Roll enstein/
ein altes
Raubschloß.

soll. Hart daran und zwar gegen Nord-Ost ist der Schloßberg/ dar-
um also genannt/ weiln vor Zeiten ein gewaltiges Raub-Schloß Ru-
dolphstein
(insgemein Rollenstein) genannt (welches Rudolph der

Fran-

Beſchreibung des Fichtelbergs.
gewaltig hohen Schneeberg nun und auf deſſen oberſten Mitte ha-
ben An. 1520. beede regierende Herren Marggrafen/ Caſimir und Ge-
org/ Gebruͤdere/ und zwar noch bey ihres Herrn Vaters/ Herrn
Marggraf Friederichs Lebens-Zeiten/ dem Weiſſenſtaͤdter Stadt-
Rath Gnaͤdigſt anbefohlen einen hohen Thurm oder Warth zu bau-
en/ welches dann auch unverzuͤglich geſchehen. Von dieſem Warth-
Thurm ſtehet gar ein weniges noch/ und zwar kaum eines Mannes
hoch/ das andere Gemaͤuer iſt alles zerfallen und eingegangen.
Nechſt an dieſer eingegangenen Warth ſtehet ein groſſer Felſen faſt
2. Gaden hoch/ welcher an der einen Seite dergeſtalt zubereitet/
daß man wie auf Staffeln hinauf ſteigen kan/ oben auf iſt derſelbe
etwas breit und eben/ daß man fuͤglich daroben ſtehen und gehen
kan/ auf dieſem Felßen kan man gegen die 4. Theile der Welt uͤber-
aus weit herum ſehen/ daß man alſo dafuͤr erſtaunen muß/ und
ſind andre herumgelegene Berge ſehr geringe anzuſehen/ welches
man ſich unten nimmermehr einbilden kan. Es ſolle dazumahl
Gnaͤdigſte Landes-Herrſchafft ſolche gemeldte Warthe zu bauen an-
befohlen haben/ da die benachbarte Unterthanen im Reich ſich wie-
der ihre Herrſchafften zuſammen rottiret/ auch da dieſer Lermen
Ann. 1525. im Lande ebenfalls ausgebrochen/ hat man von Weiſſen-
ſtadt aus/ welcher Ort getreu geblieben/ eine Wacht auf ſolcher
Warth gehalten/ damit man der benachbarten Vorhaben obſervi-
ren koͤnnen. Wunderbarlich ſeynd umb dieſe Warth 2. groſſe
Plaͤtze mit Steinen zu ſehen/ welche daherumb aneinander liegen/
als wann ſie mit Fleiß zuſammen gelehnet/ und vom Werckmeiſter
zubereitet waͤren/ ſeynd auch gantz weiß ohne Moos und Erden/ als
ſehe man eine groſſe Heerde Schaafe/ da doch ſonſten der gantze
Berg mit Holtz und Gebuͤſch auch zu nechſt an dieſen Steinen be-
wachſen/ daß man faſt zu thun hat/ dadurch zu gehen. Merckwuͤr-
dig iſt/ daß auf dieſes Berges hoͤchſter Hoͤhe faſt alle Zweige und Ae-
ſte der Fichten-Baͤume unter ſich gegen die Erden wachſen/ ſo im
Winter von der Schwerigkeit des haͤuffigen Schnees herruͤhrenSchloßbeꝛg.
Rudolph-
ſtein oder
Roll enſtein/
ein altes
Raubſchloß.

ſoll. Hart daran und zwar gegen Nord-Oſt iſt der Schloßberg/ dar-
um alſo genannt/ weiln vor Zeiten ein gewaltiges Raub-Schloß Ru-
dolphſtein
(insgemein Rollenſtein) genannt (welches Rudolph der

