Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.und vorüber und er erwiderte Thalheims Gruß mit einigen freundlichen Worten. Elisabeth war noch immer sprachlos geblieben -- ein Schweigen, das für die Andern beinah peinlich zu werden begann -- da sagte sie plötzlich mit der ihr eignen Heftigkeit, welche sie jedes Mal überkam, sobald sie sich bei erschütternden Momenten bemüht hatte, ihrer Bewegung Meister zu werden und dann still bei sich dies Bemühen um äußerer Formen und des Herkommens willen kleinlich und unwürdig der edleren Gefühle gefunden hatte, gegen deren Aeußerung sie damit eben ankämpfte: "Es ist zu viel Glück auf ein Mal! Neben mir der, den mir heute Elternsegen zum Bräutigam gegeben -- mir gegenüber plötzlich mein verehrter Lehrer, den ich kaum wiederzusehen hoffen durfte -- neben mir die langentbehrte Freundin -- was fehlte noch, um ein Menschenherz so von Wonne überfließen zu lassen, daß es darüber die Sprache verliert?" "Vielleicht ich?" sagte lachend Aurelie, die eben auch zu der Gruppe trat -- eine neue Ueberraschung für Thalheim und Pauline, denn Beide wußten noch Nichts von ihrer Anwesenheit. Und wie es dann manchmal geht, wenn je mehr der verschiedenen Elemente mit ihren verschiedenen Berührungspunkten, je nachdem innre Wahlverwandtschaften zu einander hintreiben oder äußere Einwirkungen die Annäherungen und vorüber und er erwiderte Thalheims Gruß mit einigen freundlichen Worten. Elisabeth war noch immer sprachlos geblieben — ein Schweigen, das für die Andern beinah peinlich zu werden begann — da sagte sie plötzlich mit der ihr eignen Heftigkeit, welche sie jedes Mal überkam, sobald sie sich bei erschütternden Momenten bemüht hatte, ihrer Bewegung Meister zu werden und dann still bei sich dies Bemühen um äußerer Formen und des Herkommens willen kleinlich und unwürdig der edleren Gefühle gefunden hatte, gegen deren Aeußerung sie damit eben ankämpfte: „Es ist zu viel Glück auf ein Mal! Neben mir der, den mir heute Elternsegen zum Bräutigam gegeben — mir gegenüber plötzlich mein verehrter Lehrer, den ich kaum wiederzusehen hoffen durfte — neben mir die langentbehrte Freundin — was fehlte noch, um ein Menschenherz so von Wonne überfließen zu lassen, daß es darüber die Sprache verliert?“ „Vielleicht ich?“ sagte lachend Aurelie, die eben auch zu der Gruppe trat — eine neue Ueberraschung für Thalheim und Pauline, denn Beide wußten noch Nichts von ihrer Anwesenheit. Und wie es dann manchmal geht, wenn je mehr der verschiedenen Elemente mit ihren verschiedenen Berührungspunkten, je nachdem innre Wahlverwandtschaften zu einander hintreiben oder äußere Einwirkungen die Annäherungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0103" n="99"/> und vorüber und er erwiderte Thalheims Gruß mit einigen freundlichen Worten. Elisabeth war noch immer sprachlos geblieben — ein Schweigen, das für die Andern beinah peinlich zu werden begann — da sagte sie plötzlich mit der ihr eignen Heftigkeit, welche sie jedes Mal überkam, sobald sie sich bei erschütternden Momenten bemüht hatte, ihrer Bewegung Meister zu werden und dann still bei sich dies Bemühen um äußerer Formen und des Herkommens willen kleinlich und unwürdig der edleren Gefühle gefunden hatte, gegen deren Aeußerung sie damit eben ankämpfte:</p> <p>„Es ist zu viel Glück auf ein Mal! Neben mir der, den mir heute Elternsegen zum Bräutigam gegeben — mir gegenüber plötzlich mein verehrter Lehrer, den ich kaum wiederzusehen hoffen durfte — neben mir die langentbehrte Freundin — was fehlte noch, um ein Menschenherz so von Wonne überfließen zu lassen, daß es darüber die Sprache verliert?“</p> <p>„Vielleicht ich?“ sagte lachend Aurelie, die eben auch zu der Gruppe trat — eine neue Ueberraschung für Thalheim und Pauline, denn Beide wußten noch Nichts von ihrer Anwesenheit.</p> <p>Und wie es dann manchmal geht, wenn je mehr der verschiedenen Elemente mit ihren verschiedenen Berührungspunkten, je nachdem innre Wahlverwandtschaften zu einander hintreiben oder äußere Einwirkungen die Annäherungen </p> </div> </body> </text> </TEI> [99/0103]
und vorüber und er erwiderte Thalheims Gruß mit einigen freundlichen Worten. Elisabeth war noch immer sprachlos geblieben — ein Schweigen, das für die Andern beinah peinlich zu werden begann — da sagte sie plötzlich mit der ihr eignen Heftigkeit, welche sie jedes Mal überkam, sobald sie sich bei erschütternden Momenten bemüht hatte, ihrer Bewegung Meister zu werden und dann still bei sich dies Bemühen um äußerer Formen und des Herkommens willen kleinlich und unwürdig der edleren Gefühle gefunden hatte, gegen deren Aeußerung sie damit eben ankämpfte:
„Es ist zu viel Glück auf ein Mal! Neben mir der, den mir heute Elternsegen zum Bräutigam gegeben — mir gegenüber plötzlich mein verehrter Lehrer, den ich kaum wiederzusehen hoffen durfte — neben mir die langentbehrte Freundin — was fehlte noch, um ein Menschenherz so von Wonne überfließen zu lassen, daß es darüber die Sprache verliert?“
„Vielleicht ich?“ sagte lachend Aurelie, die eben auch zu der Gruppe trat — eine neue Ueberraschung für Thalheim und Pauline, denn Beide wußten noch Nichts von ihrer Anwesenheit.
Und wie es dann manchmal geht, wenn je mehr der verschiedenen Elemente mit ihren verschiedenen Berührungspunkten, je nachdem innre Wahlverwandtschaften zu einander hintreiben oder äußere Einwirkungen die Annäherungen
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