Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.Die Franzosen hatten ein entsetzliches Buch gegen uns geschrieben -- das in das verführerische Gewand eines Romans gekleidet, berechnet war, unsern heiligen Namen auf's Neue vor aller Welt zu brandmarken. Das war schon entsetzlich! Und auf den Namen Eugen Sue ward der tausendstimmige, einhellige Fluch unsrer ganzen Brüderschaft für alle Zeiten geworfen! -- Ach, ein Fluch, der leider ohnmächtig abgeprallt ist, denn er hat uns vorher verflucht und alle Welt mit ihm. Vor den Büchern der Deutschen fürchteten wir uns nicht, obwohl sie wie eine große Schneelawine über uns hereinbrachen! -- Es begann damit förmlich in Deutschland ein ganz besonderer Zweig der Literatur zu grünen und zu blühen, den man höhnisch geradezu "Jesuitenliteratur" nannte -- als ob unser heiliger Orden selbst solche gotteslästerliche Bücher verfaßt hätte, oder als ob sie recht für ihn allein bestimmt gewesen wären! Nun, wir dachten die deutschen Bücher sind ja immer so ziemlich unschädlich gemacht -- wir fürchten diese guten Deutschen nicht, die theils aus Schwärmerei, theils aus Speculation der Buchhändler so viel abscheuliche Bücher zur Welt bringen! Wir ließen sie schreiben und phantasieren. Aber wer hätte das diesem Büchervolke zugetraut? Die Franzosen hatten nur ein Buch gegen uns gehabt -- die Deutschen hatten diesmal gar eine That. Die Franzosen hatten ein entsetzliches Buch gegen uns geschrieben — das in das verführerische Gewand eines Romans gekleidet, berechnet war, unsern heiligen Namen auf’s Neue vor aller Welt zu brandmarken. Das war schon entsetzlich! Und auf den Namen Eugen Sue ward der tausendstimmige, einhellige Fluch unsrer ganzen Brüderschaft für alle Zeiten geworfen! — Ach, ein Fluch, der leider ohnmächtig abgeprallt ist, denn er hat uns vorher verflucht und alle Welt mit ihm. Vor den Büchern der Deutschen fürchteten wir uns nicht, obwohl sie wie eine große Schneelawine über uns hereinbrachen! — Es begann damit förmlich in Deutschland ein ganz besonderer Zweig der Literatur zu grünen und zu blühen, den man höhnisch geradezu „Jesuitenliteratur“ nannte — als ob unser heiliger Orden selbst solche gotteslästerliche Bücher verfaßt hätte, oder als ob sie recht für ihn allein bestimmt gewesen wären! Nun, wir dachten die deutschen Bücher sind ja immer so ziemlich unschädlich gemacht — wir fürchten diese guten Deutschen nicht, die theils aus Schwärmerei, theils aus Speculation der Buchhändler so viel abscheuliche Bücher zur Welt bringen! Wir ließen sie schreiben und phantasieren. Aber wer hätte das diesem Büchervolke zugetraut? Die Franzosen hatten nur ein Buch gegen uns gehabt — die Deutschen hatten diesmal gar eine That. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0082" n="78"/> <p> Die Franzosen hatten ein entsetzliches Buch gegen uns geschrieben — das in das verführerische Gewand eines Romans gekleidet, berechnet war, unsern heiligen Namen auf’s Neue vor aller Welt zu brandmarken. Das war schon entsetzlich! Und auf den Namen Eugen Sue ward der tausendstimmige, einhellige Fluch unsrer ganzen Brüderschaft für alle Zeiten geworfen! — Ach, ein Fluch, der leider ohnmächtig abgeprallt ist, denn er hat uns vorher verflucht und alle Welt mit ihm.</p> <p>Vor den Büchern der Deutschen fürchteten wir uns nicht, obwohl sie wie eine große Schneelawine über uns hereinbrachen! — Es begann damit förmlich in Deutschland ein ganz besonderer Zweig der Literatur zu grünen und zu blühen, den man höhnisch geradezu „Jesuitenliteratur“ nannte — als ob unser heiliger Orden selbst solche gotteslästerliche Bücher verfaßt hätte, oder als ob sie recht für ihn allein bestimmt gewesen wären!</p> <p>Nun, wir dachten die deutschen Bücher sind ja immer so ziemlich unschädlich gemacht — wir fürchten diese guten Deutschen nicht, die theils aus Schwärmerei, theils aus Speculation der Buchhändler so viel abscheuliche Bücher zur Welt bringen! Wir ließen sie schreiben und phantasieren.</p> <p>Aber wer hätte das diesem Büchervolke zugetraut? Die Franzosen hatten nur ein Buch gegen uns gehabt — die Deutschen hatten diesmal gar eine That.</p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0082]
Die Franzosen hatten ein entsetzliches Buch gegen uns geschrieben — das in das verführerische Gewand eines Romans gekleidet, berechnet war, unsern heiligen Namen auf’s Neue vor aller Welt zu brandmarken. Das war schon entsetzlich! Und auf den Namen Eugen Sue ward der tausendstimmige, einhellige Fluch unsrer ganzen Brüderschaft für alle Zeiten geworfen! — Ach, ein Fluch, der leider ohnmächtig abgeprallt ist, denn er hat uns vorher verflucht und alle Welt mit ihm.
Vor den Büchern der Deutschen fürchteten wir uns nicht, obwohl sie wie eine große Schneelawine über uns hereinbrachen! — Es begann damit förmlich in Deutschland ein ganz besonderer Zweig der Literatur zu grünen und zu blühen, den man höhnisch geradezu „Jesuitenliteratur“ nannte — als ob unser heiliger Orden selbst solche gotteslästerliche Bücher verfaßt hätte, oder als ob sie recht für ihn allein bestimmt gewesen wären!
Nun, wir dachten die deutschen Bücher sind ja immer so ziemlich unschädlich gemacht — wir fürchten diese guten Deutschen nicht, die theils aus Schwärmerei, theils aus Speculation der Buchhändler so viel abscheuliche Bücher zur Welt bringen! Wir ließen sie schreiben und phantasieren.
Aber wer hätte das diesem Büchervolke zugetraut? Die Franzosen hatten nur ein Buch gegen uns gehabt — die Deutschen hatten diesmal gar eine That.
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