Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.kommen, wo wir ihn treffen würden, und ihm aufrichtig erzählen, was etwa unterdeß in unsrer Fabrik und unter uns Arbeitern vorginge; es wäre zu unser Aller Vortheil, zum Vortheil der ganzen arbeitenden Classen, besonders aber solle es unser Schaden nicht sein. -- Die Sache schien uns auch gar nicht so übel, besonders da wir aufgeregt waren und es wenigstens in meinem Kopfe nicht mehr ganz klar herging, denn er ließ uns sehr viel Branntwein einschänken. Dennoch fragte ich ihn, wer er sei, und warum er sich so um unsre ganzen Angelegenheiten bekümmerte? Er nannte sich Stiefel und daß er das nur aus menschenfreundlichen Absichten thue, weil ihm unsere Lage am Herzen liege und es nothwendig sei, daß er darüber alle mögliche Notizen sammele, dann könne er vielleicht durch Schrift und Wort dazu beitragen, unsere Lage zu verbessern. -- Wie wir nun das nächste Mal wieder beisammen waren, gestern, nannte ihm Anton Deinen Namen und gab ihm das Buch >Erzählungen aus dem armen Volke,< welches Du geschrieben und nach der Aufschrift allen Menschenfreunden gewidmet hast. Stiefel nahm es mit derselben sonderbaren Miene, mit welcher er damals die Erzählung von der Bildung Eures Vereins anhörte und rief: >Ein Fabrikarbeiter, der solche Sachen schreibt, ist ein entsetzlicher Mensch, nun, dessen wird man sich bald zu bemächtigen wissen -- hier habt Ihr noch mehr kommen, wo wir ihn treffen würden, und ihm aufrichtig erzählen, was etwa unterdeß in unsrer Fabrik und unter uns Arbeitern vorginge; es wäre zu unser Aller Vortheil, zum Vortheil der ganzen arbeitenden Classen, besonders aber solle es unser Schaden nicht sein. — Die Sache schien uns auch gar nicht so übel, besonders da wir aufgeregt waren und es wenigstens in meinem Kopfe nicht mehr ganz klar herging, denn er ließ uns sehr viel Branntwein einschänken. Dennoch fragte ich ihn, wer er sei, und warum er sich so um unsre ganzen Angelegenheiten bekümmerte? Er nannte sich Stiefel und daß er das nur aus menschenfreundlichen Absichten thue, weil ihm unsere Lage am Herzen liege und es nothwendig sei, daß er darüber alle mögliche Notizen sammele, dann könne er vielleicht durch Schrift und Wort dazu beitragen, unsere Lage zu verbessern. — Wie wir nun das nächste Mal wieder beisammen waren, gestern, nannte ihm Anton Deinen Namen und gab ihm das Buch ›Erzählungen aus dem armen Volke,‹ welches Du geschrieben und nach der Aufschrift allen Menschenfreunden gewidmet hast. Stiefel nahm es mit derselben sonderbaren Miene, mit welcher er damals die Erzählung von der Bildung Eures Vereins anhörte und rief: ›Ein Fabrikarbeiter, der solche Sachen schreibt, ist ein entsetzlicher Mensch, nun, dessen wird man sich bald zu bemächtigen wissen — hier habt Ihr noch mehr <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0017" n="11"/> kommen, wo wir ihn treffen würden, und ihm aufrichtig erzählen, was etwa unterdeß in unsrer Fabrik und unter uns Arbeitern vorginge; es wäre zu unser Aller Vortheil, zum Vortheil der ganzen arbeitenden Classen, besonders aber solle es unser Schaden nicht sein. — Die Sache schien uns auch gar nicht so übel, besonders da wir aufgeregt waren und es wenigstens in meinem Kopfe nicht mehr ganz klar herging, denn er ließ uns sehr viel Branntwein einschänken. Dennoch fragte ich ihn, wer er sei, und warum er sich so um unsre ganzen Angelegenheiten bekümmerte? Er nannte sich Stiefel und daß er das nur aus menschenfreundlichen Absichten thue, weil ihm unsere Lage am Herzen liege und es nothwendig sei, daß er darüber alle mögliche Notizen sammele, dann könne er vielleicht durch Schrift und Wort dazu beitragen, unsere Lage zu verbessern. — Wie wir nun das nächste Mal wieder beisammen waren, gestern, nannte ihm Anton Deinen Namen und gab ihm das Buch ›Erzählungen aus dem armen Volke,‹ welches Du geschrieben und nach der Aufschrift allen Menschenfreunden gewidmet hast. Stiefel nahm es mit derselben sonderbaren Miene, mit welcher er damals die Erzählung von der Bildung Eures Vereins anhörte und rief: ›Ein Fabrikarbeiter, der solche Sachen schreibt, ist ein entsetzlicher Mensch, nun, dessen wird man sich bald zu bemächtigen wissen — hier habt Ihr noch mehr </p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0017]
kommen, wo wir ihn treffen würden, und ihm aufrichtig erzählen, was etwa unterdeß in unsrer Fabrik und unter uns Arbeitern vorginge; es wäre zu unser Aller Vortheil, zum Vortheil der ganzen arbeitenden Classen, besonders aber solle es unser Schaden nicht sein. — Die Sache schien uns auch gar nicht so übel, besonders da wir aufgeregt waren und es wenigstens in meinem Kopfe nicht mehr ganz klar herging, denn er ließ uns sehr viel Branntwein einschänken. Dennoch fragte ich ihn, wer er sei, und warum er sich so um unsre ganzen Angelegenheiten bekümmerte? Er nannte sich Stiefel und daß er das nur aus menschenfreundlichen Absichten thue, weil ihm unsere Lage am Herzen liege und es nothwendig sei, daß er darüber alle mögliche Notizen sammele, dann könne er vielleicht durch Schrift und Wort dazu beitragen, unsere Lage zu verbessern. — Wie wir nun das nächste Mal wieder beisammen waren, gestern, nannte ihm Anton Deinen Namen und gab ihm das Buch ›Erzählungen aus dem armen Volke,‹ welches Du geschrieben und nach der Aufschrift allen Menschenfreunden gewidmet hast. Stiefel nahm es mit derselben sonderbaren Miene, mit welcher er damals die Erzählung von der Bildung Eures Vereins anhörte und rief: ›Ein Fabrikarbeiter, der solche Sachen schreibt, ist ein entsetzlicher Mensch, nun, dessen wird man sich bald zu bemächtigen wissen — hier habt Ihr noch mehr
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/17>, abgerufen am 16.07.2024. |