Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.
Arbeitern ein Verein besteht, welcher auf den Grundsatz der Gütergemeinschaft sich gründet." Herr Felchner ward jetzt zum ersten Mal aufmerksam und spitzte seine Ohren. Der Geheimrath bemerkte diesen Eindruck seiner Worte und fuhr fort: "Franz hat diesen Verein gestiftet." "Ich weiß das, und obwohl mir die Sache unnütz vorkam, mogte ich es ihnen doch nicht verbieten, nach ihrer Art zusammenzukommen. Ich weiß, daß sie diesen Verein deshalb gestiftet haben, um lieber zu singen als Karte zu spielen und statt Branntwein Bier zu trinken -- das kann mir ziemlich gleich sein, es ist ihre Sache." "Mein Herr," sagte der Geheimrath sehr ernst, "Ihr eigenes Wohl hängt davon ab, aber auch das Wohl des Staates, daß der Communismus keine Wurzel fasse -- ich hielt es für meine Schuldigkeit, Sie auf das aufmerksam zu machen, was ich erfuhr: durch jenen Verein, welcher Ihnen so unschädlich scheint, haben Ihre Arbeiter den ersten Schritt zur Verwirklichung des Communismus gethan. Es herrscht Gütergemeinschaft unter ihnen, sie helfen einander und stehen Einer für Alle und Alle für Einen -- sie singen zusammen Lieder auf eine neue goldne Zeit und Bundeslieder, welche ihren Bund fördern, seine immer größere Ausbreitung und Ewigkeit in Aussicht stellen -- sehen Sie dies noch lange Zeit ruhig mit an, so Arbeitern ein Verein besteht, welcher auf den Grundsatz der Gütergemeinschaft sich gründet.“ Herr Felchner ward jetzt zum ersten Mal aufmerksam und spitzte seine Ohren. Der Geheimrath bemerkte diesen Eindruck seiner Worte und fuhr fort: „Franz hat diesen Verein gestiftet.“ „Ich weiß das, und obwohl mir die Sache unnütz vorkam, mogte ich es ihnen doch nicht verbieten, nach ihrer Art zusammenzukommen. Ich weiß, daß sie diesen Verein deshalb gestiftet haben, um lieber zu singen als Karte zu spielen und statt Branntwein Bier zu trinken — das kann mir ziemlich gleich sein, es ist ihre Sache.“ „Mein Herr,“ sagte der Geheimrath sehr ernst, „Ihr eigenes Wohl hängt davon ab, aber auch das Wohl des Staates, daß der Communismus keine Wurzel fasse — ich hielt es für meine Schuldigkeit, Sie auf das aufmerksam zu machen, was ich erfuhr: durch jenen Verein, welcher Ihnen so unschädlich scheint, haben Ihre Arbeiter den ersten Schritt zur Verwirklichung des Communismus gethan. Es herrscht Gütergemeinschaft unter ihnen, sie helfen einander und stehen Einer für Alle und Alle für Einen — sie singen zusammen Lieder auf eine neue goldne Zeit und Bundeslieder, welche ihren Bund fördern, seine immer größere Ausbreitung und Ewigkeit in Aussicht stellen — sehen Sie dies noch lange Zeit ruhig mit an, so <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0213" n="207"/> Arbeitern ein Verein besteht, welcher auf den Grundsatz der Gütergemeinschaft sich gründet.“</p> <p>Herr Felchner ward jetzt zum ersten Mal aufmerksam und spitzte seine Ohren. Der Geheimrath bemerkte diesen Eindruck seiner Worte und fuhr fort:</p> <p>„Franz hat diesen Verein gestiftet.“</p> <p>„Ich weiß das, und obwohl mir die Sache unnütz vorkam, mogte ich es ihnen doch nicht verbieten, nach ihrer Art zusammenzukommen. Ich weiß, daß sie diesen Verein deshalb gestiftet haben, um lieber zu singen als Karte zu spielen und statt Branntwein Bier zu trinken — das kann mir ziemlich gleich sein, es ist ihre Sache.“</p> <p>„Mein Herr,“ sagte der Geheimrath sehr ernst, „Ihr eigenes Wohl hängt davon ab, aber auch das Wohl des Staates, daß der Communismus keine Wurzel fasse — ich hielt es für meine Schuldigkeit, Sie auf das aufmerksam zu machen, was ich erfuhr: durch jenen Verein, welcher Ihnen so unschädlich scheint, haben Ihre Arbeiter den ersten Schritt zur Verwirklichung des Communismus gethan. Es herrscht Gütergemeinschaft unter ihnen, sie helfen einander und stehen Einer für Alle und Alle für Einen — sie singen zusammen Lieder auf eine neue goldne Zeit und Bundeslieder, welche ihren Bund fördern, seine immer größere Ausbreitung und Ewigkeit in Aussicht stellen — sehen Sie dies noch lange Zeit ruhig mit an, so </p> </div> </body> </text> </TEI> [207/0213]
Arbeitern ein Verein besteht, welcher auf den Grundsatz der Gütergemeinschaft sich gründet.“
Herr Felchner ward jetzt zum ersten Mal aufmerksam und spitzte seine Ohren. Der Geheimrath bemerkte diesen Eindruck seiner Worte und fuhr fort:
„Franz hat diesen Verein gestiftet.“
„Ich weiß das, und obwohl mir die Sache unnütz vorkam, mogte ich es ihnen doch nicht verbieten, nach ihrer Art zusammenzukommen. Ich weiß, daß sie diesen Verein deshalb gestiftet haben, um lieber zu singen als Karte zu spielen und statt Branntwein Bier zu trinken — das kann mir ziemlich gleich sein, es ist ihre Sache.“
„Mein Herr,“ sagte der Geheimrath sehr ernst, „Ihr eigenes Wohl hängt davon ab, aber auch das Wohl des Staates, daß der Communismus keine Wurzel fasse — ich hielt es für meine Schuldigkeit, Sie auf das aufmerksam zu machen, was ich erfuhr: durch jenen Verein, welcher Ihnen so unschädlich scheint, haben Ihre Arbeiter den ersten Schritt zur Verwirklichung des Communismus gethan. Es herrscht Gütergemeinschaft unter ihnen, sie helfen einander und stehen Einer für Alle und Alle für Einen — sie singen zusammen Lieder auf eine neue goldne Zeit und Bundeslieder, welche ihren Bund fördern, seine immer größere Ausbreitung und Ewigkeit in Aussicht stellen — sehen Sie dies noch lange Zeit ruhig mit an, so
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/213 |
| Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/213>, abgerufen am 22.11.2024. |