Fran-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0102" n="79"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibung des Fichtelbergs.</hi></fw><lb/>
gewaltig hohen Schneeberg nun und auf de&#x017F;&#x017F;en ober&#x017F;ten Mitte ha-<lb/>
ben <hi rendition="#aq">An.</hi> 1520. beede regierende Herren Marggrafen/ <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;imir</hi> und Ge-<lb/>
org/ Gebru&#x0364;dere/ und zwar noch bey ihres Herrn Vaters/ Herrn<lb/>
Marggraf Friederichs Lebens-Zeiten/ dem Wei&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ta&#x0364;dter Stadt-<lb/>
Rath Gna&#x0364;dig&#x017F;t anbefohlen einen hohen Thurm oder Warth zu bau-<lb/>
en/ welches dann auch unverzu&#x0364;glich ge&#x017F;chehen. Von die&#x017F;em Warth-<lb/>
Thurm &#x017F;tehet gar ein weniges noch/ und zwar kaum eines Mannes<lb/>
hoch/ das andere Gema&#x0364;uer i&#x017F;t alles zerfallen und eingegangen.<lb/>
Nech&#x017F;t an die&#x017F;er eingegangenen Warth &#x017F;tehet ein gro&#x017F;&#x017F;er Fel&#x017F;en fa&#x017F;t<lb/>
2. Gaden hoch/ welcher an der einen Seite derge&#x017F;talt zubereitet/<lb/>
daß man wie auf Staffeln hinauf &#x017F;teigen kan/ oben auf i&#x017F;t der&#x017F;elbe<lb/>
etwas breit und eben/ daß man fu&#x0364;glich daroben &#x017F;tehen und gehen<lb/>
kan/ auf die&#x017F;em Felßen kan man gegen die 4. Theile der Welt u&#x0364;ber-<lb/>
aus weit herum &#x017F;ehen/ daß man al&#x017F;o dafu&#x0364;r er&#x017F;taunen muß/ und<lb/>
&#x017F;ind andre herumgelegene Berge &#x017F;ehr geringe anzu&#x017F;ehen/ welches<lb/>
man &#x017F;ich unten nimmermehr einbilden kan. Es &#x017F;olle dazumahl<lb/>
Gna&#x0364;dig&#x017F;te Landes-Herr&#x017F;chafft &#x017F;olche gemeldte Warthe zu bauen an-<lb/>
befohlen haben/ da die benachbarte Unterthanen im Reich &#x017F;ich wie-<lb/>
der ihre Herr&#x017F;chafften zu&#x017F;ammen rottiret/ auch da die&#x017F;er Lermen<lb/><hi rendition="#aq">Ann.</hi> 1525. im Lande ebenfalls ausgebrochen/ hat man von Wei&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;tadt aus/ welcher Ort getreu geblieben/ eine Wacht auf &#x017F;olcher<lb/>
Warth gehalten/ damit man der benachbarten Vorhaben <hi rendition="#aq">ob&#x017F;erv</hi>i-<lb/>
ren ko&#x0364;nnen. Wunderbarlich &#x017F;eynd umb die&#x017F;e Warth 2. gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Pla&#x0364;tze mit Steinen zu &#x017F;ehen/ welche daherumb aneinander liegen/<lb/>
als wann &#x017F;ie mit Fleiß zu&#x017F;ammen gelehnet/ und vom Werckmei&#x017F;ter<lb/>
zubereitet wa&#x0364;ren/ &#x017F;eynd auch gantz weiß ohne Moos und Erden/ als<lb/>
&#x017F;ehe man eine gro&#x017F;&#x017F;e Heerde Schaafe/ da doch &#x017F;on&#x017F;ten der gantze<lb/>
Berg mit Holtz und Gebu&#x0364;&#x017F;ch auch zu nech&#x017F;t an die&#x017F;en Steinen be-<lb/>
wach&#x017F;en/ daß man fa&#x017F;t zu thun hat/ dadurch zu gehen. Merckwu&#x0364;r-<lb/>
dig i&#x017F;t/ daß auf die&#x017F;es Berges ho&#x0364;ch&#x017F;ter Ho&#x0364;he fa&#x017F;t alle Zweige und Ae-<lb/>
&#x017F;te der Fichten-Ba&#x0364;ume unter &#x017F;ich gegen die Erden wach&#x017F;en/ &#x017F;o im<lb/>
