Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.oft auf gleiche Weise zu sehen. Wilhelm war heute ziemlich ernst und sagte nach einer Weile: "Ist es wahr, daß Deine Herrschaft, ich meine Mamsell Paulinchen, seit einiger Zeit so kränklich ist?" "Da habe ich Nichts davon bemerkt -- das müßte ich wissen." "Verändert sieht Sie mir auch nicht aus -- gleichwohl hat es der junge Herr, ihr Bruder Georg gesagt." "Was hat der gesagt? Er weiß gar Nichts von ihr, denn die Beiden sind verschieden wie Tag und Nacht." "Du weißt, daß sie den Chirurgen für das Kind der langen Liese bezahlt hat." "Und daß sie mit Franz selbst zu dem unglücklichen Kinde gegangen ist, seitdem sind aber Wochen vergangen und Franz hat sich nicht wieder blicken lassen, wie doch sonst." "Es ist ihm schwer genug geworden." "Warum ist er also nicht gekommen? Und was meinst Du mit dem jungen Herrn und dem Chirurgen?" "Das wollt ich ja eben erzählen." "So rede schnell, denn ich kann jetzt nicht lange hier bleiben und weiß wirklich nicht, was Du eigentlich zu sagen hast." "Drum eben lass' mich zu Worte kommen. Wie der Chirurg das zweite Mal wieder gekommen ist, hat er oft auf gleiche Weise zu sehen. Wilhelm war heute ziemlich ernst und sagte nach einer Weile: „Ist es wahr, daß Deine Herrschaft, ich meine Mamsell Paulinchen, seit einiger Zeit so kränklich ist?“ „Da habe ich Nichts davon bemerkt — das müßte ich wissen.“ „Verändert sieht Sie mir auch nicht aus — gleichwohl hat es der junge Herr, ihr Bruder Georg gesagt.“ „Was hat der gesagt? Er weiß gar Nichts von ihr, denn die Beiden sind verschieden wie Tag und Nacht.“ „Du weißt, daß sie den Chirurgen für das Kind der langen Liese bezahlt hat.“ „Und daß sie mit Franz selbst zu dem unglücklichen Kinde gegangen ist, seitdem sind aber Wochen vergangen und Franz hat sich nicht wieder blicken lassen, wie doch sonst.“ „Es ist ihm schwer genug geworden.“ „Warum ist er also nicht gekommen? Und was meinst Du mit dem jungen Herrn und dem Chirurgen?“ „Das wollt ich ja eben erzählen.“ „So rede schnell, denn ich kann jetzt nicht lange hier bleiben und weiß wirklich nicht, was Du eigentlich zu sagen hast.“ „Drum eben lass’ mich zu Worte kommen. Wie der Chirurg das zweite Mal wieder gekommen ist, hat er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0069" n="63"/> oft auf gleiche Weise zu sehen. Wilhelm war heute ziemlich ernst und sagte nach einer Weile:</p> <p>„Ist es wahr, daß Deine Herrschaft, ich meine Mamsell Paulinchen, seit einiger Zeit so kränklich ist?“</p> <p>„Da habe ich Nichts davon bemerkt — das müßte ich wissen.“</p> <p>„Verändert sieht Sie mir auch nicht aus — gleichwohl hat es der junge Herr, ihr Bruder Georg gesagt.“</p> <p>„Was hat der gesagt? Er weiß gar Nichts von ihr, denn die Beiden sind verschieden wie Tag und Nacht.“</p> <p>„Du weißt, daß sie den Chirurgen für das Kind der langen Liese bezahlt hat.“</p> <p>„Und daß sie mit Franz selbst zu dem unglücklichen Kinde gegangen ist, seitdem sind aber Wochen vergangen und Franz hat sich nicht wieder blicken lassen, wie doch sonst.“</p> <p>„Es ist ihm schwer genug geworden.“</p> <p>„Warum ist er also nicht gekommen? Und was meinst Du mit dem jungen Herrn und dem Chirurgen?“</p> <p>„Das wollt ich ja eben erzählen.“</p> <p>„So rede schnell, denn ich kann jetzt nicht lange hier bleiben und weiß wirklich nicht, was Du eigentlich zu sagen hast.“</p> <p>„Drum eben lass’ mich zu Worte kommen. Wie der Chirurg das zweite Mal wieder gekommen ist, hat er </p> </div> </body> </text> </TEI> [63/0069]
oft auf gleiche Weise zu sehen. Wilhelm war heute ziemlich ernst und sagte nach einer Weile:
„Ist es wahr, daß Deine Herrschaft, ich meine Mamsell Paulinchen, seit einiger Zeit so kränklich ist?“
„Da habe ich Nichts davon bemerkt — das müßte ich wissen.“
„Verändert sieht Sie mir auch nicht aus — gleichwohl hat es der junge Herr, ihr Bruder Georg gesagt.“
„Was hat der gesagt? Er weiß gar Nichts von ihr, denn die Beiden sind verschieden wie Tag und Nacht.“
„Du weißt, daß sie den Chirurgen für das Kind der langen Liese bezahlt hat.“
„Und daß sie mit Franz selbst zu dem unglücklichen Kinde gegangen ist, seitdem sind aber Wochen vergangen und Franz hat sich nicht wieder blicken lassen, wie doch sonst.“
„Es ist ihm schwer genug geworden.“
„Warum ist er also nicht gekommen? Und was meinst Du mit dem jungen Herrn und dem Chirurgen?“
„Das wollt ich ja eben erzählen.“
„So rede schnell, denn ich kann jetzt nicht lange hier bleiben und weiß wirklich nicht, was Du eigentlich zu sagen hast.“
„Drum eben lass’ mich zu Worte kommen. Wie der Chirurg das zweite Mal wieder gekommen ist, hat er
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