Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.ihre Blässe und in den Furchen Beider las man große geistige Kämpfe verzeichnet. Aber während man es Franz ansah, daß eben jetzt diese Kämpfe am Heftigsten tobten, schienen sie bei dem Andern überwunden und der Ausdruck eines ruhigen Schmerzes lagerte auf seinem Antlitz, welches beinah etwas Heiliges und Verklärtes hatte. -- Einem fremden Beobachter wäre vielleicht noch aufgefallen, daß diese Beiden, die sich bis auf den Unterschied der Jahre, denn Franz mogte um zehn Jahre weniger zählen als Jener, so ähnlich sahen, in ihrer Kleidung um so unähnlicher erschienen. Denn während Franz Beinkleider von grobem Tuch, eine geflickte und zerknitterte Leinwandblouse und einen alten rothen Shawl um den Hals unter den groben Hemdkragen geschlungen trug, erschien jener in dem feinen, modernen und netten Anzug eines Mannes von Welt. Aber die Bruderherzen schlugen in gleicher Liebe zu einander, gleichviel ob unter feinen Stoffen, ob unter Lumpen. "Franz!" "Gustav!" So riefen sie sich gleichzeitig einander zu. Und sie schüttelten einander die Hände und sahen sich an mit allen Freudenzeichen des Wiedersehens. "Du bist schneller wieder zurückgekommen, als ich dachte," sagte Franz. ihre Blässe und in den Furchen Beider las man große geistige Kämpfe verzeichnet. Aber während man es Franz ansah, daß eben jetzt diese Kämpfe am Heftigsten tobten, schienen sie bei dem Andern überwunden und der Ausdruck eines ruhigen Schmerzes lagerte auf seinem Antlitz, welches beinah etwas Heiliges und Verklärtes hatte. — Einem fremden Beobachter wäre vielleicht noch aufgefallen, daß diese Beiden, die sich bis auf den Unterschied der Jahre, denn Franz mogte um zehn Jahre weniger zählen als Jener, so ähnlich sahen, in ihrer Kleidung um so unähnlicher erschienen. Denn während Franz Beinkleider von grobem Tuch, eine geflickte und zerknitterte Leinwandblouse und einen alten rothen Shawl um den Hals unter den groben Hemdkragen geschlungen trug, erschien jener in dem feinen, modernen und netten Anzug eines Mannes von Welt. Aber die Bruderherzen schlugen in gleicher Liebe zu einander, gleichviel ob unter feinen Stoffen, ob unter Lumpen. „Franz!“ „Gustav!“ So riefen sie sich gleichzeitig einander zu. Und sie schüttelten einander die Hände und sahen sich an mit allen Freudenzeichen des Wiedersehens. „Du bist schneller wieder zurückgekommen, als ich dachte,“ sagte Franz. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="30"/> ihre Blässe und in den Furchen Beider las man große geistige Kämpfe verzeichnet. Aber während man es Franz ansah, daß eben jetzt diese Kämpfe am Heftigsten tobten, schienen sie bei dem Andern überwunden und der Ausdruck eines ruhigen Schmerzes lagerte auf seinem Antlitz, welches beinah etwas Heiliges und Verklärtes hatte. — Einem fremden Beobachter wäre vielleicht noch aufgefallen, daß diese Beiden, die sich bis auf den Unterschied der Jahre, denn Franz mogte um zehn Jahre weniger zählen als Jener, so ähnlich sahen, in ihrer Kleidung um so unähnlicher erschienen. Denn während Franz Beinkleider von grobem Tuch, eine geflickte und zerknitterte Leinwandblouse und einen alten rothen Shawl um den Hals unter den groben Hemdkragen geschlungen trug, erschien jener in dem feinen, modernen und netten Anzug eines Mannes von Welt.</p> <p>Aber die Bruderherzen schlugen in gleicher Liebe zu einander, gleichviel ob unter feinen Stoffen, ob unter Lumpen.</p> <p>„Franz!“</p> <p>„Gustav!“</p> <p>So riefen sie sich gleichzeitig einander zu. Und sie schüttelten einander die Hände und sahen sich an mit allen Freudenzeichen des Wiedersehens.</p> <p>„Du bist schneller wieder zurückgekommen, als ich dachte,“ sagte Franz.</p> </div> </body> </text> </TEI> [30/0034]
ihre Blässe und in den Furchen Beider las man große geistige Kämpfe verzeichnet. Aber während man es Franz ansah, daß eben jetzt diese Kämpfe am Heftigsten tobten, schienen sie bei dem Andern überwunden und der Ausdruck eines ruhigen Schmerzes lagerte auf seinem Antlitz, welches beinah etwas Heiliges und Verklärtes hatte. — Einem fremden Beobachter wäre vielleicht noch aufgefallen, daß diese Beiden, die sich bis auf den Unterschied der Jahre, denn Franz mogte um zehn Jahre weniger zählen als Jener, so ähnlich sahen, in ihrer Kleidung um so unähnlicher erschienen. Denn während Franz Beinkleider von grobem Tuch, eine geflickte und zerknitterte Leinwandblouse und einen alten rothen Shawl um den Hals unter den groben Hemdkragen geschlungen trug, erschien jener in dem feinen, modernen und netten Anzug eines Mannes von Welt.
Aber die Bruderherzen schlugen in gleicher Liebe zu einander, gleichviel ob unter feinen Stoffen, ob unter Lumpen.
„Franz!“
„Gustav!“
So riefen sie sich gleichzeitig einander zu. Und sie schüttelten einander die Hände und sahen sich an mit allen Freudenzeichen des Wiedersehens.
„Du bist schneller wieder zurückgekommen, als ich dachte,“ sagte Franz.
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