Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.Jaromir sah mit unverstellter Verwunderung den Sprecher an und sagte unbefangen: "Man sieht sie ja nicht einmal in Gesellschaft." "Aber dennoch -- hüten Sie Sich -- ich habe in diesem Punkte traurige Erfahrungen gemacht, und wie mir scheint, werden dieselben auch für Sie nicht ausbleiben." Jaromir ward jetzt wirklich etwas verlegen, da er sich die Worte des Geheimraths gar nicht zu deuten wußte, obwohl sie ihn als wahr trafen. -- So hatte vielleicht Amalie selbst sich ihres früheren Verhältnisses gerühmt? Der Geheimrath, als er dies bemerkte, hatte sich für jetzt selbst genug gethan und hatte vollkommen Grund, es zu vermeiden, daß Jaromir von ihm Rechenschaft fordere, wie er in den Besitz seines Geheimnisses gekommen -- deshalb eilte er sogleich auf den daherkommenden Aarens zu und sprach mit ihm leise einige Worte, während welcher der jenen begleitende Wasserdoctor, der lange dürre Hofrath Wispermann, seine Worte an Jaromir richtete. Aarens und der Hofrath waren nicht sobald vorüber, als der Geheimrath sich mit leuchtenden Augen zu Jaromir wendete -- denn jetzt hatte er die Gelegenheit in Händen, diesen zugleich zu verwunden und doch auch ihm einen Dienst zu leisten, der Anspruch auf die größte Dankbarkeit hatte. "Ich mißbrauche das Vertrauen," sagte der Geheimrath, Jaromir sah mit unverstellter Verwunderung den Sprecher an und sagte unbefangen: „Man sieht sie ja nicht einmal in Gesellschaft.“ „Aber dennoch — hüten Sie Sich — ich habe in diesem Punkte traurige Erfahrungen gemacht, und wie mir scheint, werden dieselben auch für Sie nicht ausbleiben.“ Jaromir ward jetzt wirklich etwas verlegen, da er sich die Worte des Geheimraths gar nicht zu deuten wußte, obwohl sie ihn als wahr trafen. — So hatte vielleicht Amalie selbst sich ihres früheren Verhältnisses gerühmt? Der Geheimrath, als er dies bemerkte, hatte sich für jetzt selbst genug gethan und hatte vollkommen Grund, es zu vermeiden, daß Jaromir von ihm Rechenschaft fordere, wie er in den Besitz seines Geheimnisses gekommen — deshalb eilte er sogleich auf den daherkommenden Aarens zu und sprach mit ihm leise einige Worte, während welcher der jenen begleitende Wasserdoctor, der lange dürre Hofrath Wispermann, seine Worte an Jaromir richtete. Aarens und der Hofrath waren nicht sobald vorüber, als der Geheimrath sich mit leuchtenden Augen zu Jaromir wendete — denn jetzt hatte er die Gelegenheit in Händen, diesen zugleich zu verwunden und doch auch ihm einen Dienst zu leisten, der Anspruch auf die größte Dankbarkeit hatte. „Ich mißbrauche das Vertrauen,“ sagte der Geheimrath, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0064" n="60"/> <p> Jaromir sah mit unverstellter Verwunderung den Sprecher an und sagte unbefangen: „Man sieht sie ja nicht einmal in Gesellschaft.“</p> <p>„Aber dennoch — hüten Sie Sich — ich habe in diesem Punkte traurige Erfahrungen gemacht, und wie mir scheint, werden dieselben auch für Sie nicht ausbleiben.“</p> <p>Jaromir ward jetzt wirklich etwas verlegen, da er sich die Worte des Geheimraths gar nicht zu deuten wußte, obwohl sie ihn als wahr trafen. — So hatte vielleicht Amalie selbst sich ihres früheren Verhältnisses gerühmt? Der Geheimrath, als er dies bemerkte, hatte sich für jetzt selbst genug gethan und hatte vollkommen Grund, es zu vermeiden, daß Jaromir von ihm Rechenschaft fordere, wie er in den Besitz seines Geheimnisses gekommen — deshalb eilte er sogleich auf den daherkommenden Aarens zu und sprach mit ihm leise einige Worte, während welcher der jenen begleitende Wasserdoctor, der lange dürre Hofrath Wispermann, seine Worte an Jaromir richtete.</p> <p>Aarens und der Hofrath waren nicht sobald vorüber, als der Geheimrath sich mit leuchtenden Augen zu Jaromir wendete — denn jetzt hatte er die Gelegenheit in Händen, diesen zugleich zu verwunden und doch auch ihm einen Dienst zu leisten, der Anspruch auf die größte Dankbarkeit hatte.</p> <p>„Ich mißbrauche das Vertrauen,“ sagte der Geheimrath, </p> </div> </body> </text> </TEI> [60/0064]
Jaromir sah mit unverstellter Verwunderung den Sprecher an und sagte unbefangen: „Man sieht sie ja nicht einmal in Gesellschaft.“
„Aber dennoch — hüten Sie Sich — ich habe in diesem Punkte traurige Erfahrungen gemacht, und wie mir scheint, werden dieselben auch für Sie nicht ausbleiben.“
Jaromir ward jetzt wirklich etwas verlegen, da er sich die Worte des Geheimraths gar nicht zu deuten wußte, obwohl sie ihn als wahr trafen. — So hatte vielleicht Amalie selbst sich ihres früheren Verhältnisses gerühmt? Der Geheimrath, als er dies bemerkte, hatte sich für jetzt selbst genug gethan und hatte vollkommen Grund, es zu vermeiden, daß Jaromir von ihm Rechenschaft fordere, wie er in den Besitz seines Geheimnisses gekommen — deshalb eilte er sogleich auf den daherkommenden Aarens zu und sprach mit ihm leise einige Worte, während welcher der jenen begleitende Wasserdoctor, der lange dürre Hofrath Wispermann, seine Worte an Jaromir richtete.
Aarens und der Hofrath waren nicht sobald vorüber, als der Geheimrath sich mit leuchtenden Augen zu Jaromir wendete — denn jetzt hatte er die Gelegenheit in Händen, diesen zugleich zu verwunden und doch auch ihm einen Dienst zu leisten, der Anspruch auf die größte Dankbarkeit hatte.
„Ich mißbrauche das Vertrauen,“ sagte der Geheimrath,
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