Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.nicht, aber so will er freilich thun. Und nun gar dem Franz gleich das Schlechteste unterzuschieben -- und nur weil er nach mir gefragt hat; das ist abscheulich!" Sie stampfte mit dem Fuß und hielt die Schürze vor das von Zorn und Scham zugleich geröthete Gesicht. "Natürlich hat da Franz seine Mäßigung doch ein Wenig verloren," fuhr Wilhelm fort, "er ist heftig geworden und der Herr hat ihm für immer verboten, das Wohnhaus zu andern Zeiten zu betreten, als wenn er zum Zahltag in das Comtoir kommen muß. Nun siehst Du, wie Alles gekommen ist; Franz ist seitdem ganz traurig, nur manchmal sagte er: >ich mögte doch wissen, ob ihr Alles so recht ist, ob sie es weiß, oder ob es sie nicht einmal wundert, daß ich nicht mehr komme --< gestern sprach er auch so und weinte -- nun wenn so ein starker Junge weint wie der Franz einer ist, das kann ich nicht gleichgültig mit ansehen, da wendet sich mir das Herz im Leibe um. Da sagt' ich mir: heute mußt Du mit Friederiken reden." "Weißt Du was?" sagte diese. "Mein Fräulein ist auch recht verdrießlich gewesen, daß Franz nie mehr gekommen, denn von All' dem, was Du mir erzählt hast, weiß und ahnt sie kein Wort -- ich muß jetzt fort von Dir, wir haben schon zu lange geplaudert -- wenn Du Franz triffst, so geh' mit ihm dort drüben in der Allee nicht, aber so will er freilich thun. Und nun gar dem Franz gleich das Schlechteste unterzuschieben — und nur weil er nach mir gefragt hat; das ist abscheulich!“ Sie stampfte mit dem Fuß und hielt die Schürze vor das von Zorn und Scham zugleich geröthete Gesicht. „Natürlich hat da Franz seine Mäßigung doch ein Wenig verloren,“ fuhr Wilhelm fort, „er ist heftig geworden und der Herr hat ihm für immer verboten, das Wohnhaus zu andern Zeiten zu betreten, als wenn er zum Zahltag in das Comtoir kommen muß. Nun siehst Du, wie Alles gekommen ist; Franz ist seitdem ganz traurig, nur manchmal sagte er: ›ich mögte doch wissen, ob ihr Alles so recht ist, ob sie es weiß, oder ob es sie nicht einmal wundert, daß ich nicht mehr komme —‹ gestern sprach er auch so und weinte — nun wenn so ein starker Junge weint wie der Franz einer ist, das kann ich nicht gleichgültig mit ansehen, da wendet sich mir das Herz im Leibe um. Da sagt’ ich mir: heute mußt Du mit Friederiken reden.“ „Weißt Du was?“ sagte diese. „Mein Fräulein ist auch recht verdrießlich gewesen, daß Franz nie mehr gekommen, denn von All’ dem, was Du mir erzählt hast, weiß und ahnt sie kein Wort — ich muß jetzt fort von Dir, wir haben schon zu lange geplaudert — wenn Du Franz triffst, so geh’ mit ihm dort drüben in der Allee <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="66"/> nicht, aber so will er freilich thun. Und nun gar dem Franz gleich das Schlechteste unterzuschieben — und nur weil er nach mir gefragt hat; das ist abscheulich!“ Sie stampfte mit dem Fuß und hielt die Schürze vor das von Zorn und Scham zugleich geröthete Gesicht.</p> <p>„Natürlich hat da Franz seine Mäßigung doch ein Wenig verloren,“ fuhr Wilhelm fort, „er ist heftig geworden und der Herr hat ihm für immer verboten, das Wohnhaus zu andern Zeiten zu betreten, als wenn er zum Zahltag in das Comtoir kommen muß. Nun siehst Du, wie Alles gekommen ist; Franz ist seitdem ganz traurig, nur manchmal sagte er: ›ich mögte doch wissen, ob ihr Alles so recht ist, ob sie es weiß, oder ob es sie nicht einmal wundert, daß ich nicht mehr komme —‹ gestern sprach er auch so und weinte — nun wenn so ein starker Junge weint wie der Franz einer ist, das kann ich nicht gleichgültig mit ansehen, da wendet sich mir das Herz im Leibe um. Da sagt’ ich mir: heute mußt Du mit Friederiken reden.“</p> <p>„Weißt Du was?“ sagte diese. „Mein Fräulein ist auch recht verdrießlich gewesen, daß Franz nie mehr gekommen, denn von All’ dem, was Du mir erzählt hast, weiß und ahnt sie kein Wort — ich muß jetzt fort von Dir, wir haben schon zu lange geplaudert — wenn Du Franz triffst, so geh’ mit ihm dort drüben in der Allee </p> </div> </body> </text> </TEI> [66/0072]
nicht, aber so will er freilich thun. Und nun gar dem Franz gleich das Schlechteste unterzuschieben — und nur weil er nach mir gefragt hat; das ist abscheulich!“ Sie stampfte mit dem Fuß und hielt die Schürze vor das von Zorn und Scham zugleich geröthete Gesicht.
„Natürlich hat da Franz seine Mäßigung doch ein Wenig verloren,“ fuhr Wilhelm fort, „er ist heftig geworden und der Herr hat ihm für immer verboten, das Wohnhaus zu andern Zeiten zu betreten, als wenn er zum Zahltag in das Comtoir kommen muß. Nun siehst Du, wie Alles gekommen ist; Franz ist seitdem ganz traurig, nur manchmal sagte er: ›ich mögte doch wissen, ob ihr Alles so recht ist, ob sie es weiß, oder ob es sie nicht einmal wundert, daß ich nicht mehr komme —‹ gestern sprach er auch so und weinte — nun wenn so ein starker Junge weint wie der Franz einer ist, das kann ich nicht gleichgültig mit ansehen, da wendet sich mir das Herz im Leibe um. Da sagt’ ich mir: heute mußt Du mit Friederiken reden.“
„Weißt Du was?“ sagte diese. „Mein Fräulein ist auch recht verdrießlich gewesen, daß Franz nie mehr gekommen, denn von All’ dem, was Du mir erzählt hast, weiß und ahnt sie kein Wort — ich muß jetzt fort von Dir, wir haben schon zu lange geplaudert — wenn Du Franz triffst, so geh’ mit ihm dort drüben in der Allee
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/72>, abgerufen am 16.02.2025. |