Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

So scherzte Aurelie ungezwungen und muthwillig, wie immer ihre Weise gewesen war.

Die Drei nahmen auf den Moosstufen neben einander Platz, so gut es eben gehen mogte.

"Aber nun erzähle, wie Du eigentlich hierher kommst," sagte Elisabeth zu Aurelie, "so allein und überraschend -- und Du siehst eher aus, als ob Du von einem Spaziergang kämst, als von einer Reise!"

Aurelie nahm ihren Hut ab, knöpfte die Handschuh auf, zog sie aus, wickelte sich aus der seidnen Mantille heraus, warf Alles zusammen neben sich in's Gras und sagte lächelnd:

"Sieh, da wirst Du Dich wundern; ich bin nicht etwa gekommen, um wie sonst Euer Gast zu sein -- ich bin nun Eure Nachbarin und wahrscheinlich Ihre nächste, Herr Graf!"

"Ich wohne in der Wasserheilanstalt;" sagte dieser.

"So ist mir, hab' ich gehört," fuhr Aurelie fort, "und ich wohne auch da --"

"Du? -- Nicht möglich!" rief Elisabeth.

"Ich glaube, ich bin noch im Stande, Deinen Neid zu erregen," plauderte Aurelie neckend weiter, "ich bin mit Oberst Treffurth hier, meinem Onkel. Die Tante ist schon lange kränklich, wie Du weißt, und der Arzt rieth ihr die Wasserkur. Seit der Verheirathung ihrer Tochter fühlt

So scherzte Aurelie ungezwungen und muthwillig, wie immer ihre Weise gewesen war.

Die Drei nahmen auf den Moosstufen neben einander Platz, so gut es eben gehen mogte.

„Aber nun erzähle, wie Du eigentlich hierher kommst,“ sagte Elisabeth zu Aurelie, „so allein und überraschend — und Du siehst eher aus, als ob Du von einem Spaziergang kämst, als von einer Reise!“

Aurelie nahm ihren Hut ab, knöpfte die Handschuh auf, zog sie aus, wickelte sich aus der seidnen Mantille heraus, warf Alles zusammen neben sich in’s Gras und sagte lächelnd:

„Sieh, da wirst Du Dich wundern; ich bin nicht etwa gekommen, um wie sonst Euer Gast zu sein — ich bin nun Eure Nachbarin und wahrscheinlich Ihre nächste, Herr Graf!“

„Ich wohne in der Wasserheilanstalt;“ sagte dieser.

„So ist mir, hab’ ich gehört,“ fuhr Aurelie fort, „und ich wohne auch da —“

„Du? — Nicht möglich!“ rief Elisabeth.

„Ich glaube, ich bin noch im Stande, Deinen Neid zu erregen,“ plauderte Aurelie neckend weiter, „ich bin mit Oberst Treffurth hier, meinem Onkel. Die Tante ist schon lange kränklich, wie Du weißt, und der Arzt rieth ihr die Wasserkur. Seit der Verheirathung ihrer Tochter fühlt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0018" n="14"/>
        <p> So scherzte Aurelie ungezwungen und muthwillig, wie immer ihre Weise gewesen war.</p>
        <p>Die Drei nahmen auf den Moosstufen neben einander Platz, so gut es eben gehen mogte.</p>
        <p>&#x201E;Aber nun erzähle, wie Du eigentlich hierher kommst,&#x201C; sagte Elisabeth zu Aurelie, &#x201E;so allein und überraschend &#x2014; und Du siehst eher aus, als ob Du von einem Spaziergang kämst, als von einer Reise!&#x201C;</p>
        <p>Aurelie nahm ihren Hut ab, knöpfte die Handschuh auf, zog sie aus, wickelte sich aus der seidnen Mantille heraus, warf Alles zusammen neben sich in&#x2019;s Gras und sagte lächelnd:</p>
        <p>&#x201E;Sieh, da wirst Du Dich wundern; ich bin nicht etwa gekommen, um wie sonst Euer Gast zu sein &#x2014; ich bin nun Eure Nachbarin und wahrscheinlich Ihre nächste, Herr Graf!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ich wohne in der Wasserheilanstalt;&#x201C; sagte dieser.</p>
        <p>&#x201E;So ist mir, hab&#x2019; ich gehört,&#x201C; fuhr Aurelie fort, &#x201E;und ich wohne auch da &#x2014;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Du? &#x2014; Nicht möglich!&#x201C; rief Elisabeth.</p>
        <p>&#x201E;Ich glaube, ich bin noch im Stande, Deinen Neid zu erregen,&#x201C; plauderte Aurelie neckend weiter, &#x201E;ich bin mit Oberst Treffurth hier, meinem Onkel. Die Tante ist schon lange kränklich, wie Du weißt, und der Arzt rieth ihr die Wasserkur. Seit der Verheirathung ihrer Tochter fühlt
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0018] So scherzte Aurelie ungezwungen und muthwillig, wie immer ihre Weise gewesen war. Die Drei nahmen auf den Moosstufen neben einander Platz, so gut es eben gehen mogte. „Aber nun erzähle, wie Du eigentlich hierher kommst,“ sagte Elisabeth zu Aurelie, „so allein und überraschend — und Du siehst eher aus, als ob Du von einem Spaziergang kämst, als von einer Reise!“ Aurelie nahm ihren Hut ab, knöpfte die Handschuh auf, zog sie aus, wickelte sich aus der seidnen Mantille heraus, warf Alles zusammen neben sich in’s Gras und sagte lächelnd: „Sieh, da wirst Du Dich wundern; ich bin nicht etwa gekommen, um wie sonst Euer Gast zu sein — ich bin nun Eure Nachbarin und wahrscheinlich Ihre nächste, Herr Graf!“ „Ich wohne in der Wasserheilanstalt;“ sagte dieser. „So ist mir, hab’ ich gehört,“ fuhr Aurelie fort, „und ich wohne auch da —“ „Du? — Nicht möglich!“ rief Elisabeth. „Ich glaube, ich bin noch im Stande, Deinen Neid zu erregen,“ plauderte Aurelie neckend weiter, „ich bin mit Oberst Treffurth hier, meinem Onkel. Die Tante ist schon lange kränklich, wie Du weißt, und der Arzt rieth ihr die Wasserkur. Seit der Verheirathung ihrer Tochter fühlt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846/18
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846/18>, abgerufen am 21.11.2024.