Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.VI. In der Fabrik. Karl Beck. Kammerjunker von Aarens erschien graziöser und eleganter als je auf Schloß Hohenthal. Vor einigen Tagen hatte ihn Elisabeth abweisen lassen -- er hoffte sie heute mit ihren Eltern zu treffen und wollte sie durch unwiderstehliche Liebenswürdigkeit dafür bestrafen, daß sie sich bei seinem letzten Besuche unsichtbar gemacht, sie sollte dies bereuen. Die Gräfin Hohenthal hatte ihn empfangen, er war siegesbewußt eingetreten, sie hieß einen Diener Elisabeth rufen. Die Augen des Kammerjunkers leuchteten, er that einen Griff in die gebrannten Locken, kräuselte mit zwei Fingern den Schnurrbart, warf einen verstohlnen Blick in den Spiegel und lehnte sich selbstgefällig auf dem Sessel VI. In der Fabrik. Karl Beck. Kammerjunker von Aarens erschien graziöser und eleganter als je auf Schloß Hohenthal. Vor einigen Tagen hatte ihn Elisabeth abweisen lassen — er hoffte sie heute mit ihren Eltern zu treffen und wollte sie durch unwiderstehliche Liebenswürdigkeit dafür bestrafen, daß sie sich bei seinem letzten Besuche unsichtbar gemacht, sie sollte dies bereuen. Die Gräfin Hohenthal hatte ihn empfangen, er war siegesbewußt eingetreten, sie hieß einen Diener Elisabeth rufen. Die Augen des Kammerjunkers leuchteten, er that einen Griff in die gebrannten Locken, kräuselte mit zwei Fingern den Schnurrbart, warf einen verstohlnen Blick in den Spiegel und lehnte sich selbstgefällig auf dem Sessel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0103" n="97"/> <head> <hi rendition="#g #b">VI.<lb/> In der Fabrik.</hi> </head><lb/> <cit rendition="#right"> <quote> <lg> <l>„Laut läutet das Herz der Jungfrau!</l> <l>Mit ihres Gebetes rauschender Harfe</l> <l>Begrüßt sie den Aufgang der Liebe,</l> <l>Des großgeaugten Sterns.“</l> </lg> </quote> <bibl> <hi rendition="#g #right">Karl Beck.</hi> </bibl> </cit> <p><hi rendition="#in">K</hi>ammerjunker von Aarens erschien graziöser und eleganter als je auf Schloß Hohenthal. Vor einigen Tagen hatte ihn Elisabeth abweisen lassen — er hoffte sie heute mit ihren Eltern zu treffen und wollte sie durch unwiderstehliche Liebenswürdigkeit dafür bestrafen, daß sie sich bei seinem letzten Besuche unsichtbar gemacht, sie sollte dies bereuen.</p> <p>Die Gräfin Hohenthal hatte ihn empfangen, er war siegesbewußt eingetreten, sie hieß einen Diener Elisabeth rufen. Die Augen des Kammerjunkers leuchteten, er that einen Griff in die gebrannten Locken, kräuselte mit zwei Fingern den Schnurrbart, warf einen verstohlnen Blick in den Spiegel und lehnte sich selbstgefällig auf dem Sessel </p> </div> </body> </text> </TEI> [97/0103]
VI.
In der Fabrik.
„Laut läutet das Herz der Jungfrau! Mit ihres Gebetes rauschender Harfe Begrüßt sie den Aufgang der Liebe, Des großgeaugten Sterns.“
Karl Beck. Kammerjunker von Aarens erschien graziöser und eleganter als je auf Schloß Hohenthal. Vor einigen Tagen hatte ihn Elisabeth abweisen lassen — er hoffte sie heute mit ihren Eltern zu treffen und wollte sie durch unwiderstehliche Liebenswürdigkeit dafür bestrafen, daß sie sich bei seinem letzten Besuche unsichtbar gemacht, sie sollte dies bereuen.
Die Gräfin Hohenthal hatte ihn empfangen, er war siegesbewußt eingetreten, sie hieß einen Diener Elisabeth rufen. Die Augen des Kammerjunkers leuchteten, er that einen Griff in die gebrannten Locken, kräuselte mit zwei Fingern den Schnurrbart, warf einen verstohlnen Blick in den Spiegel und lehnte sich selbstgefällig auf dem Sessel
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/103 |
Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/103>, abgerufen am 16.02.2025. |