Winter von der Schwerigkeit des ha&#x0364;uffigen Schnees herru&#x0364;hren<note place="right">Schloßbe&#xA75B;g.<lb/>
Rudolph-<lb/>
&#x017F;tein oder<lb/>
Roll en&#x017F;tein/<lb/>
ein altes<lb/>
Raub&#x017F;chloß.</note><lb/>
&#x017F;oll. Hart daran und zwar gegen Nord-O&#x017F;t i&#x017F;t der <hi rendition="#fr">Schloßberg/</hi> dar-<lb/>
um al&#x017F;o genannt/ weiln vor Zeiten ein gewaltiges Raub-Schloß <hi rendition="#fr">Ru-<lb/>
dolph&#x017F;tein</hi> (insgemein <hi rendition="#fr">Rollen&#x017F;tein</hi>) genannt (welches Rudolph der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Fran-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0102] Beſchreibung des Fichtelbergs. gewaltig hohen Schneeberg nun und auf deſſen oberſten Mitte ha- ben An. 1520. beede regierende Herren Marggrafen/ Caſimir und Ge- org/ Gebruͤdere/ und zwar noch bey ihres Herrn Vaters/ Herrn Marggraf Friederichs Lebens-Zeiten/ dem Weiſſenſtaͤdter Stadt- Rath Gnaͤdigſt anbefohlen einen hohen Thurm oder Warth zu bau- en/ welches dann auch unverzuͤglich geſchehen. Von dieſem Warth- Thurm ſtehet gar ein weniges noch/ und zwar kaum eines Mannes hoch/ das andere Gemaͤuer iſt alles zerfallen und eingegangen. Nechſt an dieſer eingegangenen Warth ſtehet ein groſſer Felſen faſt 2. Gaden hoch/ welcher an der einen Seite dergeſtalt zubereitet/ daß man wie auf Staffeln hinauf ſteigen kan/ oben auf iſt derſelbe etwas breit und eben/ daß man fuͤglich daroben ſtehen und gehen kan/ auf dieſem Felßen kan man gegen die 4. Theile der Welt uͤber- aus weit herum ſehen/ daß man alſo dafuͤr erſtaunen muß/ und ſind andre herumgelegene Berge ſehr geringe anzuſehen/ welches man ſich unten nimmermehr einbilden kan. Es ſolle dazumahl Gnaͤdigſte Landes-Herrſchafft ſolche gemeldte Warthe zu bauen an- befohlen haben/ da die benachbarte Unterthanen im Reich ſich wie- der ihre Herrſchafften zuſammen rottiret/ auch da dieſer Lermen Ann. 1525. im Lande ebenfalls ausgebrochen/ hat man von Weiſſen- ſtadt aus/ welcher Ort getreu geblieben/ eine Wacht auf ſolcher Warth gehalten/ damit man der benachbarten Vorhaben obſervi- ren koͤnnen. Wunderbarlich ſeynd umb dieſe Warth 2. groſſe Plaͤtze mit Steinen zu ſehen/ welche daherumb aneinander liegen/ als wann ſie mit Fleiß zuſammen gelehnet/ und vom Werckmeiſter zubereitet waͤren/ ſeynd auch gantz weiß ohne Moos und Erden/ als ſehe man eine groſſe Heerde Schaafe/ da doch ſonſten der gantze Berg mit Holtz und Gebuͤſch auch zu nechſt an dieſen Steinen be- wachſen/ daß man faſt zu thun hat/ dadurch zu gehen. Merckwuͤr- dig iſt/ daß auf dieſes Berges hoͤchſter Hoͤhe faſt alle Zweige und Ae- ſte der Fichten-Baͤume unter ſich gegen die Erden wachſen/ ſo im Winter von der Schwerigkeit des haͤuffigen Schnees herruͤhren ſoll. Hart daran und zwar gegen Nord-Oſt iſt der Schloßberg/ dar- um alſo genannt/ weiln vor Zeiten ein gewaltiges Raub-Schloß Ru- dolphſtein (insgemein Rollenſtein) genannt (welches Rudolph der Fran- Schloßbeꝛg. Rudolph- ſtein oder Roll enſtein/ ein altes Raubſchloß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/102
Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/102>, abgerufen am 28.11.2024.