Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

"Der nämliche, Jaromir," sagte Elisabeth. "Aber Sie sind so bewegt, nehmen Antheil an diesem Thalheim? -- Sie kennen ihn ja -- vor einem Jahr, als wir uns zuerst sahen, kamen Sie von ihm."

"Und eine neue Liebe ging in meinem Herzen auf!" rief er, den ganzen Sturm seiner aufgeregten Empfindungen in diese Worte pressend und zog ihre Hand heftig an seine zuckenden Lippen.

Sie nahm diese Aufwallung für den einfachen Ausdruck der überwältigenden Erinnerung an jene erste Stunde, wo zwei Menschen sich begegnen, welche trotz der Bewegung ihrer Herzen dabei und der wunderbaren, unerklärten Empfindung, welche in ihre Seelen schlägt, auch nicht ahnen können, daß einst ein Himmelsgefühl und ein Himmelsglück sie vereinigen werde -- und so blickte sie ihn zärtlich an und vergaß darüber, was sie und er noch im letztverwichenen Moment gesprochen.

Nach einem Augenblick des Schweigens sagte Elisabeth zu Aurelie: "Durch den Rittmeister von Waldow, der mir zuweilen von der Reise seines Sohnes erzählte, habe ich auch von Thalheim sprechen hören -- auch lebt ihm ein Bruder hier --"

"Ein Bruder?" sagte Aurelie. "Nun da wird die Doctor Thalheim gewiß um so weniger ausgehen, als sie dies schon zum voraus erklärt hat -- es wird ihr unangenehm

„Der nämliche, Jaromir,“ sagte Elisabeth. „Aber Sie sind so bewegt, nehmen Antheil an diesem Thalheim? — Sie kennen ihn ja — vor einem Jahr, als wir uns zuerst sahen, kamen Sie von ihm.“

„Und eine neue Liebe ging in meinem Herzen auf!“ rief er, den ganzen Sturm seiner aufgeregten Empfindungen in diese Worte pressend und zog ihre Hand heftig an seine zuckenden Lippen.

Sie nahm diese Aufwallung für den einfachen Ausdruck der überwältigenden Erinnerung an jene erste Stunde, wo zwei Menschen sich begegnen, welche trotz der Bewegung ihrer Herzen dabei und der wunderbaren, unerklärten Empfindung, welche in ihre Seelen schlägt, auch nicht ahnen können, daß einst ein Himmelsgefühl und ein Himmelsglück sie vereinigen werde — und so blickte sie ihn zärtlich an und vergaß darüber, was sie und er noch im letztverwichenen Moment gesprochen.

Nach einem Augenblick des Schweigens sagte Elisabeth zu Aurelie: „Durch den Rittmeister von Waldow, der mir zuweilen von der Reise seines Sohnes erzählte, habe ich auch von Thalheim sprechen hören — auch lebt ihm ein Bruder hier —“

„Ein Bruder?“ sagte Aurelie. „Nun da wird die Doctor Thalheim gewiß um so weniger ausgehen, als sie dies schon zum voraus erklärt hat — es wird ihr unangenehm

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0022" n="18"/>
        <p> &#x201E;Der nämliche, Jaromir,&#x201C; sagte Elisabeth. &#x201E;Aber Sie sind so bewegt, nehmen Antheil an diesem Thalheim? &#x2014; Sie kennen ihn ja &#x2014; vor einem Jahr, als wir uns zuerst sahen, kamen Sie von ihm.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Und eine neue Liebe ging in meinem Herzen auf!&#x201C; rief er, den ganzen Sturm seiner aufgeregten Empfindungen in diese Worte pressend und zog ihre Hand heftig an seine zuckenden Lippen.</p>
        <p>Sie nahm diese Aufwallung für den einfachen Ausdruck der überwältigenden Erinnerung an jene erste Stunde, wo zwei Menschen sich begegnen, welche trotz der Bewegung ihrer Herzen dabei und der wunderbaren, unerklärten Empfindung, welche in ihre Seelen schlägt, auch nicht ahnen können, daß einst ein Himmelsgefühl und ein Himmelsglück sie vereinigen werde &#x2014; und so blickte sie ihn zärtlich an und vergaß darüber, was sie und er noch im letztverwichenen Moment gesprochen.</p>
        <p>Nach einem Augenblick des Schweigens sagte Elisabeth zu Aurelie: &#x201E;Durch den Rittmeister von Waldow, der mir zuweilen von der Reise seines Sohnes erzählte, habe ich auch von Thalheim sprechen hören &#x2014; auch lebt ihm ein Bruder hier &#x2014;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ein Bruder?&#x201C; sagte Aurelie. &#x201E;Nun da wird die Doctor Thalheim gewiß um so weniger ausgehen, als sie dies schon zum voraus erklärt hat &#x2014; es wird ihr unangenehm
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0022] „Der nämliche, Jaromir,“ sagte Elisabeth. „Aber Sie sind so bewegt, nehmen Antheil an diesem Thalheim? — Sie kennen ihn ja — vor einem Jahr, als wir uns zuerst sahen, kamen Sie von ihm.“ „Und eine neue Liebe ging in meinem Herzen auf!“ rief er, den ganzen Sturm seiner aufgeregten Empfindungen in diese Worte pressend und zog ihre Hand heftig an seine zuckenden Lippen. Sie nahm diese Aufwallung für den einfachen Ausdruck der überwältigenden Erinnerung an jene erste Stunde, wo zwei Menschen sich begegnen, welche trotz der Bewegung ihrer Herzen dabei und der wunderbaren, unerklärten Empfindung, welche in ihre Seelen schlägt, auch nicht ahnen können, daß einst ein Himmelsgefühl und ein Himmelsglück sie vereinigen werde — und so blickte sie ihn zärtlich an und vergaß darüber, was sie und er noch im letztverwichenen Moment gesprochen. Nach einem Augenblick des Schweigens sagte Elisabeth zu Aurelie: „Durch den Rittmeister von Waldow, der mir zuweilen von der Reise seines Sohnes erzählte, habe ich auch von Thalheim sprechen hören — auch lebt ihm ein Bruder hier —“ „Ein Bruder?“ sagte Aurelie. „Nun da wird die Doctor Thalheim gewiß um so weniger ausgehen, als sie dies schon zum voraus erklärt hat — es wird ihr unangenehm

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846/22
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846/22>, abgerufen am 24.11.2024.