Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.Balsamische Blumendüfte zogen wie wallender Weihrauch von den Frühlingsopfern der Erde aus den nahen Gartenbeeten empor und eine Schaar wirbelnder Lerchen tummelte sich wie trunken im Aetherblau. Jaromir und Elisabeth hatten eine Weile stumm neben einander gesessen und bewundernde und entzückte Blicke auf die reichen Naturschönheiten dieser Landschaft geworfen. Jetzt sagte Jaromir: "Es ist das erste Mal, daß ich unwillkürlich durch Sie angeregt in Naturbetrachtungen versinke -- vergeben Sie, wenn ein Blick auf dieses feierliche Frühlingswalten ringsum mich zu lange stumm gemacht." Sie sagte mit einem leichten Erröthen und ohne aufzusehen: "Mein früheres Zusammentreffen mit Ihnen fand außerhalb der gewöhnlichen Schranken und auf befremdende Weise Statt -- ich fühle, daß ich Ihnen dafür eigentlich eine Erklärung schuldig wäre, aber ich weiß dennoch nicht, wie ich sie Ihnen geben könnte, und indem ich gerade fordern muß, mir sogar den Versuch dazu zu ersparen, fühle ich, daß ich vielleicht Viel von Ihnen verlange, wenn ich Sie bitte, ohne zu gering von mir zu denken, diese frühere Begegnung wo möglich zu vergessen -- für sich selbst und für Andere." Sie ließ einen Moment ihre schönen Augen mit einem flehenden Ausdruck auf den seinen ruhen, dann senkte Balsamische Blumendüfte zogen wie wallender Weihrauch von den Frühlingsopfern der Erde aus den nahen Gartenbeeten empor und eine Schaar wirbelnder Lerchen tummelte sich wie trunken im Aetherblau. Jaromir und Elisabeth hatten eine Weile stumm neben einander gesessen und bewundernde und entzückte Blicke auf die reichen Naturschönheiten dieser Landschaft geworfen. Jetzt sagte Jaromir: „Es ist das erste Mal, daß ich unwillkürlich durch Sie angeregt in Naturbetrachtungen versinke — vergeben Sie, wenn ein Blick auf dieses feierliche Frühlingswalten ringsum mich zu lange stumm gemacht.“ Sie sagte mit einem leichten Erröthen und ohne aufzusehen: „Mein früheres Zusammentreffen mit Ihnen fand außerhalb der gewöhnlichen Schranken und auf befremdende Weise Statt — ich fühle, daß ich Ihnen dafür eigentlich eine Erklärung schuldig wäre, aber ich weiß dennoch nicht, wie ich sie Ihnen geben könnte, und indem ich gerade fordern muß, mir sogar den Versuch dazu zu ersparen, fühle ich, daß ich vielleicht Viel von Ihnen verlange, wenn ich Sie bitte, ohne zu gering von mir zu denken, diese frühere Begegnung wo möglich zu vergessen — für sich selbst und für Andere.“ Sie ließ einen Moment ihre schönen Augen mit einem flehenden Ausdruck auf den seinen ruhen, dann senkte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0055" n="49"/> Balsamische Blumendüfte zogen wie wallender Weihrauch von den Frühlingsopfern der Erde aus den nahen Gartenbeeten empor und eine Schaar wirbelnder Lerchen tummelte sich wie trunken im Aetherblau.</p> <p>Jaromir und Elisabeth hatten eine Weile stumm neben einander gesessen und bewundernde und entzückte Blicke auf die reichen Naturschönheiten dieser Landschaft geworfen. Jetzt sagte Jaromir:</p> <p>„Es ist das erste Mal, daß ich unwillkürlich durch Sie angeregt in Naturbetrachtungen versinke — vergeben Sie, wenn ein Blick auf dieses feierliche Frühlingswalten ringsum mich zu lange stumm gemacht.“</p> <p>Sie sagte mit einem leichten Erröthen und ohne aufzusehen: „Mein früheres Zusammentreffen mit Ihnen fand außerhalb der gewöhnlichen Schranken und auf befremdende Weise Statt — ich fühle, daß ich Ihnen dafür eigentlich eine Erklärung schuldig wäre, aber ich weiß dennoch nicht, wie ich sie Ihnen geben könnte, und indem ich gerade fordern muß, mir sogar den Versuch dazu zu ersparen, fühle ich, daß ich vielleicht Viel von Ihnen verlange, wenn ich Sie bitte, ohne zu gering von mir zu denken, diese frühere Begegnung wo möglich zu vergessen — für sich selbst und für Andere.“</p> <p>Sie ließ einen Moment ihre schönen Augen mit einem flehenden Ausdruck auf den seinen ruhen, dann senkte </p> </div> </body> </text> </TEI> [49/0055]
Balsamische Blumendüfte zogen wie wallender Weihrauch von den Frühlingsopfern der Erde aus den nahen Gartenbeeten empor und eine Schaar wirbelnder Lerchen tummelte sich wie trunken im Aetherblau.
Jaromir und Elisabeth hatten eine Weile stumm neben einander gesessen und bewundernde und entzückte Blicke auf die reichen Naturschönheiten dieser Landschaft geworfen. Jetzt sagte Jaromir:
„Es ist das erste Mal, daß ich unwillkürlich durch Sie angeregt in Naturbetrachtungen versinke — vergeben Sie, wenn ein Blick auf dieses feierliche Frühlingswalten ringsum mich zu lange stumm gemacht.“
Sie sagte mit einem leichten Erröthen und ohne aufzusehen: „Mein früheres Zusammentreffen mit Ihnen fand außerhalb der gewöhnlichen Schranken und auf befremdende Weise Statt — ich fühle, daß ich Ihnen dafür eigentlich eine Erklärung schuldig wäre, aber ich weiß dennoch nicht, wie ich sie Ihnen geben könnte, und indem ich gerade fordern muß, mir sogar den Versuch dazu zu ersparen, fühle ich, daß ich vielleicht Viel von Ihnen verlange, wenn ich Sie bitte, ohne zu gering von mir zu denken, diese frühere Begegnung wo möglich zu vergessen — für sich selbst und für Andere.“
Sie ließ einen Moment ihre schönen Augen mit einem flehenden Ausdruck auf den seinen ruhen, dann senkte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/55 |
Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/55>, abgerufen am 16.02.2025. |