Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846."Daß Sie es hätten lange vorausahnen können, schien mir mindestens unglaublich." "Ich bitte Sie um Gottes willen," rief Schuhmacher außer sich, "was wollen Sie mit den Eisenbahnarbeitern? Was wissen Sie?" "Sie wissen also Nichts?" "Foltern Sie mich nicht länger, reden Sie heraus." "Nun, da Sie es nicht wissen, ist es gewiß nur ein leeres Gerücht -- meine Wirthsleute erzählten mir, die Arbeiter an der nächsten Bahn -- Sie wissen, man arbeitet jetzt ungefähr sieben Stunden von hier -- hätten ihre Arbeit eingestellt, um einen höhern Lohn zu erzwingen." "Das wäre ja entsetzlich! Und wenn soll das geschehen sein?" "Ich glaube erst heute." "Sonst hätt' ich es wissen müssen -- ich muß sogleich mit Ihren Wirthsleuten sprechen, die Geschichte von ihnen selbst hören. -- Waren sie dort?" "Ich glaube, Ihr Sohn arbeitet dabei und ist eben zurückgekommen, um sich so aus der Schlinge zu ziehen." "Theuerster Freund! Erweisen Sie mir vor allen Dingen die Gefälligkeit, lassen Sie diesen Menschen unter irgend einem Vorwand zu sich kommen, fragen Sie ihn geschickt aus und erlauben Sie mir, im Nebenzimmer Ihr Gespräch mit anzuhören, es wird dies ungleich zweckmäßiger „Daß Sie es hätten lange vorausahnen können, schien mir mindestens unglaublich.“ „Ich bitte Sie um Gottes willen,“ rief Schuhmacher außer sich, „was wollen Sie mit den Eisenbahnarbeitern? Was wissen Sie?“ „Sie wissen also Nichts?“ „Foltern Sie mich nicht länger, reden Sie heraus.“ „Nun, da Sie es nicht wissen, ist es gewiß nur ein leeres Gerücht — meine Wirthsleute erzählten mir, die Arbeiter an der nächsten Bahn — Sie wissen, man arbeitet jetzt ungefähr sieben Stunden von hier — hätten ihre Arbeit eingestellt, um einen höhern Lohn zu erzwingen.“ „Das wäre ja entsetzlich! Und wenn soll das geschehen sein?“ „Ich glaube erst heute.“ „Sonst hätt’ ich es wissen müssen — ich muß sogleich mit Ihren Wirthsleuten sprechen, die Geschichte von ihnen selbst hören. — Waren sie dort?“ „Ich glaube, Ihr Sohn arbeitet dabei und ist eben zurückgekommen, um sich so aus der Schlinge zu ziehen.“ „Theuerster Freund! Erweisen Sie mir vor allen Dingen die Gefälligkeit, lassen Sie diesen Menschen unter irgend einem Vorwand zu sich kommen, fragen Sie ihn geschickt aus und erlauben Sie mir, im Nebenzimmer Ihr Gespräch mit anzuhören, es wird dies ungleich zweckmäßiger <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0130" n="124"/> „Daß Sie es hätten lange vorausahnen können, schien mir mindestens unglaublich.“</p> <p>„Ich bitte Sie um Gottes willen,“ rief Schuhmacher außer sich, „was wollen Sie mit den Eisenbahnarbeitern? Was wissen Sie?“</p> <p>„Sie wissen also Nichts?“</p> <p>„Foltern Sie mich nicht länger, reden Sie heraus.“</p> <p>„Nun, da Sie es nicht wissen, ist es gewiß nur ein leeres Gerücht — meine Wirthsleute erzählten mir, die Arbeiter an der nächsten Bahn — Sie wissen, man arbeitet jetzt ungefähr sieben Stunden von hier — hätten ihre Arbeit eingestellt, um einen höhern Lohn zu erzwingen.“</p> <p>„Das wäre ja entsetzlich! Und wenn soll das geschehen sein?“</p> <p>„Ich glaube erst heute.“</p> <p>„Sonst hätt’ ich es wissen müssen — ich muß sogleich mit Ihren Wirthsleuten sprechen, die Geschichte von ihnen selbst hören. — Waren sie dort?“</p> <p>„Ich glaube, Ihr Sohn arbeitet dabei und ist eben zurückgekommen, um sich so aus der Schlinge zu ziehen.“</p> <p>„Theuerster Freund! Erweisen Sie mir vor allen Dingen die Gefälligkeit, lassen Sie diesen Menschen unter irgend einem Vorwand zu sich kommen, fragen Sie ihn geschickt aus und erlauben Sie mir, im Nebenzimmer Ihr Gespräch mit anzuhören, es wird dies ungleich zweckmäßiger </p> </div> </body> </text> </TEI> [124/0130]
„Daß Sie es hätten lange vorausahnen können, schien mir mindestens unglaublich.“
„Ich bitte Sie um Gottes willen,“ rief Schuhmacher außer sich, „was wollen Sie mit den Eisenbahnarbeitern? Was wissen Sie?“
„Sie wissen also Nichts?“
„Foltern Sie mich nicht länger, reden Sie heraus.“
„Nun, da Sie es nicht wissen, ist es gewiß nur ein leeres Gerücht — meine Wirthsleute erzählten mir, die Arbeiter an der nächsten Bahn — Sie wissen, man arbeitet jetzt ungefähr sieben Stunden von hier — hätten ihre Arbeit eingestellt, um einen höhern Lohn zu erzwingen.“
„Das wäre ja entsetzlich! Und wenn soll das geschehen sein?“
„Ich glaube erst heute.“
„Sonst hätt’ ich es wissen müssen — ich muß sogleich mit Ihren Wirthsleuten sprechen, die Geschichte von ihnen selbst hören. — Waren sie dort?“
„Ich glaube, Ihr Sohn arbeitet dabei und ist eben zurückgekommen, um sich so aus der Schlinge zu ziehen.“
„Theuerster Freund! Erweisen Sie mir vor allen Dingen die Gefälligkeit, lassen Sie diesen Menschen unter irgend einem Vorwand zu sich kommen, fragen Sie ihn geschickt aus und erlauben Sie mir, im Nebenzimmer Ihr Gespräch mit anzuhören, es wird dies ungleich zweckmäßiger
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/130>, abgerufen am 16.02.2025. |