Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.herrlichen Worten -- ich habe wohl manch' Mal schon gedacht, daß doch dies ganze Leben, welches jetzt alle Menschen führen, die Einen gezwungen, die Andern freiwillig -- eine Tollheit ist, eine Niederträchtigkeit -- aber ich habe es noch niemals gesagt, nun sagen es Andere statt meiner!" Franz verwieß ihm seine Rede und sagte ruhiger: "Diese Leute singen das Lied der Armuth aus einem ganz anderm Tone, als man es zu hören gewohnt -- aus einem anderm Tone, als gut ist. Es kann Niemand froh werden, der es so hört. Es ist als wenn Jemand zu einem Krüppel sagte: Du könntest ein schöner Mensch sein, wenn Du nicht als ein Krüppel zur Welt gekommen wärest -- er kann es doch nicht ändern -- oder zu einem Menschen: Du bist eigentlich ein Engel, aber in eine irdische Gestalt gezwungen, die Deiner höheren Entfaltung hinderlich ist. -- -- Wie soll der Krüppel, wie der Mensch das ändern können?" Erst hatte das Schreiben von den Prinzipien des Communismus gehandelt und davon begriff der gesunde Verstand der schlichten Arbeiter nicht das Geringste. Franz hatte Lust, diese Theorien geradezu für hohle Hirngespinste müssiger Köpfe zu erklären, welche, selbst in einer spitzfindigen Philosophie gefangen und von ihr irre geleitet, es dennoch wagten, die Philosophie zu verhöhnen -- nur herrlichen Worten — ich habe wohl manch’ Mal schon gedacht, daß doch dies ganze Leben, welches jetzt alle Menschen führen, die Einen gezwungen, die Andern freiwillig — eine Tollheit ist, eine Niederträchtigkeit — aber ich habe es noch niemals gesagt, nun sagen es Andere statt meiner!“ Franz verwieß ihm seine Rede und sagte ruhiger: „Diese Leute singen das Lied der Armuth aus einem ganz anderm Tone, als man es zu hören gewohnt — aus einem anderm Tone, als gut ist. Es kann Niemand froh werden, der es so hört. Es ist als wenn Jemand zu einem Krüppel sagte: Du könntest ein schöner Mensch sein, wenn Du nicht als ein Krüppel zur Welt gekommen wärest — er kann es doch nicht ändern — oder zu einem Menschen: Du bist eigentlich ein Engel, aber in eine irdische Gestalt gezwungen, die Deiner höheren Entfaltung hinderlich ist. — — Wie soll der Krüppel, wie der Mensch das ändern können?“ Erst hatte das Schreiben von den Prinzipien des Communismus gehandelt und davon begriff der gesunde Verstand der schlichten Arbeiter nicht das Geringste. Franz hatte Lust, diese Theorien geradezu für hohle Hirngespinste müssiger Köpfe zu erklären, welche, selbst in einer spitzfindigen Philosophie gefangen und von ihr irre geleitet, es dennoch wagten, die Philosophie zu verhöhnen — nur <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0088" n="82"/> herrlichen Worten — ich habe wohl manch’ Mal schon gedacht, daß doch dies ganze Leben, welches jetzt alle Menschen führen, die Einen gezwungen, die Andern freiwillig — eine Tollheit ist, eine Niederträchtigkeit — aber ich habe es noch niemals gesagt, nun sagen es Andere statt meiner!“</p> <p>Franz verwieß ihm seine Rede und sagte ruhiger: „Diese Leute singen das Lied der Armuth aus einem ganz anderm Tone, als man es zu hören gewohnt — aus einem anderm Tone, als gut ist. Es kann Niemand froh werden, der es so hört. Es ist als wenn Jemand zu einem Krüppel sagte: Du könntest ein schöner Mensch sein, wenn Du nicht als ein Krüppel zur Welt gekommen wärest — er kann es doch nicht ändern — oder zu einem Menschen: Du bist eigentlich ein Engel, aber in eine irdische Gestalt gezwungen, die Deiner höheren Entfaltung hinderlich ist. — — Wie soll der Krüppel, wie der Mensch das ändern können?“</p> <p>Erst hatte das Schreiben von den Prinzipien des Communismus gehandelt und davon begriff der gesunde Verstand der schlichten Arbeiter nicht das Geringste. Franz hatte Lust, diese Theorien geradezu für hohle Hirngespinste müssiger Köpfe zu erklären, welche, selbst in einer spitzfindigen Philosophie gefangen und von ihr irre geleitet, es dennoch wagten, die Philosophie zu verhöhnen — nur </p> </div> </body> </text> </TEI> [82/0088]
herrlichen Worten — ich habe wohl manch’ Mal schon gedacht, daß doch dies ganze Leben, welches jetzt alle Menschen führen, die Einen gezwungen, die Andern freiwillig — eine Tollheit ist, eine Niederträchtigkeit — aber ich habe es noch niemals gesagt, nun sagen es Andere statt meiner!“
Franz verwieß ihm seine Rede und sagte ruhiger: „Diese Leute singen das Lied der Armuth aus einem ganz anderm Tone, als man es zu hören gewohnt — aus einem anderm Tone, als gut ist. Es kann Niemand froh werden, der es so hört. Es ist als wenn Jemand zu einem Krüppel sagte: Du könntest ein schöner Mensch sein, wenn Du nicht als ein Krüppel zur Welt gekommen wärest — er kann es doch nicht ändern — oder zu einem Menschen: Du bist eigentlich ein Engel, aber in eine irdische Gestalt gezwungen, die Deiner höheren Entfaltung hinderlich ist. — — Wie soll der Krüppel, wie der Mensch das ändern können?“
Erst hatte das Schreiben von den Prinzipien des Communismus gehandelt und davon begriff der gesunde Verstand der schlichten Arbeiter nicht das Geringste. Franz hatte Lust, diese Theorien geradezu für hohle Hirngespinste müssiger Köpfe zu erklären, welche, selbst in einer spitzfindigen Philosophie gefangen und von ihr irre geleitet, es dennoch wagten, die Philosophie zu verhöhnen — nur
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/88 |
Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/88>, abgerufen am 16.02.2025. |