Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

und fragen, was das heißen solle, daß wir Feiertag machten, so antworten wir, daß wir für so geringen Lohn etwas Besseres thun könnten, als uns den ganzen Tag zu plagen; wenn man uns nicht verspräche, uns täglich wenigstens einen Groschen zum Lohn zuzulegen, so mögten die Herren Actionaire die Bahn mit eignen hohen Händen fertig bauen -- wir fragten dann den Geier danach. So würden sie schon klein zugeben, hofften die Leute -- -- mir aber ward gar nicht wohl zu Muthe und wie ich schon sagte -- da macht' ich mich in der Stille auf und ging heim -- daß ich fortgelaufen, kann kein Mensch sagen, denn ich habe dem Aufsher meinen gelähmten Arm gezeigt und Urlaub genommen."

"Das ist eben so pfiffig gehandelt, als treuherzig gesprochen," sagte der Geheimrath -- "eigentlich hätten Sie aber den Aufsässigen Gegenvorstellungen machen sollen."

"Habe wohl -- aber was nutzt das? Da schimpfen sie Einen gleich einen feigen Lumpenhund, eine Schafnatur und was der Ehrentitelchen mehr sind, und was man zum Frieden redet, das hilft nicht das Geringste. -- Wer am Meisten schreit, schimpft und flucht, der ist ihnen dann der rechte Mann, vor dem haben sie Respect, auf den hören sie, den machen sie zum Führer -- und sonst Keinen."

und fragen, was das heißen solle, daß wir Feiertag machten, so antworten wir, daß wir für so geringen Lohn etwas Besseres thun könnten, als uns den ganzen Tag zu plagen; wenn man uns nicht verspräche, uns täglich wenigstens einen Groschen zum Lohn zuzulegen, so mögten die Herren Actionaire die Bahn mit eignen hohen Händen fertig bauen — wir fragten dann den Geier danach. So würden sie schon klein zugeben, hofften die Leute — — mir aber ward gar nicht wohl zu Muthe und wie ich schon sagte — da macht’ ich mich in der Stille auf und ging heim — daß ich fortgelaufen, kann kein Mensch sagen, denn ich habe dem Aufsher meinen gelähmten Arm gezeigt und Urlaub genommen.“

„Das ist eben so pfiffig gehandelt, als treuherzig gesprochen,“ sagte der Geheimrath — „eigentlich hätten Sie aber den Aufsässigen Gegenvorstellungen machen sollen.“

„Habe wohl — aber was nutzt das? Da schimpfen sie Einen gleich einen feigen Lumpenhund, eine Schafnatur und was der Ehrentitelchen mehr sind, und was man zum Frieden redet, das hilft nicht das Geringste. — Wer am Meisten schreit, schimpft und flucht, der ist ihnen dann der rechte Mann, vor dem haben sie Respect, auf den hören sie, den machen sie zum Führer — und sonst Keinen.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0136" n="130"/>
und fragen, was das heißen solle, daß wir Feiertag machten, so antworten wir, daß wir für so geringen Lohn etwas Besseres thun könnten, als uns den ganzen Tag zu plagen; wenn man uns nicht verspräche, uns täglich wenigstens einen Groschen zum Lohn zuzulegen, so mögten die Herren Actionaire die Bahn mit eignen hohen Händen fertig bauen &#x2014; wir fragten dann den Geier danach. So würden sie schon klein zugeben, hofften die Leute &#x2014; &#x2014; mir aber ward gar nicht wohl zu Muthe und wie ich schon sagte &#x2014; da macht&#x2019; ich mich in der Stille auf und ging heim &#x2014; daß ich fortgelaufen, kann kein Mensch sagen, denn ich habe dem Aufsher meinen gelähmten Arm gezeigt und Urlaub genommen.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Das ist eben so pfiffig gehandelt, als treuherzig gesprochen,&#x201C; sagte der Geheimrath &#x2014; &#x201E;eigentlich hätten Sie aber den Aufsässigen Gegenvorstellungen machen sollen.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Habe wohl &#x2014; aber was nutzt das? Da schimpfen sie Einen gleich einen feigen Lumpenhund, eine Schafnatur und was der Ehrentitelchen mehr sind, und was man zum Frieden redet, das hilft nicht das Geringste. &#x2014; Wer am Meisten schreit, schimpft und flucht, der ist ihnen dann der rechte Mann, vor dem haben sie Respect, auf den hören sie, den machen sie zum Führer &#x2014; und sonst Keinen.&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0136] und fragen, was das heißen solle, daß wir Feiertag machten, so antworten wir, daß wir für so geringen Lohn etwas Besseres thun könnten, als uns den ganzen Tag zu plagen; wenn man uns nicht verspräche, uns täglich wenigstens einen Groschen zum Lohn zuzulegen, so mögten die Herren Actionaire die Bahn mit eignen hohen Händen fertig bauen — wir fragten dann den Geier danach. So würden sie schon klein zugeben, hofften die Leute — — mir aber ward gar nicht wohl zu Muthe und wie ich schon sagte — da macht’ ich mich in der Stille auf und ging heim — daß ich fortgelaufen, kann kein Mensch sagen, denn ich habe dem Aufsher meinen gelähmten Arm gezeigt und Urlaub genommen.“ „Das ist eben so pfiffig gehandelt, als treuherzig gesprochen,“ sagte der Geheimrath — „eigentlich hätten Sie aber den Aufsässigen Gegenvorstellungen machen sollen.“ „Habe wohl — aber was nutzt das? Da schimpfen sie Einen gleich einen feigen Lumpenhund, eine Schafnatur und was der Ehrentitelchen mehr sind, und was man zum Frieden redet, das hilft nicht das Geringste. — Wer am Meisten schreit, schimpft und flucht, der ist ihnen dann der rechte Mann, vor dem haben sie Respect, auf den hören sie, den machen sie zum Führer — und sonst Keinen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/136
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/136>, abgerufen am 21.11.2024.